Frequenzauktion für UMTS-Nachfolger LTE
Schon im ersten Quartal 2010 startet die Ausschreibung für den mobilen Breitbanddienst LTE mit Veröffentlichung der Unterlagen. Brancheninsider rechnen mit einer Frequenzversteigerung bereits rund um den Mai 2010, denn Österreich läuft Gefahr, seine Position als Nummer eins beim mobilen Breitband an Schweden zu verlieren.
Die Vorbereitungen für die Ausschreibung und Versteigerung der LTE-Frequenzen sind angelaufen. Eine diesbezügliche Order des Verkehrsministeriums erging dieser Tage an die Regulationsbehörde RTR.
Als Zeitpunkt für die Veröffentlichung der Ausschreibungsunterlagen für die UMTS-Nachfolgetechnik wurde seitens der RTR das erste Quartal 2010 genannt.
Bis dahin muss die in der RTR zuständige Telekom-Control-Kommission (TKK) Details wie Stückelung der zu versteigernden Frequenzpakete treffen. Im Anschluss geht das Verfahren an das Ministerium zur Genehmigung zurück.
Ausschreibungsfrist
Nach Veröffentlichung der Unterlagen läuft eine Ausschreibungsfrist von zumindest zwei Monaten laut Gesetzestext. Die Auktion könnte also frühestens im März stattfinden. Von ORF.at befragte Insider der Branche gehen davon aus, dass die Vergabe spätestens im Juni 2010 unter Dach und Fach sein sollte.
Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird sie deutlich anders verlaufen als die Vergabe der österreichischen UMTS-Frequenzen im November 2000.
Dot.com-Blase
Während die Dot.com-Blase da bereits am Platzen war, lagen die Erwartungen noch extrem hoch. Im Frühjahr 2000 war jedenfalls noch von Auktionserlösen zwischen 30 und 40 Milliarden Schilling (2,2 Mrd. und 2,9 Mrd. Euro) schwadroniert worden, am 3. November gab es nach nur zwei Tagen Auktionsdauer lange Gesichter im Ministerium. Der damalige Verkehrsminister Michael Schmid (FPÖ) zeigte sich enttäuscht, Finanzminister Karl-Heinz Grasser zeigte sich wenig erfreut über ein Ergebnis knapp über dem Ausrufungspreis.
Der Countdown läuft
Rund um den Globus liefen in den letzten August-Wochen Feldversuche mit superschnellem drahtlosem Breitband (Long Term Evolution, LTE) an. Vodafone testet in London, Verizon in Seattle, Motorola ärgert Ericsson mit Tests ausgerechnet in Stockholm. In Österreich präsentierten T-Mobile und Orange in Wiener Neustadt ihre LTE-Projekte.
Die Vergabe hatte bei sechs Bietern "nur" 11,443 Milliarden Schilling (832 Mio. Euro) eingebracht, was auf die Einwohnerzahl umgelegt 102 Euro ergab. Bei der Versteigerung in Deutschland im Frühjahr 2000 waren noch astronomisch anmutende 610 Euro pro Kopf gezahlt worden.
Die Kosten für UMTS
Von den sechs Bietern in Österreich wurden für die Lizenzen jeweils umgerechnet um die 110 Millionen Euro in die Staatskasse bezahlt. Dass auch diese Summe weitaus zu hoch angesetzt war, zeigte sich im Verlauf der nächsten Jahre. Die Folge war, dass der Ausbau der UMTS-Netze erheblich verzögert wurde, den Betreibern fehlte es dafür schlicht an Geld.
Für die LTE-Auktion erwarten Insider der Branche - abgesehen vom eher unwahrscheinlichen Fall, dass ein potenter internationaler Player überraschend auftaucht - diesmal ein Gesamtergebnis, das in der Gegend von 100 Millionen Euro liegen sollte. Zum einen können die Ausrufungspreise nach einer Änderung im Telekomgesetz nicht mehr willkürlich festgelegt werden, sondern sie werden nach einer Reihe von Faktoren berechnet.
UMTS-Fiasko
Zum anderen hat man aus dem Fiasko der UMTS-Anfänge staatlicherseits dazugelernt. Am Beispiel Schweden zeigte sich nämlich, dass eine Frequenzvergabe ohne Auktion nicht nur dafür gesorgt hatte, dass Schweden beim UMTS-Ausbau ganz vorne lag. Die Einnahmen des Staats waren dabei mittelfristig sogar höher.
Der kostenintensive Aufbau der Mobilfunknetze brachte dem Staat über Mehrwertsteuer und andere Abgaben schon in den ersten Jahren Millionensummen ein. Der schwedische Telekomzulieferer Ericsson verdiente prächtig an verkauftem Equipment. Schweden stieg zu einer der führenden Nationen im Bereich mobiles Breitband auf.
Welttestmarkt Österreich
Zum UMTS-Welttestmarkt aber wurde Österreich. Durch die Gunst der späten Stunde, die Auktion startet direkt in den Preisverfall nach Platzen der Dotcom-Blase, waren die Lizenzen in Österreich im europäischen Vergleich günstig.
Dazu kam ein sehr überschaubarer Markt, der vom Terrain her alle Stückerln spielte: schluchtartige Alpentäler, Mittelgebirge, Hügellandschaften bis hin zu Ebenen. Damit ließen sich auf einem kleinen, relativ rasch zu erschließenden Markt umfassende Erkenntnisse zum Netzaufbau in den unterschiedlichsten Topographien anderer Länder ziehen.
