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Wenn Jugendschutz die Grenze überschreitet

GAMES
30.06.2009

Seit März dieses Jahres steht die Website des heimischen Videospiel-Online-Händlers Gamesonly.at wegen "jugendgefährdender Inhalte" auf dem Index der deutschen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM). Damit ist die Website unter anderem über Google.de nicht mehr direkt auffindbar. Auch andere heimische Anbieter werden geprüft. Deutsche Behörden wenden dabei ihre rechtlichen Standards auf österreichische Websites an.

Vor kurzem war bekanntgeworden, dass der heimische Videospiel-Online-Händler Gameware.at Nachricht über einen Antrag auf "Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien" von der deutschen Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) bekommen hatte.

Diese von der BPjM gepflegte Liste soll verhindern, dass die Website Gameware.at samt Webshop auf allen Rechnern, auf denen das entsprechende BPjM-Filtermodul eingesetzt wird, nicht direkt aufgerufen werden kann. Zusätzlich wäre Gameware.at auch über Google.de nicht auffindbar, denn Google habe sich freiwillig dazu verpflichtet, diese Liste in seinen Suchergebnissen zu berücksichtigen.

"Hoher Gewaltfaktor"

Während die Diskussion über Gameware noch andauert, wobei laut Gameware-Chefredakteur Mark Rehm die bisherigen Gespräche mit der KJM vielversprechend sind, hat Gamesonly.at das alles schon hinter sich. Seit März dieses Jahres ist der laut eigenen Angaben größte österreichische Videospiel-Online-Händler wegen "jugendgefährdender Inhalte" auf dem BPjM-Index. Das bedeutet unter anderem, dass Gamesonly.at an deutschen Schulen nicht aufrufbar ist und eben auch nicht über Google.de.

In einer entsprechenden Stellungnahme der KJM zu dem vom Jugendamt Bonn eingebrachten Antrag zur Indizierung von Gamesonly.at, datiert mit Mai 2008, werden als Begründung unter anderem Links zu Trailern der Spiele "Soldier of Fortune 3 Payback", "Bioshock" und "Manhunt 2" angeführt, die einen hohen Gewaltfaktor aufweisen würden und bei denen "Gewalthandlungen detailliert gezeigt und spektakulär in Szene gesetzt" würden. Zwar gebe es eine Altersabfrage, dabei reiche es allerdings, ein fiktives Alter anzugeben, um die Trailer zu starten. Echte technische Hürden für eine Altersverfikation gebe es keine.

Keine Auswirkungen aufs Geschäft

Gamesonly erhob gegen die Indizierung zwar Einspruch, dieser wurde aber abgewiesen. Mittlerweile sieht Gamesonly-Geschäftsführer Roman Zabransky die Sache gelassen: "Bis jetzt haben wir noch keinen Umsatzeinbruch gesehen, wir haben viele Stammkunden und grundsätzlich sind wir ja auch noch weiterhin ganz normal erreichbar. Nur über Google.de sind wir halt nicht mehr auffindbar, mal sehen, ob sich das im Weihnachtsgeschäft auswirken wird."

Die Aufregung über die Games-Trailer und -Screenshots kann Zabransky nicht nachvollziehen: "Dann müssten ja auch andere Websites und Webshops gesperrt werden und nicht nur wir." Die Website anpassen will Zabransky nicht, kleinere Anbieter würden aber bereits darüber nachdenken, wie sie den Vorgaben der deutschen Behörden Folge leisten können. 2008 habe Gamesonly als Einziger Post von den deutschen Jugendschutzbehörden erhalten, 2009 gebe es schon mehr Adressaten.

Grundsätzlich können bei der BPjM nur per Gesetz ermächtigte Stellen und Behörden einen Antrag auf Indizierung einbringen. Privatpersonen können sich an lokale Stellen wie das Jugendamt wenden.

Im Falle von Gamesonly.at hatte das Jugendamt der Stadt Bonn den Antrag auf Indizierung bei der BPjM eingebracht, die dann gemeinsam mit der KJM die Website prüfte. Die Indizierung ging schließlich von der BPjM aus.

