Reparieren statt kaufen
Das Reparatur- und Servicezentrum R. U. S. Z. hat sich neben dem Instandsetzen von Computern, Unterhaltungselektronik und Haushaltsgroßgeräten auch auf die Reparatur von Nostalgiegeräten spezialisiert. Im Interview mit ORF.at spricht Geschäftsführer Sepp Eisenriegler über "Wegwerfwaren" und warum sich die Reparatur eines kaputten Handys nicht lohnt.
Im Jahr 1998 gründete Sepp Eisenriegler den sozialökonomischen Betrieb R. U. S. Z. Ziel war es zum einen, Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Auf der anderen Seite stand der Umweltaspekt, nämlich Produkte länger zu nutzen, anstatt öfter neue zu kaufen.
"Wir sind ein seriöser Reparaturbetrieb, weil wir nicht als verlängerter Arm der Verkaufsabteilung agieren, so wie die Vertragspartner von Herstellerfirmen", meint Eisenriegler. Das R. U. S. Z. im 14. Wiener Gemeindebezirk ist einer jener Betriebe, die am ReparaturNetzwerk Wien beteiligt sind. Alle Mitgliederbetriebe geben der Reparatur gegenüber dem "bloßen Recycling" den Vorzug.
Reparatur und Verkauf
Der Großteil der Arbeiten besteht in der Reparatur von Kundengeräten, dafür werden 80 Prozent der Zeit verwendet, der Rest geht in die Instandsetzung von Geräten für den Wiederverkauf. Repariert werden neben Haushaltsgroßgeräten (Waschmaschine etc.) auch Audio-, Video- und TV-Geräte. Die Ersatzteile bezieht das R. U. S. Z. großteils aus dem umfangreichen Materiallager im Keller des eigenen Hauses.
Besonders stolz ist das Zentrum auf seine Nostalgiegeräteabteilung. Wer sein altes Röhrengerät wieder aktivieren will, findet dort das fachkundige Personal und auch die passenden Ersatzteile. Im hauseigenen Shop, in dem funktionstüchtige gebrauchte Geräte günstig angeboten werden, gibt es auch eine Auswahl an Nostalgieradios zu kaufen.
Qualität zahlt sich aus
"In Österreichs Haushalten findet die Wiederverwendung nicht statt", kritisiert Eisenriegler. Oft würden die Händler bei der Lieferung der neuen Ware die Altgeräte mitnehmen und von professionellen Müllunternehmen "entsorgen" lassen. "Das bedeutet, die Geräte gehen direkt in den Schredder", so Eisenriegler, anstatt dass diese der Wiederverwendung zugeführt würden. Das sei auch der Grund, warum nur knapp 25 Prozent der Altgeräte die kommunalen Sammelstellen erreichen würden.
Der Geschäftsführer von R. U. S. Z. hat auch ein ökonomisches Argument für die Instandhaltung: "Bei qualitativ hochwertigen Produkten ist es billiger, diese reparieren zu lassen, anstatt sie neu zu kaufen." Ausklammern müsse man jedoch die "Wegwerfware", die es in jedem Warensegment gebe, wie etwa DVD-Player, die bereits um 27 Euro auf dem Markt erhältlich seien. "Hier ist das Produkt billiger als eine halbe Mechatroniker-Stunde." Bei billigen Geräten sei es daher empfehlenswerter, sich alle eineinhalb Jahre ein neues Gerät zu kaufen, anstatt in die Reparatur zu investieren – wäre da nicht das Umweltargument.
Seit 2005 gilt in Österreich die Elektroaltgeräteverordnung (EAG-VO), die auf einer EU-Richtlinie basiert. Demnach ist der Wiederverwendung von Geräteteilen und auch ganzen Geräten ein entsprechend hoher Stellenwert einzuräumen. In der Abfallhierarchie hat nach der Vermeidung, das heißt das Gerät erst gar nicht zu kaufen, die Wiederverwendung oberste Priorität. Erst an dritter Stelle steht die Verwertung, das heißt die Gewinnung von Sekundärrohstoffen aus Altgeräten.
Die EAG-VO basiert auf EU-Richtlinien aus dem Jahr 2002/03. Mehr dazu auf der Website des österreichischen Lebensministeriums.
Röhrenmonitore und Gamekonsolen unrentabel
Auch Spielkonsolen seien aus wirtschaftlichen Gründen nicht im Reparaturangebot, so Eisenriegler. Es habe sich gezeigt, dass die Kunden nicht bereit sind, dafür mehr als 20 bis 30 Euro auszugeben. Ein Kostenvoranschlag kostet jedoch 36 Euro. Das ist die Preisobergrenze, die von allen Mitgliedern des Reparaturnetzwerkes eingehalten wird. Zwar werden die Kosten für den Voranschlag von der Rechnung abgezogen, doch ein Reparaturpreis der unter 36 Euro liege, würde nicht einmal das decken.
Neben Computern werden auch Flachbildschirme repariert. Gebrauchte Röhrenmonitore gebe es zwar im hauseigenen Shop zu kaufen, aber Reparaturen würden keine mehr durchgeführt. "Derzeit ist der Marktpreis viel zu niedrig", erklärt Eisenriegler, der sich dafür einsetzt, dass in Verkaufspreise verpflichtend "externe Kosten" für Rohstoffe und Umweltverschmutzung mitkalkuliert werden sollen.
