© Bild: Flimmit

Flimmit: Europäische Filmplattform im Netz

START-UP
22.07.2009

Das österreichische Unternehmen Flimmit bietet seit Mai in Österreich Downloads und Streams von Filmen im Netz an. Die Filmplattform mit Schwerpunkt auf Independent- und Arthaus-Filmen hat große Pläne: Sie will von einer regionalen zu einer gesamteuropäischen Video-on-Demand-Plattform wachsen. ORF.at hat mit den Gründern gesprochen.

Sie habe es einfach gestört, dass sie bei der Suche nach Filmen im Internet immer nur auf Plattformen gestoßen sei, die unlizenzierte Inhalte zum Download angeboten hätten, so Karin Haager, Geschäftsführerin und Mitbegründerin von Flimmit, über die Motivation, eine eigene Video-on-Demand-Plattform zu gründen, über die Filme gekauft und für 24 Stunden gemietet werden können.

Gemeinsam mit Ulrich Müller-Uri und Walter Huber arbeitet sie seit 2007 am Aufbau der Filmplattform, die derzeit online 175 Filme umfasst, deren Angebot allerdings stetig wächst. "Wir haben derzeit 670 Filme unter Vertrag, weitere 400 sind in Verhandlungen. Bis Jahresende planen wir, 1.000 Filme online zur Verfügung stellen zu können", so Müller-Uri zu ORF.at. Das Filmportal, das sich derzeit auf den deutschsprachigen Markt konzentriert, startete im Mai nach einer viermonatigen Testphase mit einem Streaming- und Download-Angebot von Spielfilmen, die vorwiegend aus dem Independent- und Arthaus-Bereich stammen.

Vom Hollywood- zum Independent-Film

Doch auch Hollywood-Blockbuster wie "Good Will Hunting" sind im Angebot zu finden. "Man darf nicht vergessen, dass Kunden in erster Linie nach namhaften Filmen suchen. Finden sie diese bei uns, können wir ihnen wieder andere, unbekanntere Filme empfehlen", erklärt Müller-Uri die Strategie. Um beim Empfehlen von Filmen wirklich auf die Befindlichkeit von Kunden eingehen zu können, wurde das Online-Empfehlungssystem easyrec von den Research Studios Austria adaptiert. "Es wird bei den Empfehlungen berücksichtigt, wenn eine Kunde gerade nach traurigen Filmen sucht. Das kann dann mit Schauspielern, Regisseuren und Schlagwörtern verknüpft werden", beschreibt Müller-Uri.

Streaming beliebter als Download

Derzeit wird bei Flimmit das Streaming-Angebot, bei dem Filme für 24 Stunden lang quasi online ausgeborgt werden können, häufiger genutzt. Etwa 85 Prozent der Flimmit-Kunden greifen auf diese Möglichkeit zurück, erzählt Haager. Die Filme werden im H.264-Codec bei einer optimierten Datenrate von 800 kbit/s im Stereoton gestreamt. Kunden können zuvor mit einem Kurzfilm testen, ob ihre Internet-Verbindung dafür geeignet ist. Das Streaming-Angebot wird dann per verschlüsseltem Signal übertragen.

Der Filme-Download wird als mp4-Datei mit einer durchschnittlichen Datenrate zwischen 1.760 kbit bei Stereo und 1.920 kbit bei 5.1.-Ton ohne Kopierschutz angeboten. "Wenn jemand für den Film zahlt, darf er sich diesen auch mehrfach sichern", begründet Haager den Verzicht auf den Kopierschutz. An der Integration von Watermarking, um die Weiterverbreitung von Inhalten nachvollziehen zu können, werde aber gearbeitet.

Lizenzvergabe oft nicht einfach

Die Lizenzvergabe für Video-on-Demand-Plattformen wie Flimmit gestaltet sich nicht immer einfach. "Beim Lizenzeinkauf muss noch sehr viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. Die Leute haben Angst davor, dass Filme, wenn sie digital erhältlich sind, leichter online verbreitet werden können", so Haager. Grundsätzlich sei aber jeder Film bereits kostenlos im Internet erhältlich, egal ob groß oder klein, ergänzt Müller-Uri. "Doch nur mit den lizensierten Angeboten lässt sich für Filmproduzenten ein Mehrwert generieren."

