Handelsstreit über Online-Gambling wird härter
Die USA und die Europäische Union tragen derzeit einen Handelskonflikt um den milliardenschweren amerikanischen Glücksspielmarkt im Internet aus. Nach Ansicht der EU verstoßen die USA gegen Vereinbarungen der Welthandelsorganisation, weil sie den Markt nach außen abschotten. Der an der Wiener Börse notierte Anbieter bwin wittert Morgenluft.
Die EU-Handelskommissarin Catherine Ashton verhandelt derzeit mit den USA in Sachen Internet-Glücksspiel. Die Remote Gambling Association, die die europäische Spieleindustrie vertritt, hat sich bei der Kommission beschwert, da die USA strafrechtlich gegen europäische Unternehmen und Personen vorgehen, die am milliardenschweren Internet-Glücksspielmarkt in den USA beteiligt sind. So musste sich unter anderen auch das an der Wiener Börse notierte Unternehmen bwin aus dem US-Markt zurückziehen. Im Rahmen der GATS-Verhandlungen (General Agreement on Trade in Services) hatten sich die USA aber verpflichtet, ihren Markt zu öffnen.
USA signalisieren Härte
In einer umfangreichen Untersuchung stellte die Kommission jetzt fest, dass das Verhalten der USA "nicht gerechtfertigt und diskriminierend" sei. Die Kommission ist überzeugt, dass die USA gegen die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) verstoßen. Kommissarin Ashton mahnt daher: "Die USA müssen ihre WTO-Verpflichtungen respektieren. Ich hoffe, dass wir in diesem Fall eine einvernehmliche Lösung finden werden."
Derzeit bemüht sich Ashton gemeinsam mit dem US-Handelsbeauftragten und dem US-Justizministerium, eine rasche Lösung für den eher ungewöhnlichen Handelskonflikt zu finden, der bereits einige Jahre zurückreicht: Schon 2004 hatte die WTO in einem Schlichtungsverfahren festgestellt, dass die US-Strafgesetze gegen die WTO-Handelsvereinbarungen verstoßen. Statt Entschädigungsverhandlungen mit den betroffenen Ländern zu führen, wollen die USA aber von den Vereinbarungen zurücktreten.
Bwin hofft auf Revisionen
Konrad Sveceny, beim Glücksspiel- und Wettanbieter bwin zuständig für Investoren, rechnet auch angesichts der Verhandlungen zwischen der EU und den USA nicht mit amerikanischen Entschädigungszahlungen. Er glaubt jedoch, dass die Verhandlungen bereits bestehende Initiativen in den USA, den "Unlawful Internet Enforcement Gambling Act" aus dem Jahr 2006 zu revidieren und das Online-Glücksspiel wieder zu erlauben, unterstützen werden. Für Politiker würde in Zeiten der Wirtschaftskrise eine staatliche Beteiligung am Glücksspiel wieder attraktiv. Außerdem könne nur eine Regulierung den durch das Verbot geschaffenen Schwarzmarkt wieder auflösen.
Das Glücksspiel ist innerhalb der Europäischen Union umstritten. So ist in allen EU-Mitgliedsstaaten das Glücksspiel streng geregelt, um Verbraucher gegen Sucht und Betrug zu schützen, aber auch um Geldwäsche und andere Betrügereien zu unterbinden. In elf Staaten, darunter Österreich, ist das Internet-Glücksspiel ausdrücklich erlaubt, in neun Staaten wird es geduldet. In sieben Staaten ist der Betrieb von Online-Casinos, Online-Sportwetten und Online-Lotterien untersagt. Gegen zehn Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, hat die Kommission deshalb im Mai 2008 Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Die Staaten sollten prüfen, ob die nationalen Maßnahmen, die ein grenzüberschreitendes Angebot von Online-Glücksspielen unterbinden sollen, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind.
Markt für Glücksspiele boomt
Europaweit wurden im Glücksspiel im Jahr 2004 Umsätze zwischen zwei und drei Milliarden Euro erzielt, etwa fünf Prozent entfielen auf das Online-Glücksspiel, schätzt eine Studie des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung. Der über das staatliche Glücksspiel erzielte Umsatz stellt in vielen EU-Mitgliedsstaaten die wichtigste Einkommensquelle für Sportorganisationen dar. Der europäische Markt für Online-Glücksspiele floriert: Er wächst jährlich zwischen 8,4 Prozent in Österreich und Ungarn und 17,6 Prozent in Italien.
Internet-Glücksspielbetreiber müssen sich jedoch europaweit auf strengere Auflagen gefasst machen. Das Europäische Parlament beschloss im Frühjahr einen Bericht für einen besseren Jugendschutz. Jugendliche finden online nämlich leichteren Zugang zu Glücksspielen. Deshalb sollen die Betreiber wirksamere Mechanismen zur Altersverifizierung implementieren. Dabei soll auch die zunehmende Verbindung von Websites mit interaktivem Fernsehen und mobilen Diensten berücksichtigt werden.
Außerdem sollen Maßnahmen gegen aggressive Werbe- und Marketingmaßnahmen seitens staatlicher und privater Online-Glücksspielbetreiber ergriffen werden. Jugendliche sollen keine kostenlosen Glücksspieldemos spielen können. Als Schutzmaßnahme soll entweder ein maximaler Betrag festgelegt werden, den eine Person pro Monat für Glücksspiel ausgeben darf, oder die Betreiber von Online-Glücksspielen zum Vertrieb von Prepaid-Karten verpflichtet werden. Der Bericht ist die Vorstufe für eine gesetzliche Regelung, mit der sich das neue Parlament befassen soll.
(Christiane Schulzki-Haddouti)