Das R. U. S. Z. ist auch als Verwertungspartner der Ö3-Wundertüten-Aktion tätig. Die Sammelaktion von alten Handys, deren Erlöse an die Caritas gehen, sei zwar ein Erfolg, Eisenriegler weist jedoch auch auf Studien hin, wonach in jedem österreichischen Haushalt mindestens vier ungebrauchte Handys liegen.
Über Müllanalysen wurde festgestellt, dass an den Altstoffsammelstellen in Wien monatlich rund 20 bis 25 Handys abgegeben werden, aber jährlich Hundertausende auf den Markt kommen. "Wenn sie auf der einen Seite nachweisbar auf den Markt kommen und auf der anderen Seite nicht verlassen, müssen sie noch da sein", so Eisenriegler.
60 Prozent der Handys werden wiederverwendet
Handys werden ebenfalls lediglich verwertet, aber nicht repariert. "Wir haben es probiert, aber es rentiert sich nicht", erzählt Eisenriegler. Dafür seien neue Handys einfach zu billig beziehungsweise bekämen viele Vertragskunden die Geräte von ihrem Betreiber ohnedies gratis. Zudem koste auch die Spezialwerkstätte sowie Personal für die elektronisch sehr anspruchsvolle Reparaturarbeit sehr viel Geld.
Im Rahmen der Verwertung werden die Handys von den Mitarbeitern gesichtet und ihre Funktion getestet. Der dabei am häufigsten festgestellte Schaden ist ein "blutendes Display" (schwarzer Fleck), erzählt Eisenriegler. Die Geräte werden danach nach Typen sortiert und in 60-Stück-Einheiten verpackt. Dann werden sie palettenweise an den bestbietenden Broker verkauft, deren Auftraggeber zumeist in Hongkong säßen.
"Die Paletten müssen gut durchmischt sein", das heißt mit billigen und qualitativ hochwertigeren Geräten, so Eisenriegler, "damit es einen guten Preis gibt." 60 Prozent der Geräte können wieder instandgesetzt und der Wiederverwendung zugeführt werden. Danach gelangen sie über Netzbetreiber in die Länder der Dritten Welt, viele davon kommen nach Afrika. "Dort sind Gesprächsminuten mittlerweile eine Alternativwährung", erklärt Eisenriegler.
Nostalgiegeräte im Shop des R. U. S. Z.
Spezialist für Nostalgiegeräte
Als Spezialist für Nostalgiegeräte kooperiert das Zentrum in diesem Bereich mit dem Tochterbetrieb Demontage- und Recyclingzentrum (D. R. Z.). Abfälle, die nur noch verwertet werden können, gehen an das D. R. Z., das auch mit Elektroaltgeräten von drei Wiener Mistplätzen der MA48 beliefert wird. Befindet sich ein Nostalgiegerät darunter, so geht das an die R. U. S. Z. "Aber woran wir besonders interessiert sind, sind die alten Bauteile wie Röhren", die in dieser Form nirgendwo mehr erhältlich seien und bei Reparaturen oft gebraucht würden.
Die Palette reicht von Wurlitzern über Vinylplattenspieler bis hin zu Röhrenradios, Tonbandmaschinen und Videorekordern nach dem System Video 2000. Das deutsch-österreichische System verlor einst den Kampf gegen das japanische VHS-System um die Vorherrschaft auf dem Videomarkt. "Wir sind sicher die Einzigen in Österreich, die diese Rekorder noch anbieten", so Eisenriegler.
Mieten statt Kaufen
Laut Eisenriegler sind Markengeräte den Billigprodukten auf jeden Fall vorzuziehen. Als Argument verweist er auf eine Untersuchung eines belgischen Universitätsprofessors, die das billigste Auto pro gefahrene Kilometer eruieren sollte. "Heraus kam, dass sich der Rolls-Royce aufgrund seiner langen Lebensdauer als die günstigste Marke erwies."
Allerdings können sich nur wenige Menschen einen Rolls-Royce leisten, daher bietet das Zentrum auch einen Mietservice für Unterhaltungselektronik und Waschmaschinen an. Für die Nutzung wird eine monatliche Gebühr bezahlt. Sollte es einen Schaden geben, so wird dieser innerhalb von zwei Werktagen behoben oder das Gerät ohne Mehrkosten ausgetauscht. "Das Problem ist nur, dass das Bewusstsein noch nicht so weit geschärft ist, dass man Dinge auch nutzen kann, ohne sie zu besitzen", meint Eisenriegler.
Mieten statt Kaufen: 17 bis 18 Euro monatlich kostet die Gebühr für diesen LCD-Bildschirm.
Finanzielle Probleme
Für alle im Shop von R. U. S. Z. erworbenen - ausschließlich gebrauchten - Produkte gilt die gesetzliche Gewährleistungsfrist von zwölf Monaten. "Wir verkaufen Produkte, die noch zehn Jahre ihren Dienst machen sollten", so Eisenriegler. Auch werde die Gewährleistung meist sehr kulant gehandelt, "wir reparieren oft auch, wenn es kein Gewährleistungsfall ist".
Finanziell kämpft das R. U. S. Z. um das Überleben. "Mit einem Reparaturgeschäft wird man sich nie eine goldene Nase verdienen", sagt Eisenriegler. "Wir haben die kritische Größe, um kostendeckend zu arbeiten, noch nicht erreicht." Der Geschäftsführer arbeitet ehrenamtlich im Betrieb, ansonsten müsste dieser schon längst zusperren.
(futurezone/Claudia Glechner)