Smartphones: Neue Konkurrenz fürs iPhone
Seit kurzem sind mit dem Samsung I8910 HD und dem G2 Touch zwei Handys auf dem Markt, die Maßstäbe setzen wollen: das Samsung-Handy mit Videos in HD-Qualität und das G2 Touch mit handgestrickten Features wie Multitouch als ernstzunehmende iPhone-Konkurrenten. Beide können beim Surfen im Netz dem iPhone nicht das Wasser reichen, sie punkten dafür in anderen Bereichen.
Während beim Samsung I8910 HD, auch bekannt als Omnia HD, vor allem das hochauflösende AMOLED-Display beworben wird, ist das Google G2 Touch - ohne Google-Branding als HTC Hero im Handel - eine beeindruckende Weiterentwicklung des ersten Google-Handys G1. Das G2 zeigt, was mit Googles Handy-Betriebssystem Android derzeit schon möglich ist.
Samsung I8910 HD: Dicker Brummer
Das I8910 HD ist mit seinen Außenmaßen von 12,3 x 5,8 x 1,29 cm (Höhe x Breite x Dicke) und 152 Gramm ein vergleichsweise klobiges Schwergewicht. Dafür ist das berührungsempfindliche AMOLED-Display (Active Matrix Organic Light Emitting Diode) mit seinen 3,7 Zoll auch größer als die Bildschirme der Konkurrenz. Es hat eine Auflösung von 640 x 360 Pixel und unterstützt 16 Millionen Farben.
Der Bildschirm des Samsung ist zwar nicht Multitouch-fähig, zeichnet sich dafür aber durch eine schnelle Reaktionszeit sowie hohe Farbbrillanz und Helligkeit aus und verbraucht zudem im Vergleich zu herkömmlichen LED-Displays weniger Strom. Mit einer Ladung des Lithium-Ionen-Akkus (1.500 mAh) schafft das Quad-Band-Handy laut Herstellerangaben eine 2G-Gesprächszeit von 13,5 Stunden und ein 2G-Standby von bis zu 600 Stunden.
Angaben zu den 3G-Verbrauchswerten liefert Samsung leider keine, dabei beherrscht das Gerät HSDPA (down bis zu 7,2 MBit/S) sowie HSUPA (up bis zu 5,76 MBit/S) und hat auch WLAN und GPS integriert, die ebenfalls genügend Strom verbrauchen. Dafür kann das Gerät über USB aufgeladen werden und muss nicht unbedingt an die Steckdose, wenn es etwa als Modem verwendet wird.
Handy als Bildermaschine
An Einstellungsmöglichkeiten spart die Samsung-Kamera nicht, unter anderem bietet sie manuellen Weißabgleich, Empfindlichkeitseinstellung bis ISO 1.600, Bildstabilisator, Blinzelerkennung und eine HDR-Option unter dem Namen Wide Dynamic Range (WDR).
Scharfe Bilder mit acht Megapixel
Die Acht-Megapixel-Kamera des Samsung-Handys ist hochwertig und liefert bei optimalen Verhältnissen scharfe Bilder mit bis zu 3.264 x 2.448 Pixel Auflösung. Von diesen Daten sollte man sich aber nicht täuschen lassen, es ist immer noch eine Handykamera mit winzigem Sensor, langsamem Autofokus und langen Verarbeitungszeiten. Vorausschauende Fotografen mit Fingerspitzengefühl können damit aber trotzdem gute und hochwertige Schnappschüsse herstellen. Blitz hat das Gerät allerdings keinen.
Im Videomodus kann das Kamerasubsystem des Handys mit einer maximalen Auflösung von 1.280 mal 720 Pixel mit Hilfslicht aufzeichnen, wobei eine 15-Sekunden-Aufnahme ein 18 MB großes File produzierte. Profiqualität darf man sich hier aber ebenfalls keine erwarten. Die integrierten Lautsprecher liefern dafür ausreichend Kraft, um ein zehn Quadratmeter großes Zimmer raumfüllend zu beschallen, wobei die Qualität deutlich höher ist als bei jenen Geräten, die einem mitunter auf der Straße zwangsbeglückend vorgeführt werden.
Bad Vibrations
Gewöhnungsbedürftig ist auch die Eigenart des Handys, alle Eingaben mit einer leichten Vibration samt Ton zu bestätigen. Diese "VibeTonz"-Effekte können aber ausgeschaltet werden.
Symbian mit umständlicher Oberfläche
Etwas zu leiden hat das Samsung-Handy unter dem Betriebssystem Symbian, das schon Nokias ebenfalls technisch top ausgestattetem Flagschiff N97 nicht zu Ruhm und Ehre verholfen hatte - auch wenn Samsung es, wie beim Omnia mit Windows Mobile, unter einer eigenen Oberfläche versteckt hat. Beim Omnia hieß sie noch TouchWiz, diesmal muss sie ohne Namen auskommen, die Umständlichkeit bei der Bedienung ist allerdings geblieben.
