© ORF.at/Patrick Wally, Spiegelndes Laptop-Display

Matte Nutzer durch glänzende Displays

BILDSCHIRM
14.07.2009

Mit dem Hochglanz-Notebook im Freien zu arbeiten dürfte gerade in diesen sonnigen Tagen für viele Freiberufler und Geschäftsreisende zu einem Problem werden. Grund dafür sind die störenden Reflexionen, die beim Einsatz glänzender Displays entstehen. Studien belegen, dass diese allerdings auch im normal beleuchteten Büro irritieren können. In Österreich ist der Einsatz während der Arbeit gar per Verordnung verboten.

Mit Namen wie CrytalBrite (Acer), Glossy Display (Apple), X-Black (Sony) und Crystal Shine (Asus) könnten die Bezeichnungen für die Hochglanzdisplays zwar nicht unterschiedlicher sein, doch sie haben alle denselben Effekt: Sie spiegeln stark, wenn die Umgebung hell ist. Hersteller wie Apple, Asus und Sony setzen verstärkt auf die Hochglanzlösung.

Fehlende Beschichtung

Apple beispielsweise hatte seine Strategie in Sachen Notebook-Bildschirme im Jahr 2006 gewechselt. Seit Mitte 2007 werden in MacBooks ausschließlich Glossy Displays eingesetzt. Bis dahin waren Flachbildschirme und Displays von Notebooks meist mit einer glatten Oberfläche ausgestattet.

Eine spezielle diffuse Beschichtung sorgte für ein mattes Display, welches das Umgebungslicht weitgehend streute. Bei den neuen Hochglanzdisplays, auch Glare-Type-Displays genannt, fehlt diese Beschichtung. Was in dunklen Räumen noch kein größeres Problem darstellt, wird im Freien allerdings zu einem.

Starke Spiegelung

Die Beleuchtungsstärke an einem hellen Sonnentag beträgt etwa 100.000 Lux, im Schatten immer noch 10.000 Lux. "Wenn sich dann auch noch der blaue Himmel, die weißen Wolken oder weiße Häuserwände auf dem Bildschirm spiegeln, ist die Arbeit mit dem Laptop häufig gar nicht mehr möglich", so Harald Siekmann vom Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung gegenüber ORF.at. Doch auch im Büro, wo die Beleuchtungsstärke zwischen 500 und 800 Lux beträgt, kann es bei den Hochglanzdisplays zu starken Spiegelungen kommen.

Müdigkeit und Kopfweh als Symptome

Die zunehmende Verbreitung von Hochglanzdisplays stößt wegen der starken Spiegelung bei vielen Ergonomie-Experten auf Unverständnis. "Die Qualität der Arbeit leidet darunter. Man ist häufiger unkonzentriert und wird leicht von den Störeinflüssen abgelenkt", sagte Wolfgang Laurig, Professor für Ergonomie an der Technischen Universität Dortmund, gegenüber ORF.at. "Durch die Blendung wird man schneller müde, manche Personen bekommen Kopfweh, weil sich das Auge mehr anstrengen muss", fügte Sabine Seyfriedsberger, Arbeitsmedizinerin beim Arbeitsmedizinischen Dienst (AMD) Linz, hinzu.

"Das Auge versucht sich sowohl auf den Bildschirminhalt als auch auf das Reflexbild zu fokussieren. Durch die erhöhte Konzentration, die dadurch notwendig wird, können als Folge neben Ermüdung und Kopfschmerz auch noch Muskelverspannungen auftreten, die durch Köperzwangshaltungen versursacht werden", so Siekmann, der die Reflexion von Bildschirmen im Rahmen eines Forschungsprojektes untersucht hat.

Die Studie "Visual Ergonomic aspects of Computer Displays: Glossy Screens and Angular Dependence" wurde für den schwedischen Gewerkschaftsdachverband für Angestellte, die Tjänstemännens Centralorganisation (TCO), durchgeführt.

Auch im Büro stören Reflexionen

Auch die schwedischen Forscher Kjell Brunnström und Börje Andren haben in einer Studie für den Gewerkschaftsdachverband TCO festgestellt, dass hochglänzende Bildschirme bereits bei einer Beleuchtungsstärke von 600 Lux, die in etwa der durchschnittlichen Bürobeleuchtung entspricht, bei störenden Reflexionen als großer Nachteil wahrgenommen werden. 80 Prozent der untersuchten Personen zwischen 25 und 56 Jahren würden zudem lieber mit matten Displays arbeiten.

Die australische Queensland University of Technology warnte vor kurzem davor, dass Hochglanzdisplays, wie sie bei Apples MacBooks zum Einsatz kommen, beim Anwender zu Verrenkungen und in weiterer Folge zu Verletzungen führen könnten.

Kontrastwerte vs. Ergonomie

Doch warum setzen Hersteller von Note- und Netbooks wie Apple, Asus und Sony im Konsumentenbereich auf Hochglanzdisplays? Weil die Kontrastwerte höher seien, heißt es seitens der Hersteller. "Schwarze Teile des Bilds sind mit matten Displays nicht mehr tiefschwarz, und die Farbdefinition lässt zu wünschen übrig", ist etwa auf der Seite des Herstellers Sony zu lesen.

Unternehmen sollten beim Kauf neuer Notebooks für ihre Mitarbeiter allerdings aufpassen: Der Einsatz von Hochglanzdisplays in der Arbeit ist in Österreich für alle Arbeitnehmer per Bildschirmarbeitsverordnung (BS-V), die seit 1. Mai 1998 in Kraft ist, verboten. Punkt sieben in Paragraf drei sieht vor, dass der Bildschirm eine reflexionsarme Oberfläche besitzen muss.

Einsatz in Österreich "nicht rechtskonform"

Ursprünglich wurde dieser Paragraf laut Harald Bruckner, Sicherheitskraft bei der Wiener Arbeiterkammer, so ausgelegt, dass die Verkleidung der Notebooks und der LCD-Bildschirme nicht glänzend sein darf. "Das Display wird in der Verordnung nicht explizit erwähnt", so Bruckner. Josef Kerschhagl, technischer Abteilungsleiter der Abteilung Arbeitsmedizin im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, sagte gegenüber ORF.at, dass Paragraf drei selbstverständlich auch die Displays beinhaltet. "Der Einsatz von Hochglanzdisplays ist nicht rechtskonform. Es kann auch keine Ausnahmen geben." Es sei allerdings eine Entspiegelung möglich.

Während man in der AK mit dem zunehmenden Problem bisher noch nicht konfrontiert wurde, wächst beim AMD in Linz die Zahl der eingehenden Beschwerden. "Es werden immer mehr solche Geräte gekauft. Daher nehmen bei uns auch die Beschwerden von Mitarbeitern zu", so Seyfriedsberger.

Spezialfolien zum Entspiegeln

Tatsächlich bieten einige auf Display-Reparaturen spezialisierte Firmen ein nachträgliches Laminieren von Spezialfolien an, so dass sich glänzende Bildschirme nach dem Kauf entspiegeln lassen. Was für Firmen Pflicht ist, ist allerdings aus ergonomischer Sicht auch für Privatanwender zu empfehlen. "Man sollte beim Kauf eines neuen Notebooks umbedingt darauf achten", empfiehlt Seyfriedsberger. Auch Siekann rät Privatanwendern zu gut entspiegelten, matten Displays anstelle der Hochglanzdisplays.

Diese wurden von den Testpersonen aus Schweden auch unter optimalen Lichtbedingungen nur als geringfügig - nicht signifikant - besser wahrgenommen als die matten Displays, belegt die TCO-Studie.

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(futurezone/Barbara Wimmer)