© ORF.at/Nadja Igler, Besucher auf der Games Convention Online

GCO: Eine Messe sucht ihren Sinn

GAMES
02.08.2009

Als erste Messe für Online-, Browser- und Mobile Games hat die Games Convention Online (GCO) in Leipzig ein sichtbares Lebenszeichen für die Branche gesetzt, doch sie hat auch einige Fragen aufgeworfen: Ist eine Offline-Messe für Online-Welten das richtige Format? Geht es wirklich immer nur um Größe? Die GCO ist verbesserungswürdig, aber sie hat Potenzial.

Rund 20.000 Besucher kamen laut der Messe Leipzig am Samstag, dem traditionell stärksten Tag, auf die GCO, in Summe waren es von Freitag bis Sonntag 43.000 Besucher. Im Vergleich zu früheren Jahren muss man diese Zahlen klar als Misserfolg werten, doch das wäre zu kurz gegriffen - aus mehreren Gründen.

Laut Messeveranstalter zeigten in Leipzig 74 Aussteller auf 40.000 Quadratmetern ihre Neuheiten, 90 Prozent wollen wiederkommen.

Als rein für Online-, Browser- und Mobile Games konzipiert, fand die GCO dieses Jahr zum ersten Mal statt. Die zeitliche Nähe zur Gamescom in Köln und das Fehlen der großen, bekannten und damit zugkräftigen Aussteller, die alle in Köln sein werden, sowie das noch neue und unbekannte Konzept der GCO, hatte sicher viele Besucher vor einem Besuch in Leipzig abgeschreckt. Die erste Games Convention konnte ebenfalls nicht mit dem Rekord von 203.000 Besuchern wie letztes Jahr aufwarten, und es bleibt erst abzuwarten, wie viele Leute tatsächlich nach Köln kommen werden.

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Kollege Glashüttner von FM4 meint, dass die erste GCO "mit der sensationellen Unsexyness von nebeneinander gereihten Bildschirmen, auf denen simple Browser-Spielchen laufen, eine beinahe tragische Angelegenheit" ist - oberflächlich betrachtet. Doch Leipzig habe es schon einmal geschafft, aus einem belächelten, schwarzen Schaf einen Fixpunkt der internationalen Videospiel-Öffentlichkeitsarbeit zu machen.

Gute Geschäfte

Der spezielle Themenbereich, auf den die GCO abzielt, ist im Vergleich zum Rest der Branche noch klein, auch wenn es kräftige Zuwachsraten gibt. Die Zahl der Aussteller war entsprechend gering, die Messeleitung schaffte es nicht, die vielen kleinen Start-ups gerade in diesem Bereich anzusprechen. Diese versprechen sich in Köln womöglich bessere Geschäfte, wobei Leipzig laut dem einhelligen Feedback der Businessbesucher, auch der Besucher aus dem Partnerland Südkorea, sehr erfolgreich war. "Wir kommen wieder", so In-Sung Park von der staatlichen koreanischen Investment- und Geschäftsbeziehungsagentur KOTRA.

Es könnte allerdings auch der hohe reguläre Preis von 200 Euro für den Besuch der noch ausbaufähigen Konferenz der GCO gewesen sein, der die nicht ganz so finanzstarken Kreativen von Leipzig ferngehalten hat. Gleiches gilt übrigens für die Besucher: Elf Euro für eine Tageskarte (zehn Euro im Vorverkauf) ist happig für eine erwartungsgemäß kleine Messe. Hier sollte die Messeleitung wieder in kleineren Maßstäben denken.

Leere Hallen, wenige Themen

Das gilt auch für die Messeaufteilung selber: Gerade eine Halle haben die Aussteller locker aufgeteilt gefüllt, die zweite wurde von einer Kartbahn, einer Bühne, mehreren Imbissmöglichkeiten und Jahrmarktattraktionen wie Bowling mit Menschen belegt. Mit übermäßiger Lautstärke versuchten die Aussteller, die Löcher dazwischen zu füllen. Etwas gestrafft, wäre eine Halle ausreichend gewesen - dann allerdings hätten die Besucher für ihre elf Euro noch weniger zu sehen bekommen.

Für eine Messe mit dem Themenschwerpunkt Mobile Gaming waren auch viel zu wenige Handyentwickler an Ort und Stelle, gerade einmal die Samsung Mobile Challenge erinnerte daran, dass es in Leipzig auch um Handygames geht. In diesem Bereich wäre mehr möglich gewesen, wenn man etwa an den Erfolg des iPhones als Gaming-Plattform denkt. Laut Silvana Kürschner, zuständig für die strategische Ausrichtung der GCO, wurde zwar daran gearbeitet, iPhone-Entwickler auf die GCO zu bringen, es scheiterte aber an der Apple-Strategie, nur auf den eigenen Veranstaltungen aufzutreten.