Wieder müssen die Programme aus einer am linken Bildschirmrand versteckten Leiste herausgezogen und auf dem Desktop abgelegt werden, um sie starten zu können. Ein direkter Link zum Zugang ins Internet ist dort übrigens nicht zu finden, dafür ein Link zu YouTube und Facebook. Ist man einmal im Browser angekommen, müssen Menüpunkte zweimal gedrückt werden, damit der gewünschte Befehl auch ankommt. Anderswo reicht ein einfacher Klick - diese Inkonsistenz in der Benutzerführung ist mitunter verwirrend.
Langsame Handschrifterkennung
Während auf dem N97 eine Tastatur (mit gewöhnungsbedürftiger Tastenbelegung) zur Verfügung steht, kann auf dem Omnia Text nur über den Touchscreen eingegeben werden. Dafür gibt es einerseits die klassische alphanumerische Handytastatur (voreingestellt), es gibt aber auch eine QWERTZ-Tastatur sowie eine Handschrifterkennung, die mit dem Finger bedient wird.
Die QWERTZ-Tastatur ist allerdings nur im Querformat nutzbar. Die Handschrifterkennung ist sehr langsam, aber dafür relativ akkurat. Etwas verblüffend: Die Worterkennung funktioniert nur mit der alphanumerischen Tastatur. Hier leistet das G2 mit seiner automatischen Wortvervollständigung und optionaler Rechtschreibkorrektur deutlich mehr.
G2 Touch: Google-Handy revisited
Das G2 Touch ist eine offensichtliche Weiterentwicklung des ersten Google-Handys und kommt, wie schon das HTC Magic, diesmal ohne Tastatur aus. Das eckige Design des G2 ist Geschmackssache, in der mattschwarzen T-Mobile-Version ist es auf jeden Fall unauffällig. HTC spendierte dem G2 einen sechsten Knopf für den direkten Zugang zur Suche, geblieben ist der zum Scrollen sehr nützliche Trackball, der nebenbei dabei hilft, die beim Gebrauch entstehenden Schlieren auf dem Touchdisplay zu minimieren. Geblieben ist auch das 3,2 Zoll große Display mit einer Auflösung von 320 x 480 Pixel. WLAN und GPS sind ebenfalls vorhanden.
Im Inneren des G2 Touch werkt diesmal als CPU ein Qualcomm MSM7200A mit 528 MHz, der 512 MB ROM und 288 MB RAM zur Verfügung hat. Das Quad-Band-Handy unterstützt HSUPA (bis zu zwei MBit/S up) und HSDPA (bis zu 7,2 MBit/S down). Das G1 hat halb so viel ROM und 192 MB RAM.
Mit 128 Gramm ist das G2 deutlich leichter als das G1 mit 158 Gramm und auch etwas kleiner. Die Kamera nimmt Bilder mit bis zu fünf Megapixel auf, das entspricht einer Auflösung von 2.560 x 1.712 Pixel. Die Bilder des G2 sind nicht so kontrastreich und brillant wie die des Samsung-Handys, doch das ist verschmerzbar. Beide Geräte nutzen MicroSD-Karten als Speichermedium. Die Akkuleistung (1.350 mAh) für das G2/Hero gibt HTC mit 470 Minuten Gesprächszeit in 2G-Netzen und 420 Minuten via 3G an. Auf Standby soll der Akku in 3G-Netzen 750 Stunden halten, in 2G-Netzen nur 440 Stunden.
Android mit iPhone-Geschmack
Mit dem G2 Touch wollten die HTC-Entwickler zeigen, was Android abseits der auf dem G1 und HTC Magic verfügbaren aktuellen Version 1.5 noch kann. Der Konzern verpasste dem G2 Touch nämlich - wie schon seinen früheren Windows-Mobile-Handys - eine eigene Oberfläche namens Sense. Das führt dazu, dass sich ein G1-Nutzer in mancherlei Hinsicht umgewöhnen muss, wenn er das neue Android-Handy vor sich hat. Will er das Gerät etwa entsperren, muss er mit dem Finger auf dem Display nach unten ziehen, anstatt, wie am G1, ein (optionales) Entsperrungsmuster nachzufahren.
Statt drei gibt es nun sieben personalisierbare Desktops, die für den schnelleren Zugriff relativ einfach mit oft gebrauchten Programmen belegt werden können. HTC baute zudem eigene Widgets ein, wie einen adaptierbaren Bildrahmen, eines für den Zugriff auf Twitter, eine Uhr, einen Nachrichtenticker, einen Kalender und eines für die Wettervorhersage. Auch die HTC-Eigenentwicklung Footprints fürs Geotagging ist auf dem G2 nun verfügbar.
