© Electronic Arts, Screenshot aus

"The Beatles" for Sale

DIGITAL
09.09.2009

Am Mittwoch erscheinen nicht nur die neuen Beatles-Remasters, sondern mit "The Beatles: Rock Band" auch gleich ein passendes Videospiel dazu. Damit sind die "Fab Four" nun doch im digitalen Zeitalter angekommen. Anatol Locker hat CDs und Spiel unter die Lupe genommen.

Die Beatles haben etwas Monolithisches an sich. Sie sind für die Popmusik, was Mozart für die Klassik ist: schöne Melodien, kluge Instrumentierung, packende Stimmen und eine magische Zutat, die die Hörer im Inneren berührt. Moderne Klassiker also, die man schon nach den ersten Noten erkennt. Dass die Songs von John Lennon und Paul McCartney auch heute etwas Packendes haben, ist unbestritten.

Weniger erfreulich sah es mit der Qualität der bisher erschienenen Beatles-CDs aus: Die war gelinde gesagt mittelmäßig. "Als die Alben auf CD erschienen, steckte die Digitaltechnik noch in den Kinderschuhen", konstatiert Harald Engel, Pressechef von EMI Deutschland. Nun korrigiert die Plattenfirma und bringt alle Studioaufnahmen der Beatles digital restauriert auf den Markt.

Fixing A Hole

Bisher gibt es die Songs der Beatles nicht in digitaler Form zu kaufen.

Vier Jahre lang bearbeiteten sechs Tontechniker die zwölf Studioalben der Beatles, von "Please Please Me" bis zu "Let It Be". Die Tapes wurden digital abgegriffen und anschließend auf einer analogen Konsole in den Abbey-Road-Studios neu gemischt. Dabei wurde akribisch darauf geachtet, den Gesamteindruck nicht zu zerstören oder gar modische Komponenten einzubauen. Die Arbeit des genialen Beatles-Produzenten George Martin und seine Art, die Instrumente im Stereobild zu verteilen, wurden nicht angetastet.

Hauptsächlich wurde mit EQs gearbeitet und Bandrauschen nicht brutal ausgefiltert. Nun klingen die Stimmen präsenter, Instrumente lassen sich besser orten, Bässe klingen druckvoller - das Ergebnis ist spürbar besser, wenn auch teilweise ungewohnt.

Am stärksten fällt der Eingriff natürlich bei den vier Monoalben "Please Please Me", "With the Beatles", "A Hard Day's Night" und "Beatles for Sale" auf, die in Stereo eine neue Wucht entfalten und unbekannte Facetten enthüllen. Die Alben, darunter auch die Singles-Kollektion "Past Masters I & II", erscheinen als Einzel-CDs oder als Box für 199 Euro. Sammlern wird eine Box "The Beatles in Mono" angeboten.

With A Litte Help From My Friends

Dass Plattenfirmen auch die Nähe von Spielern suchen, ist kein Geheimnis. Schließlich sind Musikspiele eine der letzten Bastionen, die von Urheberrechtsverletzungen relativ unberührt sind. Und wenn man schon einmal die Einzelspuren der Beatles herauskramt, lässt sich daraus natürlich herrlich ein Musikspiel machen.

Da es von den Beatles für eine "reale" Bebilderung zu wenig Material gibt, hat sich Harmonix eine interessante Lösung einfallen lassen. Sie engagierten Zeichner der Gorillaz-Videos, die eine unverwechselbare, sehr persönliche Optik schufen.

Das Spielprinzip von "The Beatles: Rock Band" gleicht "Rock Band" und "Guitar Hero" aufs Haar. Der Spieler versucht, im richtigen Moment heransausende Noten zu "treffen", indem er den passenden Taster auf seinem Gitarren- oder Drumcontroller drückt. Je besser er die Töne trifft, desto mehr Punkte sammelt er - und schaltet damit unveröffentlichte Beatles-Fotos frei.

Neu sind dagegen die dreistimmigen Gesangsspuren, die häufig von den Beatles eingesetzt wurden. Vollbesetzung heißt also drei Mikros, zwei Gitarren, ein Bass und das Schlagzeug. Die Gesangsspuren lassen sich für jeden Song üben - was auch notwendig ist, denn die Harmonien sind vertrackter, als man denkt. Die mehrstimmigen Chorsätze und happigen Bassläufe bringen zudem selbst Profis ins Schwitzen.

Der Karrieremodus, das Gustostückerl des Spiels, startet im Cavern Club. Wer genügend Songs gespielt hat, absolviert als Band einen Auftritt in der "Ed Sullivan Show", um neue Songs freizuschalten. Auch das legendäre "Get Back"-Konzert auf dem Dach der Savile Row ist nachspielbar. Manche Songs orientieren sich an historischen Konzerten, andere fallen in die Kategorie "Dream Events". Zusätzliche Songs können online gekauft werden.

Can't Buy Me Love

Die meisten Instrumentencontroller, die in Spielerhaushalten zu finden sind, lassen sich problemlos einbinden. Das "Limited Edition Premium Bundle" beinhaltet die Software, ein Mikro mit Ständer, den Nachbau von McCartneys Höfner-Gitarrenbass und ein "Rock Band"-Schlagzeug, das mit einer Frontplatte auf Beatles getrimmt wird. Das Set kostet 199 Euro. Wer noch mehr will, kann Lennons Rickenbacker-325-Nachbau oder George Harrisons Duo-Jet-Gretsch erwerben. Mehr Beatles geht dann aber wirklich nicht.

Your Mother Should Know

Es gibt wenige Spiele, die sich derart bewusst zwischen alle Stühle setzen. Schließlich sind die Beatles-Fans meist schon in den 50ern, "Rock Band"-Spieler oft unter 40. So ist die Veröffentlichung von "The Beatles: Rock Band" ein Wagnis, auch wenn viele Jugendliche die Songs mögen. "The Beatles: Rock Band" ist gut gemacht, versprüht Charme und hat gute Chancen, auch eine ältere Generation vor die Konsole zu locken. Zeitlos sind die Songs in jedem Fall.

(Anatol Locker)