Offline-Treffen für Online-Gamer

Ein weiterer Punkt ist die Frage, ob es überhaupt Sinn ergibt, eine Offline-Messe für Online-Welten zu veranstalten. Eine mögliche Antwort ist die virtuell im Netz besuchbare GCO, eine bessere das Community-Event des deutschen Anbieters Gameforge, der Hunderte seiner Communitybetreuer aus insgesamt 15 Nationen nach Leipzig einlud und ihnen einen eigenen Bereich mit Zeltstadt, Verpflegung und Partymöglichkeiten spendierte.

Dieser Ansatz ist ausbaufähig, die GCO könnte den vielen bestehenden Online-Spielern mehr Möglichkeiten geben, sich an Ort und Stelle offline zu vernetzen und auszutauschen und sich selbst als Treffpunkt und Event für Online-Communitys positionieren. Laut Kürschner wurde das Konzept auch so an die Aussteller herangetragen, doch nur Gameforge scheint darauf angesprungen zu sein.

Der Größenwahn und die Kostenfrage

Es gibt einige Möglichkeiten, mehr Besucher zur GCO zu locken - doch ist das wirklich das einzig wahre Ziel? 2006 gab es unter den Ausstellern der US-Gaming-Messe Electronic Entertainment Expo (E3) großes Gemurre ob der ständig steigenden Ausstellerkosten, woraufhin die E3 2007 radikal zurückgefahren wurde und aus Businessmeetings in Hotels bestand. Im Anschluss gab es wieder Beschwerden, diesmal, dass die E3 zu unattraktiv sei und wieder glamouröser werden sollte. Mittlerweile ist die E3 zu alter Größe zurückgekehrt, doch angesichts der eher mäßigen Geschäftszahlen im letzten Quartal könnte es sein, dass sich bald wieder jemand wegen der Messekosten beschwert - und das nicht nur in den USA.

Politik hat geschlafen

Der von der Branche genannte Hauptgrund für die Abwanderung nach Köln ist die mäßige Infrastruktur in Leipzig - ein Versäumnis der Politik, die die ohnedies strukturschwache Region in diesem Bereich nicht genug unterstützte. Es wird sich zeigen, ob und wie Köln mit einem Besucheransturm fertig wird.

Bis kurz vor Messebeginn gab es heuer in Leipzig leistbare Hotelzimmer und Flüge, die Taxis waren immer vorhanden (und klagten über 95 Prozent Umsatzeinbußen), die Straßenbahn von und zur Messe war ebenfalls nie überfüllt. Auf der Messe selbst gab es nur bei den Giveaways ein Gedränge, sonst war es an den Ständen relativ entspannt, wie Aussteller betroffen erklärten. Natürlich kann man dagegenhalten, dass die großen Attraktionen und Online-Größen wie Activision-Blizzard fehlten, die Warteschlangen wurden dafür nicht vermisst.

Gemischte Besucherreaktionen

Die Reaktion der Besucher selbst war durchwachsen: "Lahm" und Unflätigeres hieß es von denen, die mehr Pomp nach Art der alten Games Convention erwartet hatten, "gut" und "Ich bin zufrieden" von den Online-Gamern, die Leipzig dazu genutzt hatten, ihre Freunde aus den Spielen auch mal offline zu treffen. Entsprechend wollen die einen "sicher nicht mehr" wiederkommen, die anderen freuen sich aufs nächste Jahr und wünschen sich nur mehr kostengünstigere Übernachtungsmöglichkeiten und Zeltplätze in der Umgebung.

Die Messe Leipzig selbst versprach bereits, die GCO nachjustieren zu wollen, und die Gamescom selbst muss sich auch erst beweisen. Die Games Convention war immer als Besuchermesse angelegt, und für den Betreiber bedeuten mehr Besucher natürlich auch mehr Einnahmen, doch der deutsche Verband der Spielehersteller BUI entschied sich nun einmal für Köln, und damit werden die Besuchermassen vorerst dorthin abwandern.

Leipzig hat allerdings ganz offensichtlich beschlossen, zu kämpfen und mit der Ausrichtung auf Online-Games auf Innovation gesetzt. "Die Games Convention war zu Beginn auch ein kleines Pflänzchen, warten wir mal ab, was aus der GCO wird", so ein Leipziger Taxifahrer. 2010 werden wir sehen, ob das Pflänzchen gewachsen ist. Es ist Leipzig zu wünschen, dass die ausgewachsene Pflanze nicht wieder vom Acker gestohlen wird. Bis dahin braucht es aber noch ein wenig Dünger.

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(futurezone/Nadja Igler)