Wirklich herausragend, da bisher unter Android nicht verfügbar, ist aber die Multitouch-Funktion, die HTC laut eigenen Angaben selbst für das G2/Hero entwickelt hat. Sie steht zum Beispiel in der Bildergalerie und im Browser zur Verfügung und macht das Hinein- und Herauszoomen aus Websites und Bildern deutlich einfacher als bisher. Auch sonst wirkt die Benutzerführung durchdacht, alles ist mit dem Finger problemlos navigierbar. Damit beweist HTC, dass in Android-Handys mehr steckt als bisher gezeigt wurde. Apropos Web: Wer will, kann auch Adobes Flash Mobile auf dem G2 nutzen.
Browsen mit Hindernissen
Dafür tut sich der Android-Browser (wie auch der Browser auf dem Samsungs I8910 HD) mit der passenden Anfangsskalierung von Websites deutlich schwerer: Während das iPhone die ganze Website anzeigt, richten der Symbian- und der Android-Browser die Anzeige an der linken oberen Ecke aus, ohne Rücksicht, ob etwa dabei ein Bild abgeschnitten wird oder nicht. So muss bei beiden immer gescrollt oder gezoomt (beim G2 über Doppeltipp) werden, damit man sich einen Gesamtüberblick verschaffen kann.
Bugs im System
Die mitgelieferte Software für das Samsung-Handy ist im Test ebenfalls nicht ganz fehlerfrei: Zuerst brauchte sie relativ lange für die Installation, dann fand sie, selbst nach mehrmaligen Neustarts und De-/Installationen, das Handy nicht, obwohl über den Windows Explorer bereits darauf zugegriffen werden konnte. Das ebenfalls von Samsung verfügbare New PC Studio schließlich ermöglichte den Zugriff und weitere Features wie SMS-Versand vom PC.
Der WLAN-Modus ist bei beiden Geräten mitunter zickig: Im ersten Anlauf verweigerte das Samsung das Surfen via WLAN ohne eingelegte SIM-Karrte überhaupt, später brach die Verbindung laufend ab. Einmal warmgelaufen, war das Surfen via WLAN recht flott - wenn auch lange nicht so schnell wie auf dem iPhone 3GS.
Auch das G2 verhaspelte sich im Test bei der reinen Verbindung via WLAN ohne eingelegte SIM-Karte und erklärte mehrmals, die aufgerufene Website nicht zu finden, selbst bei eingelegter SIM-Karte brauchte das Gerät trotz HSDPA und aktiver WLAN-Verbindung mitunter lange, um die gewünschte Site dann auch wirklich zu laden. Zwar hängt sich auch das iPhone beim Surfen mitunter auf, der WLAN-Modus ist allerdings deutlich unkomplizierter als beim G2 und beim Samsung I8910 HD. Im direkten Vergleich lud das iPhone 3GS (ebenfalls ohne SIM) Websites via WLAN deutlich schneller als das G2 und das Samsung-Handy.
Die iPhone-Konkurrenz holt auf
Am iPhone scheiden sich oft die Geister. Die einen sehen darin ein für den Arbeitsalltag unbrauchbares Gimmick, andere können sich auch nach langer Zeit noch für seine Features und sein Design begeistern. Fest steht aber, dass das iPhone zumindest in der Benutzerführung und auch beim mobilen Surfen im Netz Maßstäbe gesetzt hat, die offenbar so schnell niemand überbieten kann.
Das G2 zeigt aber, dass Apple kein Monopol auf bestimmte Errungenschaften hat und sich darauf auch nicht allzu lange ausruhen sollte, denn die Konkurrenz ist dem Konzern aus Cupertino auf den Fersen. Das Samsung I8910 HD wiederum beweist einmal mehr, dass Symbian S60 auf Touchscreen-Handys noch genügend Nachholbedarf hat, und die Hardware mitunter regelrecht ausbremst. So müssen Programme unter Symbian gezielt geschlossen werden, sonst laufen sie im Hintergrund weiter - was zwar nicht unbedingt ein Nachteil ist, wenn aber zu viele Programme laufen, wird das Gerät langsam. In Summe machte das I8910 HD im Test trotzdem mehr Spaß als das N97.
Es bleibt die Hoffnung, dass sich auf dem Markt der Handybetriebssysteme in Zukunft mehr tut als nur die Bereitstellung von App Stores in den verschiedenen Geschmacksrichtungen und das Anhäufen technischer Features. Statt optischer Leckerbissen sollten die Bedürfnisse der Nutzer wieder mehr in den Vordergrund gestellt werden. Dann klappt es auch mit dem Renommee.
(futurezone/Nadja Igler)