Ministerium publiziert Kosten für E-Voting
Knapp 900.000 Euro hat das Wissenschaftsministerium nach eigenen Angaben für das Projekt E-Voting anlässlich der ÖH-Wahl ausgegeben. Das geht aus der Antwort von Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen hervor.
Auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen Verfassungssprecherin Daniela Musiol hin hat das Wissenschaftsministerium am Dienstag auf der Parlamentswebsite nähere Details zu den Kosten des E-Voting-Systems anlässlich der letzten Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft veröffentlicht.
Nach der Aufstellung der einzelnen Posten des Ministeriums kostete die Aktion rund 871.655 Euro. Dazu kommen allerdings noch Posten, die von den teilnehmenden Institutionen wie Universitäten und Bundesrechenzentrum beispielsweise für die verwendeten Computersysteme übernommen wurden. Im Mai 2008 schätzte der E-Voting-Gegner Hans Zeger, Obmann der ARGE Daten, die Gesamtkosten für das Projekt auf rund zwei Millionen Euro.
Die E-Voting-Software der spanischen Firma Scytl schlug laut offiziellen Zahlen des Ministeriums mit 66.000 Euro zu Buche, die Zertifizierung der Wahlsoftware durch A-SIT kostete fast genauso viel, nämlich 54.837,72 Euro. Für die kostenlos an die Studierenden abgegebenen Kartenlesegeräte zahlte das Ministerium 104.847,89 Euro an die Firma Cryptas.
Werbung und Evaluierung
Größter Posten in der Aufstellung ist die Bewerbung des Projekts und der ÖH-Wahl mittels Zeitungsannoncen und Verteilaktionen. Hierfür zahlte das Ministerium rund 245.000 Euro. Das Projekt soll auch intern und extern evaluiert werden, für Letzteres sind rund 50.000 Euro budgetiert. Die Evaluierung will das Ministerium nach Fertigstellung auf seiner Website publizieren, ein Termin dafür stehe noch nicht fest. Für die Meinungsforschung zum Thema E-Voting überwies das Ministerium 47.800 Euro an das Unternehmen SORA, an Peter Hayek gingen für zwei "Meinungsbilder zu E-Voting unter Studierenden" einmal 13.980 und einmal 12.240 Euro.
An der ÖH-Wahl 2009 hatten sich 59.241 Personen beteiligt, davon machten 2.161 von der E-Voting-Option Gebrauch, die vom 18. bis zum 22. Mai zur Verfügung gestellt worden war. Das Wissenschaftsministerium hatte sich offiziell zum Ziel gesetzt, zwischen 2.000 und 2.500 Wahlberechtigte für das E-Voting zu interessieren. Dieses Ziel sieht das Ministerium als erreicht an. Die Wahlbeteiligung sank gegenüber 2007 von 28,72 auf 25,70 Prozent.
Störungen und Verzögerungen
An Problemen führt das Ministerium in seiner Antwort auf die Anfrage der Grünen das Online-"Testsystem" der ARGE Daten an, das es als "erfolglose Distributed Denial of Service Attacke" einstuft. Das Bundesrechenzentrum habe diese "in ihrer Effektivität einschränken" können, der Betrieb des Wahlsystems sei "zu keinem Zeitpunkt gefährdet" gewesen.
An der Universität Graz habe es "Darstellungsprobleme der E-Voting-Ergebnisse" gegeben, die erst später in der Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen hätten behoben werden können. An der Universität für Bodenkultur Wien seien Daten in einem Beurkundungsprotokoll vonseiten einiger Wahlkommissionen falsch eingegeben worden. Dieser Fehler sei mit Unterstützung des neuen Wahladministrationssystems entdeckt und später behoben worden.
Zentrales Verzeichnis
Durch den erstmaligen Einsatz des zentralen Wählerverzeichnisses und des Wahladministrationssystems kam es zu Verzögerungen bei der Zusammenführung der E-Voting-Stimmen mit den herkömmlich abgegebenen Stimmen, wodurch sich auch die Bekanntgabe der Ergebnisse verzögert hatte. In seiner Mitteilung schreibt das Ministerium, dass bei der Erstellung der elektronischen Wählerverzeichnisse "nicht mehr Fehler" aufgetreten seien als bei der Erstellung der Verzeichnisse für die Papierwahl, ohne dabei die Zahl der Vorfälle zu nennen.
Nach der Auszählung der Stimmen seien die Daten "nachweislich physisch und thermisch vernichtet" worden, schreibt das Ministerium. Ausgenommen davon waren die zu archivierenden Daten wie Stimmzettel und Niederschriften.
Umstrittene Quellcode-Evaluierung
Auch zur umstrittenen Einsichtnahme in den Quellcode der Wahlanwendung und des Clients nimmt das Ministerium in seiner Anfragebeantwortung Stellung. E-Voting-Kritiker wie die Informatiker Peter Purgathofer und Barbara Ondrisek, die auf ihrer Online-Plattform Papierwahl.at Informationen und kritische Beiträge zum Thema E-Voting sammeln, hatten die Einsichtnahme als unzureichend bezeichnet, da es nicht möglich gewesen sei, komplexen Code im Rahmen einer eintägigen Veranstaltung zu analysieren. Das Ministerium sieht durch die Einsichtnahme am 8. März die gesetzlichen Vorgaben erfüllt und teilt mit, dass die Veranstaltung am Bundesrechenzentrum vorzeitig geendet habe, weil "keine weiteren Fragen gestellt" worden seien.
Die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) und der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) gehen juristisch gegen den Einsatz des E-Voting-Systems vor, da sie das geheime Wahlrecht durch das System nicht ausreichend geschützt sehen. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wies Anfang August zwei Anträge aus dem Umfeld des RFS gegen E-Voting wegen formaler Mängel zurück. Die GRAS wollen über einen Einspruch gegen Wahlergebnis und ministerielle Verordnung den langen Weg durch die Instanzen bis zum VfGH beschreiten. Ob das E-Voting-System bei der nächsten ÖH-Wahl wieder zum Einsatz kommt, wollte das Ministerium zuletzt vom Ergebnis der internen und externen Evaluierung abhängig machen.
Kritik der Grünen
"Eigentlich hat Minister Hahn die klar gestellte Frage nach den Gesamtkosten des Projekts nicht beantwortet", so Daniela Musiol am Mittwoch zu ORF.at, "Beispielsweise sind in der Antwort auf die parlamentarische Anfrage unseres Wissenschaftssprechers Kurt Grünewald noch rund 171.000 Euro an Beratungskosten angegeben. Diese Summe fehlt hier oder wurde in andere Posten aufgeteilt. Es gibt keine Transparenz."