"Raubzug durch die Weltliteratur"
Österreichische Autoren, Buchhändler und Verlage machen gegen Googles Buchdigitalisierungsprojekt Google Books und die zwischen dem Internet-Unternehmen und US-Autoren- und -Verlegerverbänden getroffene Einigung mobil.
Die Dimension ist laut Sandra Csillag, Geschäftsführerin der Urheberrechtsgesellschaft Literar-Mechana, gewaltig: Mit seinem Bücherdigitalisierungsprojekt begehe Google "die größte Urheberrechtsverletzung in der Geschichte des Urheberrechts". Gerhard Ruiss von der Interessengemeinschaft österreichischer Schriftsteller, IG Autoren, spricht von einem "Raubzug Googles durch die Weltliteratur". Bisher seien mehr als sieben Millionen Titel aus mehr als 100 Ländern ohne Genehmigung der Rechteinhaber digitalisiert worden, darunter auch eine große Zahl von Werken österreichischer Autoren und Verlage.
Am Freitag läuft die Einspruchsfrist gegen die im Herbst 2008 getroffene Einigung zwischen Google und US-Autoren- und -Verlegerverbänden zur Nutzung digitalisierter Werke ab. Im Oktober soll schließlich ein New Yorker Gericht über das Google Book Settlement entscheiden.
Europäische Autoren betroffen
Der Vergleich gilt zwar nur für die USA, umfasst aber auch Werke europäischer Autoren und Verlage. Sollte die Einigung von dem Gericht abgenickt werden, würde die Digitalisierung dieser Werke und die Online-Nutzung in den USA legalisiert, hieß es bei einer Präsentation der Maßnahmen gegen das Google Book Settlement am Donnerstagvormittag in Wien.
Die Einigung zwischen Google und US-Autoren- und -Verlegerverbänden sieht unter anderem vor, dass Google die Autoren und Verleger digitalisierter Bücher zu 63 Prozent an etwaigen Einnahmen bei der Vermarktung der Bücher im Netz - etwa durch den Verkauf oder die Platzierung von Werbung - beteiligt. Zusätzlich gibt es für die Rechteinhaber von Büchern, die vor Inkrafttreten des Vergleichs von Google gescannt wurden, bis zu 60 Dollar pro Titel.
Einwände eingebracht
Der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HVB) hat gemeinsam mit europäischen Verlegerverbänden und Verlagen Einwände gegen die Einigung vor dem zuständigen New Yorker Gericht eingebracht. Google habe mit der Massendigitalisierung von Buchinhalten der Branche einen enormen Schaden zugefügt, kritisierte Gerald Schantin, Präsident des Hauptverbandes.
Der Schriftsatz mit den Einwänden wurde laut dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels am Montag beim Bezirksgericht in New York eingereicht. Am Freitag endet in den USA die Einspruchsfrist gegen das Google Book Settlement. Das New Yorker Gericht will sich am 7. Oktober vor einer abschließenden Beurteilung bei einer Anhörung (Fairness Hearing) mit den Einwänden befassen.
Der Vergleichsvorschlag, der ohne den Einbezug europäischer Verlage und Autoren ausgehandelt wurde, widerspreche den Grundprinzipien des Urheberrechts. Europäische Verlage seien auch nur ungenügend und missverständlich über die Einigung informiert worden. Die angebotenen Entschädigungszahlungen seien zu gering, so die zentralen Punkte des von einer New Yorker Kanzlei im Auftrag der Buchhandels- und Verlegerverbände vor Gericht eingebrachten Papiers.
Entschädigung und Entfernung der Werke
Die Urheberrechtsgesellschaft Literar-Mechana will die im Vergleich vorgesehene Entschädigungszahlung von bis zu 60 Dollar pro Buch flächendeckend für österreichische Autoren einsammeln und die Entfernung der betroffenen Werke aus der Datenbank verlangen. Man biete Österreichs Autoren ein Geschäftsmodell an und wolle die Digitalisierungsrechte in deren Namen wahrnehmen und nicht Google anbieten, kündigte Csillag an. 45 Prozent der Bezugsberechtigten hätten das Angebot laut Csillag bereits angenommen: "Damit haben es die Rechteinhaber wieder in der Hand, wie sie über ihre digitalen Rechte disponieren wollen."
"Nicht gegen Digitalisierung"
Man sei nicht gegen die Digitalisierung von Büchern, versicherten die Vertreter der Interessenverbände. Die Rechteinhaber sollten es jedoch in der Hand haben, über die digitale Nutzung ihrer Werke zu entscheiden: "Gegen die Digitalisierung ist niemand."
Es sei auch nicht so, dass abgesehen von Google überhaupt nicht digitalisiert werde, sagte Benedikt Föger vom Czernin Verlag unter Verweis auf die europäische digitale Bibliothek Europeana. "Das dauert zwar länger und ist finanziell sehr aufwändig", so Föger."Dafür stimmt die Qualität."
"Fehlerhafte Autoren- und Titelangaben"
Bei der Google-Datenbank würden sich viele fehlerhafte Autoren- und Titelangaben finden. Daneben würden viele Titel, die lieferbar sind, als vergriffen angegeben. "Das kann Probleme auslösen", so Föger. Für Google hätten solche Fehler jedoch den Vorteil, dass als vergriffen deklarierte Werke im Volltext im Netz verwendet werden dürften, ergänzte Ruiss
Für den Autor ist es auch entscheidend, in welchem Kontext und welcher Aufmachung ein Buch erscheint. Google lasse sich in der Einigung mit den US-Autoren- und -Verlegerverbänden auch das Recht einräumen, Werbung zu Buchtexten zu schalten. Die Integrität des Textes sei dadurch gefährdet, so der Autor: "Wer die Unversehrtheit meines Textes nicht gewährleisten kann, ist der falsche Vertragspartner."
(futurezone/Patrick Dax)