Konsequenzen nach Twitter-Prognosen bei Wahl
In Deutschland sind am Sonntag Prognosen zu den Ergebnissen der Landtagswahlen im Saarland, in Sachsen und Thüringen vor Wahlschluss über Twitter an die Öffentlichkeit gelangt. Den Verursachern drohen rechtliche Schritte.
Zu den Wahlen lagen bereits vor der Schließung der Wahllokale detaillierte Prognosen vor. Sie wurden am späten Sonntagnachmittag in der Kurznachrichtenplattform Twitter verbreitet. Die Mitteilungen hatten keine Quelle, beruhten aber wahrscheinlich auf Daten, die Wahlforscher erhoben hatten.
Die Zahlen der Twitter-Mitteilungen unterschieden sich nicht wesentlich von den Zahlen, die um 18.00 Uhr in ARD und ZDF verbreitet wurden. Die Sender stützten sich dabei auf Infratest dimap und die Forschungsgruppe Wahlen. WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn, verantwortlich für die Wahlberichterstattung der ARD, schloss die Weitergabe der Zahlen durch Mitarbeiter des Senders aus.
Prüfung eingeleitet
Die sächsische Landeswahlleiterin hat eine Prüfung der Verbreitung der Prognosen eingeleitet "Wir versuchen, dem Vorgang nachzugehen", sagte eine Mitarbeiterin der Behörde in Kamenz am Montag auf Anfrage. "Beschwerden per Mail oder Fax gibt es noch nicht." Aufmerksam geworden sei das Büro durch einen Bericht von Spiegel online. Demnach gehörte ein Account, über den Prognosen zu Sachsen versandt wurden, einem CDU-Funktionär aus Radebeul bei Dresden.
Geldbußen bis zu 50.000 Euro
Die Veröffentlichung von Nachwahlbefragungen ist in Deutschland am Tag der Stimmabgabe verboten. Es verstößt gegen Wahlgesetze, Wahlen werden anfechtbar. Der Hamburger Medienrechtler Ralf Burmester sagte, die Wahlgesetze seien eindeutig: "Das kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro belegt werden. Das kann vom jeweiligen Wahlleiter festgelegt werden."
Dabei sei die Art der Verbreitung nicht entscheidend. "Es geht um die Veröffentlichung. Ob die ein Flugblatt verschicken oder eben per Twitter oder im Radio oder wie auch immer - es ist durchgängig unzulässig, wenn es vor Schließung der Wahllokale erfolgt, weil eben immer die Gefahr der Wählerbeeinflussung gegeben ist."
"Schlicht und einfach Sauerei"
Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz fordert ein konsequentes Vorgehen gegen die Vorabverbreitung von Wahlprognosen im Internet. "Die gesetzlichen Möglichkeiten müssen voll ausgeschöpft werden, das ist schlicht und einfach eine Sauerei", sagte Wiefelspütz am Montag in Berlin.
Wiefelspütz warnte vor Schnellschüssen, sagte aber auch, dass man eventuell ein Verbot der Wählerbefragungen am Wahltag prüfen müssen. "Wir müssen sehen, ob die jetzigen Abläufe so korrekt sind", betonte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
Nervosität vor Bundestagswahl
Für die Bundestagswahl am 27. September hatte sich Wahlleiter Roderich Egeler schon vor einigen Tagen sehr besorgt gezeigt - er sprach von einem GAU (größter anzunehmender Unfall), wenn vor der Schließung der Wahllokale Ergebnisse verbreitet würden.
Egeler kündigte am Montag ein energisches Vorgehen gegen mögliche Vorabveröffentlichungen von Prognosezahlen im Internet bei der Bundestagswahl an: "Egal, ob über Twitter oder über andere Informationswege, die Rechtslage ist eindeutig: Vor Schließung der Wahllokale dürfen keine Ergebnisse von Wählerbefragungen nach der Stimmenabgabe veröffentlicht werden."
Bei der Wahl des Bundespräsidenten war am 23. Mai bereits vor der offiziellen Bekanntgabe des Wahlergebnisses durch Bundestagspräsident Norbert Lammert der Sieg Horst Köhlers über Twitter verbreitet worden.
(dpa)