Resolution gegen Schutzfristenverlängerung
Der Transatlantische Konsumentendialog, ein Dachverband von Konsumentenschützern aus EU und USA, hat sich in einer Aussendung gegen die weitere Ausdehnung von Schutzfristen auf Medienprodukte gewandt. Auch das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen ACTA kommt in der Resolution zur Sprache.
Der Transatlantische Konsumentendialog (TACD), eine Organisation, in der 80 Konsumentenschutzgruppen aus Europa und den USA zusammengeschlossen sind, hat am Mittwoch eine Resolution zum Thema Schutzfristenverlängerung verabschiedet.
Das geschah anlässlich des zehnten Jahrestreffens der Organisation in Brüssel. Die Resolution wurde am 9. Juni Vertretern der US-Regierung und der EU vorgelegt und mit ihnen diskutiert. Der TACD lehnt jede weitere Verlängerung der Schutzfristen als ökonomisch nicht begründbar und schädlich für das Gemeinwohl ab.
Die Konsumentenschützer wenden sich dagegen, dass die Schutzfristen zum Wohle der Medienkonzerne und zulasten des Gemeinguts immer weiter verlängert werden. In der EU sollten zuletzt die Leistungsschutzrechte auf Tonaufnahmen entgegen den ausdrücklichen Empfehlungen von Konsumentenschützern und Experten von 50 auf 95 Jahre verlängert werden - das EU-Parlament stimmte am 23. April als Kompromiss einer Verlängerung auf 70 Jahre zu.
Streit über die Schutzfristen
Derzeit fehlt noch die Zustimmung des EU-Ministerrats, auch Österreich gehört zu den Ländern, die die Neuregelung ablehnen. In der entsprechenden Debatte im EU-Parlament kündigte EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy bereits an, auch die Schutzfristen auf Videodokumente verlängern zu wollen.
Die im Dachverband BEUC organisierten EU-Konsumentenschützer haben vorgerechnet, dass 80 Prozent der betroffenen Künstler durch die Verlängerung der Schutzfristen auf Tonaufnahmen lediglich zwischen 50 Cent und 26 Euro pro Jahr erhalten würden. McCreevy hatte stets so argumentiert, als ob die Verlängerung vor allem den Künstlern zugutekommen würde.
Der TACD spricht sich dagegen aus, die Schutzfristen über jene Perioden hinaus zu verlängern, die im Handelsabkommen TRIPS der WTO festgelegt wurden. Für Tonaufnahmen ist dort die Frist beispielsweise auf 50 Jahre nach Erstellung der Aufnahme festgelegt worden. Sollten Regierungen dieser Empfehlung nicht folgen, so müsse es Einschränkungen und Ausnahmen geben, um die schädlichen Auswirkungen der Schutzfristenverlängerungen auf die Gesellschaft zu minimieren. Beispielsweise sollte in diesem Fall ein Registrierungsprozess eingeführt werden, in dem genau festgelegt wird, wann ein Werk gemeinfrei wird.
Copyrights und Netzsperren
In der Resolution kommt auch das geheimnisumwitterte Anti-Piraterie-Abkommen ACTA zur Sprache. Sowohl die USA als auch die EU-Kommission verweigern bisher die Herausgabe aktueller Verhandlungsunterlagen an Konsumentenschützer und Bürgerrechtler, während gleichzeitig eine Fülle von Lobbyisten aus Pharma- und Medienkonzernen stets auf dem neuesten Stand gehalten werden, wie die US-Organisation Knowledge Ecology International (KEI) im März zur großen Blamage der US-Regierung nachweisen konnte.
Die Konsumentenschützer befürchten, dass das im Geheimen ausgehandelte Abkommen tiefe Einschnitte in die Bürgerrechte bringen könnte, beispielsweise Verpflichtungen für Provider, den Datenverkehr in ihren Netzen auf eventuelle Schwarzkopien hin zu scannen. Dass die französische Regierung im Rahmen des zweiten Anlaufs zum Netzsperrengesetz "Loi HADOPI" den Austausch nicht lizenzierter Kopien über die Änderung von Gesetzestexten unterbinden will, die eigentlich zur Bekämpfung von Produktfälschungen gedacht sind, mutet in diesem Zusammenhang gleich weniger absurd an.
TACD fordert die EU und die USA dazu auf, ACTA und andere internationale Abkommen nicht dazu zu missbrauchen, den Handlungsspielraum von Regierungen einzuschränken, Ausnahmen von den Schutzrechten zu gewähren. Auch der Zugriff auf verwaiste Werke solle damit nicht eingeschränkt werden.