Durchbruch im Quanten-Computing
Das Wiener Quantencomputer-Team um Anton Zeilinger hat einen großen Schritt in Richtung Alltagstauglichkeit seiner Maschine gemacht: Die Forscher schalteten den Zufall in ihrer Rechenmethode aus.
Bisher war es für Anton Zeilinger und sein Team eher mühsam, von ihrem Quantencomputer am Institut für Experimentalphysik der Uni Wien eine Berechnung durchführen zu lassen.
Bisher mussten die Wissenschaftler einen Rechenvorgang bis zu Tausend Mal wiederholen, bis der Quantencomputer ein korrektes Ergebnis ausgab. Für den Alltagseinsatz war das Gerät damit unbrauchbar.
In einem in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichten Artikel präsentieren Zeilinger und seine Mitarbeiter die Lösung des Problems: Sie schalteten den Zufall aus, der immer wieder die Berechnungen störte, und zähmten damit den Quantencomputer.
Der im Labor von Anton Zeilinger in Wien konstruierte Quantencomputer geht auf Ideen von Hans Briegel und Robert Raussendorf zurück. Sie stellten in einem 2001 veröffentlichten Paper das Konzept eines so genannten Einweg-Quantencomputers vor, das auf der Messung an verschränkten Teilchen beruht.
ORF.at: Herr Zeilinger, seit wann arbeiten Sie und Ihr Team am Einweg-Quantencomputer?
Anton Zeilinger: Seit fünf Jahren. Das Konzept für den Rechner geht auf Robert Raussendorf und Hans Briegel zurück.
Welches Problem haben Sie denn nun genau gelöst?
Wir haben zum ersten Mal den Zufall in der Quantenphysik gezähmt. Jede quantenmechanische Messung eines Systems ist mit Zufall behaftet. Wenn ich ein System messe, ist die Antwort zufällig.
Unser Quantencomputer basiert aber auf Messungen. Wir erzeugen zuerst einen sehr komplexen Zustand aus miteinander verschränkten Quanten, einen so genannten Cluster.
Wenn ich an einem dieser Quanten eine Messung durchführe, dann ändert sich nicht nur der Zustand dieses einen, sondern auch der aller damit verschränkten Quanten.
Mit mehreren solcher Messschritten zwingen wir die Quanten nach und nach dazu, uns das Ergebnis einer Rechnung zu zeigen.
Die Publikation im Volltext.
Aber die Berechnung hing nach wie vor vom Zufall ab.
Die Berechnung war eine reine Glückssache. Wenn eine einzige Messung an einem Quantenbit ein falsches Ergebnis lieferte, konnte man alles andere wegschmeißen.
Dieses Verfahren war unpraktisch, denn man musste irrsinnig oft rechnen, bis man zum richtigen Ergebnis kam, manchmal bis zu Tausend Mal! Jetzt ist dieses Problem behoben.
Wie konnten Sie den Zufall ausschalten?
Wir sehen nach, ob die Messung im ersten Schritt das korrekte Ergebnis gebracht hat.
Wenn ja, fährt man mit dem nächsten Schritt fort. Wenn nein, passt man die Messmethode an. So lassen sich die Fehler korrigieren, und man erhält am Ende das richtige Resultat der Rechnung.
Das zeigt, dass ein Quantencomputer, der auf dem Prinzip der Messungen beruht, brauchbar ist.
Welche Probleme am Quantencomputer werden Sie als nächstes angehen?
Wir werden weiter an Methoden zur Fehlerkorrektur arbeiten und vor allem versuchen, unerwünschte Wechselwirkungen des Computers mit seiner Umgebung zu verhindern. Die führen auch zu Fehlern.
Wie schnell ist Ihr Rechner?
Unserer ist der bisher schnellste Quantencomputer. Ein Rechenzyklus dauert nur 100 Nanosekunden. Damit ist er tausendmal schneller als andere Quantencomputer.
Auf welchem Gebiet wird man Quantencomputer einsetzen können?
Weil er parallel rechnet, kann ein Quantencomputer zum Beispiel sehr viel schneller einen Eintrag in einer Datenbank finden als ein herkömmlicher Computer.
Eng mit dem Quantencomputer-Konzept ist auch unser Projekt zur Kommunikation in Quanten-Clustern über große Entfernungen hinweg verbunden. Wir sprechen da von Clustern, die teils auf der Erde und teils im Erdorbit stationiert sind.
Dazu haben wir schon Machbarkeitsstudien angefertigt und auf der Erde Vortests gemacht. In fünf bis zehn Jahren könnten wir die ersten Versuche machen.
Klingt nach einem interessanten Experiment für die Internationale Raumstation.
Darüber haben wir auch schon nachgedacht. Zur Verarbeitung der in diesen Experimenten gewonnenen Daten könnte man schon einen Quantencomputer einsetzen.
Bei der Fehlerkorrektur, die Sie vorhin beschrieben haben, geht es quasi darum, den nächsten Fehler vorauszuahnen. Das hat auch etwas von einem Blick in die Zukunft.
Es gibt in der Quantenphysik einen Ansatz, der die Meinung vertritt, dass das, was wir heute beobachten, von der Zukunft beeinflusst ist. Das ist aber nur eine Interpretation.
Die Theorien der Quantenphysik befinden sich nach wie vor im Konflikt mit unserem Alltagsverständnis.
(futurezone | Günter Hack)