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Linux-Spielekonsole "nicht nur für 'Verrückte'"

WIZ
31.07.2009

Mit seiner auf Linux basierenden mobilen Spielekonsole GP2X hat der koreanische Hersteller Gamepark Holdings vor allem die Community der europäischen Homebrew-Gamer erobert, die dafür zahlreiche eigene Spiele sowie Emulatoren entwickelt hat. Mit der neuen Version Wiz sollen nun auch Gelegenheitsspieler angesprochen werden.

Die Entscheidung für einen Gaming-Handheld mit Linux als Betriebssystem sei aus pragmatischen Gründen gefallen, erzählt Sang Hoon Park, Sales und Marketing Director von Gamepark Holdings ORF.at. "Wir wollten eigene Hardware entwickeln, hatten aber kein Geld für die Spiele. Also haben wir beschlossen, Linux als Betriebssystem zu nutzen, damit die Nutzer ihre eigene Software dafür entwickeln können. Glücklicherweise hat es funktioniert."

Seit Anfang Juni ist mit Wiz die jüngste Version der mobilen Spielekonsole GP2X auf dem Markt, auf der Games Convention Online in Leizpig stellt der Hersteller Gamepark Holdings die Konsole auf dem Partnerstand von Südkorea aus.

Konsole für Emulatoren

Die Community hat nicht nur eigene Spiele für den GP2X Wiz und seine Vorgänger entwickelt, vor allem die Emulatorenszene hat die offene Konsole für ihre Zwecke genutzt und zahlreiche ältere Spiele, darunter Atari, GameBoy, NES, Sega Mega CD oder DOS-Klassiker wie "Day of the Tentacle" darauf spielbar gemacht.

So hat sich der GP2X in den vier Jahren seit seinem Marktstart einen Namen als mobile Emulatoren-Konsole gemacht - hauptsächlich in Europa, wie Park erzählt. Erst mit dem Wiz, den es seit Anfang Juni gibt, steige nun die Nachfrage in den USA an, denn man bemerke, dass die Konsole "nicht nur für "Verrückte" sei.

OLED-Display mit 93 Gramm

Der nur 93 Gramm leichte GP2X Wiz wird von einem Pollux-Chipsatz mit einer ARM9-CPU mit 533 MHz (bis zu 700 MHz übertaktbar) angetrieben, der unter einem speziell angepassten Linux (Kernel 2.6) läuft. Er verfügt über 64 MB RAM, einen GB Flash-Speicher und einen 3-D-Chip. Inhalte können über SD-Karten hinzugefügt werden, der Akku mit 2.000 mAh soll sieben Stunden Betriebsszeit ermöglichen. Das 2,8 Zoll große OLED-Display ist touchfähig und bietet eine Auflösung von 320 mal 240 Pixel.

Das Gerät kann ab Werk und ohne Änderungen einerseits zum spielen, aber auch für Videos (MPEG4, XVID, DIVX mit einer Auflösung von bis zu 640 mal 480 Pixel und 30 FpS), Musik (OGG, WAV), als Bildbetrachter (JPG, BMP, GIF, PNG) und E-Book-Reader (ab Werk ohne PDF-Unterstützung) und durch das eingebaute Mikrophon begrenzt als Aufnahmegerät genutzt werden. Der Wiz unterstützt Flash bis Version 8. WLAN wurde aus Kostengründen nicht eingebaut, Park kann sich allerdings auch vorstellen, dass das Gerät über eine UMTS-Anbindung ins Netz geht.

Für Gamer und Bastler

Für den Nutzer ändert sich im Vergleich zu anderen Konsolen wenig, sagt Michael Mrozek von GP2X.de, außer dass die Spiele aus dem Netz geladen und auf die SD-Karte gespeichert werden. Interessierte können sich zudem den Linux-Quellcode aus dem Netz laden und den eigenen Bedürfnissen anpassen.

Die deutsche Community zählt laut Mrozek zwei bis dreitausend User, im englischsprachigen Forum gibt es 25.000 Nutzer: "Da ist alles dabei, von denen die nur spielen wollen bis zu denen, die nur programmieren möchten." Für den Wiz gebe es bereits über 500 Programme. Neben Spielen sind auch andere Anwendungen möglich, so nutze eine Firma den Wiz als Messinstrument, die passende Software wandle das Gerät auch in ein Xylophon um, erzählt Mrozek.

Online-Shop und WLAN-Adapter

Knapp an der Insolvenz

Einige Zeit sah es nicht so aus, als ob der Hersteller das Jahr 2009 überhaupt erleben würde. 2007 sei Gamepark Holdings knapp an der Insolvenz vorbeigeschrammt, erzählt Park, dazu kamen Probleme mit den Konsolen selbst, weil nicht genügend Geld für die Qualitätssicherung vorhanden war. Entsprechend fehlerhaft waren die ausgelieferten Geräten und die Nutzer beschwerten sich in den Foren.

Nach kurzer Verzweiflung und mit offenbar ausreichend Hartnäckigkeit habe Gamepark die Probleme in den Griff bekommen und das Nachfolgemodell "F200" auf den Markt gebracht. Mittlerweile verkaufe sich der GP2X ausreichend gut, um das Unternehmen mit Cash Flow, oder "Blut" wie Park sagt, zu versorgen.

Bisher hat sich der Linux-Handheld weltweit ungefähr 70.000 Mal verkauft, so Mrozek, der den europäischen Vertrieb übernommen hat, aber auch ein Verzeichnis für GP2X-Spiele pflegt. Vom Wiz wurden seit seinem Start im Juni 5.000 Stück gekauft, sagt Park, der erwartet, bis Ende des Jahres 35.000 Stück vom Wiz absetzen zu können - so viel, wie 2007 und 2008 in Summe vom GP2X verkauft wurden.

Dafür sollen auch der neue Online-Shop und der WLAN-Adapter, die im Dezember kommen, und von Gamepark Holding entwickelte Games mit Online-Funktion sorgen, sagt Park. "Der Wiz ist nun nicht mehr nur eine Konsole für die Homebrew-Szene, sondern kann eine viel breitere Gamerschicht ansprechen." Gameparks Online-Spiele auf dem Wiz sollen grundsätzlich kostenlos sein, Geld machen will der Hersteller mit besonderen Items wie stärkere Waffen oder neuer Kleidung für die Spieler-Avatare. Auch ein großer japanischer Hersteller werde seine Spiele auf dem Wiz bringen, Park wollte allerdings keinen Namen nennen.

Community "niemals" vergessen

Die bisherige Community soll dabei aber nicht vergessen werden, "niemals" versichert Park, denn diese hat nicht zuletzt dafür gesorgt, dass es die Konsole überhaupt noch gibt. "Das erste Modell entwickelten wir mit dem Traum, die erste eigene südkoreanische Konsole nach Art des GameBoy zu bauen. Dann haben wir bemerkt, dass es Leute gibt, denen sie gefällt, da haben wir dann halt weitergemacht", erzählt Park.

Der einzige Unterschied sei nun, dass Gamepark eigenes Geld für die Entwicklung von Spielen für den Wiz investiere, aber Linux und das offene System werde beibehalten - auch aufgrund der Nutzer und ihres Feedbacks, so Park.

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(futurezone/Nadja Igler)