F: Senat stimmt für HADOPI 2

KONTROLLE
08.07.2009

Bürgerrechtler bezweifeln Verfassungskonformität

Der französische Senat hat am Mittwoch mit den Stimmen der rechtskonservativen Regierungspartei UMP die umstrittenen Ergänzungen zum Strafrecht gebilligt, mit denen Internet-Sperren bei Urheberrechtsverletzungen legalisiert werden sollen. Das meldete die Tageszeitung "Liberation". 189 Senatoren stimmten für das Gesetz, 142 dagegen, es gab fünf Enthaltungen. Im Oktober 2008 hatten auch die sozialistischen Senatoren für das Gesetz in seiner alten Version gestimmt, daher war es seinerzeit noch mit 297 gegen 15 Stimmen angenommen worden.

Von den 17 Änderungsanträgen der Opposition wurde nur einer nicht abgeschmettert: Den Beschuldigten soll nun mitgeteilt werden, welche Anschuldigungen gegen sie erhoben werden. Außerdem sollen sie das Recht auf Verteidigung durch einen Anwalt erhalten. In den ersten beiden Verwarnungen, die von der Internet-Sperrbehörde HADOPI ausgesprochen werden, soll nach dem aktuellen Entwurf nicht stehen, welcher Verfehlungen der Adressat eigentlich beschuldigt wird.

"Ausgewogen und pragmatisch"

Nach einem Veto der Verfassungshüter nimmt die französische Regierung derzeit einen neuen Anlauf für das umstrittene Gesetz für Internet-Sperren bei unlizenzierter Nutzung von Medienprodukten. Ein nachgebesserter Entwurf wurde am Mittwoch im Senat beraten. Wie vom Verfassungsrat gefordert, muss jetzt ein Richter im Schnellverfahren prüfen, ob einem Raubkopierer der Internet-Anschluss bis zu ein Jahr lang abgestellt wird. Die Regierung hatte ursprünglich eine Behörde namens HADOPI darüber entscheiden lassen wollen. Justizministerin Michelle Alliot-Marie sprach von einem "ausgewogenen und pragmatischen Text", der "auf Vorbeugung und Abschreckung statt auf Bestrafung" setze.

Nach dem nachgebesserten Gesetz verschickt die eigens dafür geschaffene Behörde wie schon bisher vorgesehen zunächst zwei Abmahnungen, wenn sie von den Rechteinhabern auf mutmaßliche Nutzer unlizenzierter Medienprodukte aufmerksam gemacht wird. Wird der Missbrauch nicht eingestellt, kann sie sie vor Gericht ziehen. Dem neuen Entwurf zufolge drohen Raubkopierern dort jetzt aber umfangreichere Strafen: Neben der Anschlusssperre sind auch eine Geldbuße von bis zu 300.000 Euro und eine maximal zweijährige Gefängnisstrafe möglich. Um schnelle Urteile zu ermöglichen, werden die Entscheidungen wie bei minderschweren Verkehrsdelikten vor kleinen Kammern mit nur einem Richter gefällt. Ein Publikum ist zu den Verhandlungen nicht zugelassen.

Bürgerrechtler bezweifeln Verfassungskonformität

Wie schon bisher geplant müssen gesperrte Internet-Nutzer ihre Anschlussgebühren weiterzahlen. Neu ist, dass auch Internet-Abonnenten Strafen drohen, wenn Dritte über ihre Anschlüsse Raubkopien herunterladen. Sie riskieren dann eine Geldbuße von 1.500 Euro und bis zu einen Monat Internet-Sperre. Alliot-Marie behauptete, die Bestimmung sei anders als von Kritikern behauptet "kein Angriff auf die Unschuldsvermutung". Schließlich müsse die Staatsanwaltschaft beweisen, dass der Anschlussinhaber zumindest fahrlässig gehandelt habe.

Die Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net ist freilich anderer Meinung und sieht im Zwang zur Verschlüsselung von WLAN-Access-Points eine Umkehr der Beweislast und einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung. In einem Brief an die Senatoren weist sie darauf hin, dass die Erfassung der Beweise und die quasi mundgerechte Vorbereitung des Verfahrens allein der HADOPI überlassen blieben und im Rahmen des Verfahrens keinerlei Untersuchung stattfinde, in deren Rahmen die Gültigkeit der vorgelegten Beweise geprüft werde. Das verstoße gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung. Auch der neue Gesetzesentwurf könne aus Sicht der Bürgerrechtler die Bedenken der Verfassungsrichter nicht ausräumen.

Am 21. Juli soll der neue Gesetzesentwurf wieder in die Nationalversammlung gehen.

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(AFP/futurezone)