Verfassungsklage gegen Netzsperrengesetz
Der aus der SPD ausgetretene deutsche Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss will wegen des umstrittenen Gesetzes zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornografischen Inhalten vor das Verfassungsgericht ziehen.
Das Gesetz sei nicht ordnungsgemäß zustandegekommen, erklärte Tauss am Mittwoch in Berlin. Er verwies vor allem darauf, dass das Gesetz im Laufe des parlamentarischen Verfahrens ohne neue erste Lesung insgesamt "substanziell" verändert worden sei. Er wolle das Zustandekommen des Gesetzes daher durch ein Organstreitverfahren in Karlsruhe überprüfen lassen.
"Einfallstor für Internet-Zensur"
Der nun die Piratenpartei unterstützende Tauss hatte das Gesetz zuvor bereits abgelehnt, weil er darin ebenso wie andere Kritiker ein Einfallstor für Internet-Zensur sieht. Auch FDP, Grüne und Linke hatten gegen die Neuregelung gestimmt, da sie ihrer Meinung nach zu viele Mängel enthält und unwirksam im Kampf gegen Kinderpornografie sei.
Geheime Sperrliste
Das Gesetz sieht vor, dass das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) eine täglich aktualisierte Liste mit zu sperrenden Websites erstellt, welche die Provider dann unter Strafandrohung zu übernehmen haben. Nutzer, die eine Adresse auf der Liste anwählen oder zufällig bzw. durch Intervention einer Schadsoftware darauf stoßen, bekommen ein Stoppschild zu sehen.
Ihre Nutzerdaten dürfen gespeichert, aber nicht unmittelbar zur Strafverfolgung verwendet werden. Die Sperre erfolgt auf Ebene des Domain Name Systems (DNS), also sind inkriminierte Sites beispielsweise durch Nutzung von Proxys weiterhin erreichbar. Diese Liste ist geheim und darf nur von einem fünfköpfigen Kontrollgremium, dem mindestens drei Volljuristen angehören, geprüft und beanstandet werden.
Gegen Tauss hatte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe Ermittlungen aufgenommen. Der frühere Bildungsexperte der SPD im Bundestag hatte aber den Verdacht des Kontakts zu Anbietern von Kinderpornografie stets zurückgewiesen. Fehler gab Tauss insofern zu, als er auf eigene Faust in der Kinderpornoszene recherchiert habe. Das habe er nur für seine politische Arbeit getan.
(futurezone/AFP)