Schweden gegen Österreich
Österreich brachte dieser Testfeldstatus die Position als globale Nummer eins in der Marktpenetration bei mobilem Breitband ein.
Ob dieser Vorsprung halten wird, ist fraglich. In Schweden wurden bereits Aufträge für das nötige Equipment vergeben, denn der Aufbau der LTE-Netze ist überall dort schon jetzt möglich, wo UMTS-Sendeanlagen der neuesten Generation in Betrieb sind.
Die Aufrüstung
Hardware für HSDPA-Plus mit (theoretischen) 21 Mbit/sec pro Funkzelle kann nicht nur durch ein für 2010 erwartetes Software-Upgrade "aufgebohrt" werden, die Anlagen beherrschen auch den LTE-Standard. Auch wenn es noch überhaupt keine LTE-Endgeräte gibt, kann mit dem Umbau schon begonnen werden.
Das ist auch der Grund, warum ganz Europa den US-Breitband-Standard WiMax links liegen ließ, obwohl dafür seit Jahren Equipment vergleichsweise günstig verfügbar ist.
Warum LTE siegreich blieb
Da LTE anders als WiMax technisch der GSM/UMTS-Familie angehört, lässt es sich nahtlos in vorhandene Netze integrieren und ist abwärtskompatibel. Damit wurde der konkurrierende Standard WiMAX bereits verdrängt, bevor LTE überhaupt gestartet war.
Damit blieb WiMax trotz anfänglicher Unterstützung durch Intel und andere IT-Größen ein Nischenprodukt, das nur in jenen Weltregionen halbwegs erfolgreich ist, wo ein anderer Mobilfunkstandard als GSM/UMTS oder so gut wie gar kein Mobilfunknetz vorhanden war.
Gefährliche Royalties
Ein weiterer, schweren Fehler neben der überteuerten Frequenzvergabe aus den Startzeiten von UMTS sollte sich beim Nachfolgestandard nicht wiederholen.
Hersteller von UMTS-Komponenten von Qualcomm bis Ericsson hatten für Patentnutzungsgebühren ebenfalls absurd hohe Summen verlangt, sodass etwa Laptophersteller lange darauf verzichtet hatten, UMTS-Transceiver-Chips (Sender/Empfänger) in ihre Geräte standardmäßig einzubauen. Pro verbauten Chip wurden Royalties oder Nutzungsgebühren verlangt, die den Preis des UMTS-Chips selbst um das Zehn- bis Hundertfache überstiegen.
Der WLAN-Welterfolg
Im Gegensatz dazu wurden WLAN-Chips, bei denen keine Royalties fällig wurden, in solch großen Mengen verbaut, dass die Preise in den Keller fielen. UMTS-Chips blieben wegen viel geringerer Stückzahlen deshalb lange Zeit teurer, Laptops mit integrierten UMTS-Transceivern sind bis heute selten und auch dann nur im Hochpreissegment zu haben.
Es spricht also insgesamt ziemlich viel dafür, dass der Einzug von LTE um vieles schneller in die Alltagswelt einziehen wird als UMTS. Was Österreich betrifft, so ist es fraglich, ob die mit UMTS erreichte Position als Welttestmarkt zu halten sein wird.
Ericsson und Glas
Der große Konkurrent darum ist Schweden, das zwei entscheidende Standortvorteile hat. Schweden ist nicht nur Sitz des weltweit größten Mobilfunkzulieferers Ericsson, anders als in Österreich wurde dort eine Glasfaserinfrastruktur aufgebaut, die Ihresgleichen sucht.
Derlei braucht es aber für die neueste Generation der mobilen Breitbandnetze, die erst "bis zu" 100 Mbit/sec und später mehr Bandbreite pro Funkzelle leistet. In der Anfangszeit ist es zwar möglich, derartige Datenmengen über starke Richtfunkverbindungen abzutransportieren, doch schon beim nächsten Upgrade auf noch mehr Bandbreite braucht man dafür Glas.
Glasfaser in Österreich
Im Juni ging eine Novelle zum Telekomgesetz durch das Parlament, die den Glasfaserausbau in Österreich unterstützen soll. Kernaussagen: Jeder Netzbetreiber muss jeden anderen in seine Netze lassen. Glasfaserleerrohre auf öffentlichem Grund sind Mitbewerbern gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen. Mehr Wegerechte und weniger Bürokratie soll es für Netzbetreiber geben.
Das aber ist in Schweden bereits in großer Flächendeckung verfügbar, während in Österreich zwar Mengen von Glasfasern im Boden liegen, die aber meist noch nicht "beleuchtet" sind oder vor allem von den Infrastruktur-Eigentümern selbst genützt werden. Kurz gesagt, es gibt lauter Backbones, die sehr oft parallel verlaufen, aber es gibt kein Netz.
Wann das erste LTE-Netz startet
Auf die Frage, wann mit der ersten Inbetriebnahme eines LTE-Netzes - die wie bei UMTS schrittweise erfolgen wird - zu rechnen sein könnte, heißt es aus der TKK in einer knappen Stellungnahme: "Es handelt sich dabei um eine Entscheidung der Netzbetreiber. Unter der Voraussetzung, dass auch entsprechende Endgeräte verfügbar sind, könnte wohl mit Ende 2010 zu rechnen sein."
(futurezone / Erich Moechel)