Staatsanwaltschaft erhöht Druck auf Tauss
Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat die Ermittlungen gegen den Piraten-Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss wegen Verdachts auf Besitz von kinderpornografischem Material abgeschlossen und will Anklage erheben. Tauss' Anwalt sagt, sein Mandant habe in der Szene recherchiert, um nachweisen zu können, dass der Bundestag in Sachen Kinderpornoverbreitung von den Behörden belogen wird.
Ihre Ermittlungen seien abgeschlossen, die Akten lägen nun bei der Verteidigung, sagte Oberstaatsanwalt Rüdiger Rehring am Dienstag der AFP. Allerdings könne die Verteidigung noch die Klärung weiterer Punkte fordern. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen Tauss wegen des Verdachts auf Besitz von kinderpornografischem Material, das außerhalb seines PC gefunden worden sei, ermittelt. Tauss' Anwalt Jan Mönikes warf der Staatsanwaltschaft öffentliche Vorverurteilung vor.
Zum Inhalt der Anklageschrift wollte sich der Staatsanwalt nicht äußern. Mit dem Fall muss sich nach Angaben von Rehring auch der Immunitätsausschuss des Bundestags befassen. Die Abgeordneten müssten der Anklageerhebung zustimmen. Das könnte nach Angaben des Vorsitzenden des Immunitätsausschusses, Thomas Strobl (CDU) noch im Sommer passieren. Am 26. August und 8. September finden Sondersitzungen im deutschen Bundestag statt. Tauss war am 20. Juni aus der SPD ausgetreten und zur Piratenpartei gewechselt.
Kein "dienstlicher Auftrag"
Nach Informationen der "Bild"-Zeitung vom Dienstag heißt es in dem Bericht der Staatsanwaltschaft, Tauss habe keinen dienstlichen Auftrag gehabt und könne daher den Besitz von kinderpornografischem Material nicht damit begründen. Gefunden wurden demnach Handybilder und drei DVDs.
Tauss' Anwalt sagte dazu in Berlin, es tauge nicht zum Vorwurf, dass "ein für die Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet zuständiger Abgeordneter keinen 'dienstlichen Auftrag' für eine politisch motivierte Recherche erhält". Tauss habe belegen wollen, "dass das Parlament hinsichtlich der Verbreitungswege von Kinderpornografie von den zuständigen Behörden belogen wird", so Mönikes. Tauss selbst kritisiert auf seinem Twitter-Account die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft, sich über "Bild" zu Wort zu melden, scharf.
Auch die Karlsruher Generalstaatsanwältin Christine Hügel übte an der Staatsanwaltschaft wegen ihres Hinweises auf die bevorstehende Anklage Kritik. Der Verteidiger des unter Kinderporno-Verdacht stehenden Politikers habe noch Akteneinsicht, außerdem sei die Immunität noch nicht aufgehoben. "Von daher war das ein bisschen voreilig und nicht sehr geschickt", sagte die Behördenchefin.
Kritik am Zugangserschwerungsgesetz
Der deutsche Bundestag hatte auf Initiative von BKA-Chef Jörg Ziercke und Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hin kürzlich das Zugangserschwerungsgesetz verabschiedet. Dieses Gesetz erlaubt dem BKA, eine geheime Sperrliste mit Internet-Domains zu führen, auf denen kinderpornografisches Material vorgehalten werden soll.
Kritiker wie Tauss, der bayrische FDP-Abgeordnete Max Stadler und die Bürgerrechtsorganisation AK Zensur werfen von der Leyen vor, in Wahrheit nicht gegen die Verbreitung von Kinderpornografie vorgehen, sondern die Zensur des Internets befördern zu wollen.
(AFP/futurezone)