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Justizministerium kritisiert Google Book Search

URHEBERRECHT
28.07.2009

In einer Anfragebeantwortung hat Justizministerin Claudia Bandion-Ortner scharfe Kritik an der Vorgehensweise von Google bei der Digitalisierung von Büchern geübt. So sieht sie durch einige Aspekte der Scan-Praxis von Google das Handelsabkommen TRIPS verletzt.

Im Rahmen der Beantwortung einer Anfrage des SPÖ-Nationalratsabgeordneten Johann Maier zum Thema Google Book Search übte die Justizministerin scharfe Kritik am Buchscan-Programm des Suchmaschinenkonzerns. Google hat in Kooperation mit zahlreichen Bibliotheken in den USA und Europa Bücher aus deren Beständen digitalisiert und möchte diese nun online zum Verkauf anbieten oder - falls die Texte gemeinfrei sind - kostenlos in Google Book Search zur Verfügung stellen. Eines der Probleme dabei: Google hat die Rechteinhaber nicht um Erlaubnis gefragt.

Österreichische Bibliotheken haben sich nicht an dem Programm beteiligt. Das wäre, nach Auffassung des Justizministeriums, ohnehin nicht legal. Artikel 42 Abs. 7 des heimischen Urheberrechtsgesetzes erlaube den hiesigen Bibliotheken zwar, ihren Bestand zum eigenen Gebrauch zu digitalisieren, allerdings sei dadurch eine Verwendung auf Googles Plattform nicht gedeckt.

Problem Schutzlandprinzip

Da die Scan-Vorgänge überwiegend in den USA vorgenommen worden seien, gelte das durch internationale Verträge abgesicherte Schutzlandprinzip, weswegen Google Book Search nach US-Urheberrecht zu beurteilen sei. Google steht auf dem Standpunkt, dass die Scan-Initiative unter US-Recht als "Fair Use" laufe und keine Zustimmung der Rechteinhaber notwendig sei. EU-Urheberrecht käme nur zur Anwendung, wenn die "Nutzungshandlungen" - also die Scans - in einem Mitgliedsstaat der EU vorgenommen worden seien. In der Tat hat Google auch mit Institutionen in EU-Mitgliedsländern zusammengearbeitet, beispielsweise mit der Bayerischen Staatsbibliothek und der Bibliothek der Universidad Complutense in Madrid. Bei beiden Projekten sind allerdings nur gemeinfreie Werke gescannt worden.

Wenn Google in der EU Bücher gescannt hat, bei denen das Copyright noch nicht abgelaufen ist, sehen die Juristen des Justizministeriums "keinen Ausnahmetatbestand" in der relevanten EG-Richtlinie 2002/29/EG, "der eine massenhafte Digitalisierung, wie von Google vorgenommen, decken würde".

Verstoß gegen TRIPS geortet

Auch das stark umstrittene Google Book Settlement, eine Einigung zwischen dem Suchmaschinenkonzern und US-Autorenverbänden, steht in der Kritik des Justizministeriums. Dass "aufgrund der Besonderheiten des US-amerikanischen Prozessrechts europäische Rechteinhaber genötigt sind, Erklärungen abzugeben, wenn sie das Recht nicht verlieren wollen, gegen bestimmte Nutzungen durch Google gerichtlich vorzugehen, erscheint mir vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Formfreiheit des urheberrechtlichen Schutzes nach Artikel 5 Abs. 2 der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst nicht unproblematisch", lässt die Ministerin verkünden.

Diese Bestimmung berühre auch das Handelsabkommen TRIPS der WTO. Bandion-Ortner würde es "begrüßen", wenn die Generaldirektion Handel der EU-Kommission prüfe, "ob die USA ihren Verpflichtungen nach dem TRIPS-Abkommen nachkommen".

Nachteile für EU-Projekte

Da sich Google aufgrund des Schutzlandprinzips nicht um die Zustimmung europäischer Rechteinhaber zu scheren brauche, seien EU-Konkurrenzprojekte wie die digitale Bibliothek Europeana gegenüber dem US-Konzern im Nachteil - ein Faktum, das übrigens auch EU-Medienkommissarin Viviane Reding kürzlich in einer Grundsatzrede scharf kritisierte.

Bevor weitere Schritte unternommen werden, will das Justizministerium die Veröffentlichung eines Berichts der EU-Kommission abwarten, dessen Erstellung auf Initiative der deutschen Delegation auf den Kultur-Ministerräten im Mai 2009 angestoßen wurde. Insgesamt stützt die Rechtsauffassung des Justizministeriums die Position der Rechteinhaber und Verwertungsgesellschaften in Österreich und Deutschland. So haben sich Literar-Mechana, die IG AutorInnen und der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels zusammengetan, um gemeinsam mit ihren Pendants in Deutschland und der Schweiz ihre Rechte gegenüber Google in den USA geltend zu machen. Eine Entscheidung des zuständigen New Yorker Gerichts zum Google Book Settlement steht bisher noch aus.

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(futurezone/Günter Hack)