Finnischer Experte: Handy-TV ohne Zukunft
Technische Unzulänglichkeiten seien mit ein Grund für die schleppende Nachfrage bei mobilem TV, so Medienexperten. Hutchison Austria sieht in Österreich hingegen sehr wohl einen Markt dafür.
Das seit einigen Jahren von Handyproduzenten wie Nokia und Samsung forcierte Handyfernsehen hat keine Zukunft, sagen finnische Medienexperten. Nach der bisher äußerst schleppenden Entwicklung des mobilen Mediums in mehreren Staaten seien dessen Erfolgsaussichten praktisch ausgereizt.
Handy- und Medienanbieter hoffen hingegen - zumindest offiziell - teilweise noch. Auch Berthold Thoma, CEO von Hutchison Austria, äußerte sich gegenüber ORF.at zuversichtlich.
Letzte Chance: WM 2010
Vergangene Woche wurden Zahlen veröffentlicht, wonach in Finnland derzeit lediglich 16.000 Haushalte über fernsehempfangsfähige Handys verfügen. Das liegt offenbar weit hinter den Erwartungen der Unternehmen. Studien der Universität Helsinki und des IT-Analyseinstituts Gartner zufolge ist es weder in Finnland noch europaweit gelungen, ausreichendes Interesse für die Minifernseher zu erwecken.
Die allerletzte Chance für das Handy-TV könnte die Fußball-WM 2010 in Südafrika sein, meinte die Medienforscherin Carolina Milanese vom Gartner-Institut. Allerdings wurden die Hoffnungen der Handy-TV-Strategen bereits bei der Fußball-WM 2006 in Deutschland und bei der EM 2008 in Österreich und in der Schweiz herb enttäuscht.
Hutchison in Österreich zuversichtlich
Als Grund für das sich abzeichnende Fiasko gilt neben technologischen Unzulänglichkeiten bei der Verbreitung längerer Sendungen vor allem das nicht funktionierende Zusammenwirken von Handyproduzenten, Netzbetreibern und Medienanbietern.
"Wir glauben an Fernsehen am Handy, unabhängig von der Technologie", sagte Hutchison-CEO Thoma gegenüber ORF.at. 100.000 "3"-Kunden würden mobiles Fernsehen regelmäßig nutzen, "das ist jeder siebte Kunde", weshalb das Unternehmen "sehr wohl einen Bedarf" sehe. Mit ein Grund sei auch, dass die Endgeräte aller Kunden TV-fähig seien, via DVB-H- oder UMTS-Streaming.
Mehrwert fehlt
Der zuständige Manager des größten finnischen Privatsenders, Jorma Härkönen von MTV3, kann zum Beispiel keinen Mehrwert darin erkennen, wenn Handyfernsehen ohne Zusatzgewinn für die Medienanbieter konsumiert werden kann: "Wir zahlen für nichts, was keinen Umsatz bringt."
Die Netzwerkanbieter verlangen aber - anders als ursprünglich einkalkuliert - für die Ausstrahlung von Handy-TV separate Zusatzgebühren. Sie befürchten, dass die Kunden ansonsten auf andere gebührenpflichtige Dienste verzichten könnten.
Nokia zuversichtlich
Bei den in Finnland hinter der versuchten Etablierung von Handyfernsehen stehenden Unternehmen Nokia und Digita will man das Scheitern des Projekts dagegen noch nicht wahrhaben: "Wir produzieren die ganze Zeit weitere End- und Zusatzgeräte für alle Preisklassen", sagte ein Nokia-Sprecher der finnischen Nachrichtenagentur STT.
Auch der digitale Netzbetreiber Digita hofft immer noch, ein für Kunden und Anbieter funktionierendes Geschäftsmodell auf die Beine zu stellen. Dieses soll eine Art monatliches Gebührenpaket für verschiedene Dienste sein, die das Handy-TV umfassen würde.
Neuorientierung
Beim finnischen Telekommunikationsanbieter Elisa glaubt man aber sowieso nicht mehr an einen Erfolg des Fernsehens per Mobiltelefon und setzt stattdessen auf individuell in hohem Maße auswählbare Dienste wie Video- und Schlagzeilen-Downloads.
(APA/futurezone)