"Jeder Beschwerde nachgehen"

Auf Nachfrage von ORF.at sagte KJM-Leiterin Verena Weigand, dass es grundsätzlich darum gehe, deutsches Recht durchzusetzen und dass die auf Gamesonly.at gezeigten Inhalte gemäß Paragraf 21 Abs. 6 des deutschen Jugendschutzgesetzes eben als jugendgefährdend einzustufen seien. Zwar kann die KJM als Aufsichtsbehörde für das Internet, anders als die BPjM, auch selbstständig prüfen, grundsätzlich sei die Behörde aber mit Beschwerden von außerhalb ausreichend eingedeckt. "Wir sind verpflichtet, jeder Beschwerde nachzugehen", so Weigand.

Sollte jemand einen Antrag auf Indizierung von Amazon.de einbringen, wo unter anderem Nutzer ebenfalls Bilder zu Spielen hochladen können, dann würde die KJM Amazon.de direkt kontaktieren. Bei .de-Domains werde versucht, über die .de-Registrierungsstelle Denic den Domain-Eigentümer und/oder entsprechende Ansprechpartner zu kontaktieren. "Natürlich haben wir auch immer wieder das Problem, dass die dann einfach schnell mal umziehen." So der Inhalteanbieter nicht reagiert, droht ihm ein Bußgeld, bei ausländischen Anbieter sei das nicht so einfach, hier müsse man mit der Sperrliste arbeiten, so Weigand.

Liste ist geheim

Die Oberhand über die geheime Sperrliste, die laut Auskunft von rund zehn Filteranbietern genutzt wird, und das dazugehörige Modul hat die BPjM. Deren stellvertretende Leiterin Petra Maier sagte auf Anfrage von ORF.at: "Der Teil, der aus dem Ausland verbreiteten und indizierten Websites umfasst so ungefähr 1.200 Adressen." Ein Großteil davon stamme aus dem Bereich der Pornografie, ebenfalls stark vertreten sei die Verherrlichung des Nationalsozialismus sowie Anleitung zum Rassenhass und allgemein Gewaltverherrlichung. Neben Gamesonly.at sei auch noch ein US-Shop auf der Liste enthalten, so Maier.

Ob andere Shops wie Amazon oder gar überhaupt die Websites der Spielehersteller auf Antrag gesperrt würden - schließlich sind gerade bei den Spielefirmen Trailer abrufbar -, konnte Maier nicht sagen. Das müsse erst geprüft werden, und jede Prüfung laufe einzeln ab. Auch die Frage, ob andere Shops derzeit geprüft würden, konnte Maier unter Hinweis auf laufende Verfahren nicht beantworten.

"Ein Schuss ins Knie"

Um von der Liste wieder herunterzukommen, könnte Gamesonly laut Maier eine eigenen Sektion "ab 18 Jahren" einrichten, zu der nur Zugang erhält, wer vorher beweisen kann, dass er wirklich dieses Alter erreicht hat. Zabransky lehnt das allerdings ab: "Wir haben keine Zeit und keine Lust, uns damit weiter auseinanderzusetzen."

Auch Rehm meint, dass die Aktion eher ein "Schuss ins Knie" sei, denn "eigentlich sollte die Behörde ja Werbung für solche Spiele verhindern und nun passiert ganz das Gegenteil, denn für uns ist das Publicity, wenn auch vielleicht nicht die beste". Denn manche Vorwürfe gegen Gameware.at seien bei genauerer Prüfung nicht haltbar, so gebe es keine Trailer direkt auf der Gameware-Website, sondern erst auf der zweiten Linkebene über die Spielehersteller selbst. Da die deutsche Rechtsprechung aber bei Links eine eigene Auslegung hat, wird laut Rehm bereits darüber diskutiert, ob Gameware zu den Herstellern überhaupt noch verlinken darf.

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(futurezone/Nadja Igler)