Fokus auf ganz Europa

Der Start von Flimmit wurde mit Eigenmitteln vorfinanziert und mit einer Förderung des Programms "impulse" der "austria wirtschaftsservice" unterstützt. Es konnten dadurch auch weitere, private Investoren gewonnen werden.

Das österreichische Unternehmen will sein Portal daher rasch vergrößern und in der Filmbranche eine Art Dachmarke für Video-on-Demand-Angebote aus Europa schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat das Flimmit-Team Kooperationen mit vier großen europäischen Partnerplattformen abgeschlossen, die zu einem Netzwerk für den europäischen Film führen sollen, welches anfangs etwa 1.800 Titel umfassen wird. "Wir werden unsere Internet-Inhalte auf den Portalen gegenseitig darstellen. Wenn jemand das Schlagwort 'Liebe' eingibt, wird er auch Titel finden, die auf unseren Partnerplattformen in anderen Sprachen erhältlich sind", erklärt Haager. Im Zuge der weiteren Ausdehnung auf andere EU-Staaten wird das Flimmit-Angebot bis zum August auch in Englisch verfügbar sein, bis 2010 kommen außerdem die Sprachen Italienisch, Spanisch und Französisch dazu.

"Lizenzgeber werden umdenken"

Flimmit ist derzeit neben dem Online-Shop des Filmladens in Österreich der einzige unabhängige Video-on-Demand-Anbieter, über den legal Spielfilme erworben werden können.

Bei der Online-Filmlizenzierung gelten jedoch meist dieselben Richtlinien wie offline: Es gibt Ländergrenzen. Sender kaufen für ihr Sendegebiet Filmtitel ein, DVD-Vertriebe für ihren Heimatmarkt. "Wir versuchen grundsätzlich, weltweite nicht-exklusive Rechte zu bekommen. Sollten wir einige Titel in manchen Ländern nicht bekommen, können wir diese für den jeweiligen Film sperren. Ich denke aber, dass sich diese Entwicklung in den nächsten Monaten oder Jahren ändern wird, weil die Lizenzgeber einsehen werden, dass es Sinn ergibt, wenn Filme schnell und einfach international erhältlich sind", so Müller-Uri.

"Der Video-on-Demand-Markt befindet sich noch auf einem Status wie die VHS-Kassetten in den 1980er Jahren. Noch ist es ein Zusatzgimmick für Kunden, die gerade nicht ins Kino oder in die Videothek gehen wollen, aber in zwei bis drei Jahren wird sich das Geschäft so weit entwickeln, dass man das Internet als weiteren Vertriebsweg für Filmemacher ansehen wird", ist Müller-Uri vom Wachstumspotential von Video-on-Demand-Angeboten überzeugt.

Angebote auch fürs iPhone und die Playstation

Da Videostreaming auch am Handy und diversen Mobilgeräten Potenzial hat, arbeitet Flimmit daran, die Website per Knopfdruck für Mobilgeräte nutzbar zu machen. "Es wird einen Shop fürs iPhone geben und für die Playstation", kündigt Müller-Uri an. Zudem arbeitet das mittlerweile 15-köpfige Team an der Entwicklung eines Abo- und eines Prepaid-Modells.

"Die Leute werden sich, wenn es ein passendes Angebot im Netz gibt, daran gewöhnen und es in Folge auch nutzen", sind die Plattformbetreiber überzeugt. Derzeit habe Flimmit 3.000 registrierte Nutzer, so Müller-Uri: Diese Zahl werde in den nächsten Monaten durch die laufende Erweiterung des Filmangebots "rapide ansteigen".

Mehr "Start-up-Geschichten":

(futurezone/Barbara Wimmer)