"2007 wird das Jahr von MP3"
Nach dem weltgrößten Online-Einzelhändler Amazon will auch die Online-Tauschbörse Limewire 2007 MP3-Downloads verkaufen. Die großen Musikkonzerne beginnen umzudenken. Kopierschutz für Online-Musik könnte schon bald der Vergangenheit angehören.
Die Online-Tauschbörse Limewire will 2007 damit beginnen, ihren rund 40 Millionen Nutzern einen Dollar pro Download zu verrechnen und die Erlöse mit den Musikkonzernen teilen, berichtete das US-Branchenmagazin "Billboard".
Die Tauschbörsen-Software-Anbieter wollen jedoch keine Digital Rights Management Systeme [DRM] dulden, sondern weiterhin auf das ungeschützte MP3-Format setzen.
Musikindustrie-Veteran soll Stimmung machen
Um auch die großen Musikkonzerne mit an Bord zu holen, haben sie den Musikindustrie-Veteranen und früheren EMI-Manager Ted Cohen verpflichtet, der in den Chefetagen der Plattenfirmen Stimmung für einen sechs Monate dauernden Testlauf machen soll, berichtete das Magazin.
Die Chancen, dass die Pläne der Tauschbörsenanbieter in den Chefetagen der Musikkonzerne Zustimmung finden, stehen nicht schlecht. 2007, meinten zahlreiche Marktbeobachter, werde das Jahr von MP3.
Weil MP3-Files beliebig oft kopiert werden können, haben sich die vier großen Musikkonzerne Universal Music, EMI, Warner Music und Sony BMG bisher dem digitalen Musikformat verweigert. Stattdessen setzten sie auf den Verkauf von Musik-Files in kopiergeschützen Formaten, die untereinander nicht kompatibel sind und so häufig zu Frustrationen bei den Käufern von Online-Musik führten. So können etwa im Apple iTunes Music Store gekaufte Songs nur auf dem Apple-Player iPod abgespielt werden.
MP3s sind hingegen nicht mit Kopierschutzbeschränkungen versehen und lassen sich auf fast allen erhältlichen digitalen Musik-Playern abspielen.
Die unabhängigen Labels feiern bereits seit Jahren mit dem Verkauf von MP3s Erfolge. Der US-Anbieter eMusic, der MP3s im Abo verkauft, vermeldete vor kurzem den hundertmillionsten verkauften Song.
"Die Majors müssen handeln"
"Die Manager der Musikindustrie werden schon bald feststellen, wie schlecht das vergangene Jahr gelaufen ist und dann müssen sie handeln", sagte Eric Garland, Geschäftsführer des Peer-to-Peer-Marktforschungsunternehmens Big Champagne, gegenüber "Billboard".
Garland geht davon aus, dass im Jahr 2007 MP3-Downloads salonfähig werden und die großen Musikkonzerne ihre Kataloge schon bald im ungeschützten Musikformat anbieten werden.
Zwar verzeichnete der Online-Musikmarkt auch 2006 starke Zuwächse, unbezahlte Downloads aus Online-Tauschbörsen machen nach Angaben Garlands, dessen Unternehmen Filesharing-Netzwerke beobachtet, jedoch weiterhin die überwiegende Mehrzahl der Musik-Downloads aus dem Internet aus.
Darüber hinaus können kostenpflichtige Downloads aus dem Internet die seit Jahren rückläufigen CD-Verkäufe nicht wettmachen.
Amazon setzt auf MP3s
Auch die Pläne des weltgrößten Online-Einzelhändlers Amazon.com, im Jahr 2007 MP3-Downloads zu verkaufen, könnte bei den großen Labels zu einem Stimmungswandel beitragen.
Erste Verträge mit unabhängigen Plattenfirmen wurden bereits ausgehandelt. Die Labels sollen die Preise für ihre Musik selbst bestimmen können. Der Start des Amazon-Downloadshops soll noch im ersten Quartal 2007 über die Bühne gehen.
Auch MySpace will MP3s vekaufen
2007 sollen auch die auf der Social-Networking-Site MySpace vertretenen Künstler ihre Musik über die Plattform verkaufen können - im MP3-Format. MySpace arbeitet dabei mit der P2P-Firma Snocap zusammen, die vom Tauschbörsenpionier Shawn Fanning [Napster] gegründet wurde.
"Kapitulation vor dem MP3-Format"
"Die Majors müssen vor dem MP3-Format kapitulieren, wenn sie das Problem der miteinander nicht kompatiblen Online-Musikformate überwinden wollen, die letztlich zur Stagnation des Online-Musikmarktes führen werden", gab sich Terry McBride von der kanadischen Musikmanagementfirma Nettwork gegenüber "Billboard" überzeugt.
Testballons bei Yahoo
Ian Rogers, Produktmanager bei Yahoo Music, verzeichnete bereits erste Signale aus den Chefetagen der großen Labels. Yahoo Music ließ bereits im vergangenen Jahr Testballons für den Verkauf ungeschützter Musik-Files von Major-Künstlern steigen. Singles von Jessica Simpson, Jesse McCartney, Relient K and Norah Jones waren auf der Download-Plattform allesamt im MP3-Format erhältlich.
Noch keine Bestätigung von den Majors
Bestätigungen von den Majors für eine Zuwendung zu ungeschützten Files im Online-Musikgeschäft stehen bislang noch aus. Der Vertrieb von Musik im MP3-Format wird bei den Musikkonzernen jedoch diskutiert, sagte ein Manager eines digitalen Vertriebsunternehmens gegenüber der US-Tageszeitung "Mercury News".
"Wenn MP3 das ist, was die Leute wollen, dann müssen wir einen Weg finden, damit zu leben", zitierte der Manager gegenüber der Zeitung Kreise aus dem Musikgeschäft.
2007 sollen auch die ersten werbefinanzierten Download-Plattformen an den Start gehen. Marktbeobachter beurteilen die Erfolgsaussichten der Online-Musikdienste jedoch skeptisch.