© AP/Michel Spingler, Französische Flagge

Netzsperrengesetz auf dem Weg

FRANKREICH
15.09.2009

Die französische Nationalversammlung hat den nachgebesserten Gesetzesentwurf zu Netzsperren nach wiederholten Urheberrechtsverletzungen am Dienstag mit den Stimmen der Regierungsmehrheit angenommen. Die Opposition drohte neuerlich mit einer Verfassungsklage.

In Frankreich hat die Regierung einen neuen Anlauf genommen, die umstrittenen Netzsperren nach wiederholten Urheberrechtsverletzungen einzuführen. Die Abgeordneten der Nationalversammlung in Paris nahmen am Dienstag einen nachgebesserten Entwurf mit den Stimmen der konservativen Regierungsmehrheit an. 285 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, 225 dagegen.

Nun geht das schon mehrfach geänderte Gesetzesvorhaben in einen Vermittlungsausschuss, bevor Nationalversammlung und Senat Ende des Monats endgültig darüber abstimmen sollen. Die Zustimmung gilt angesichts der Mehrheitsverhältnisse als sicher.

Klage vor Verfassungsrat angekündigt

Die Sozialisten, die bereits eine erste Version des Gesetzes zu Fall gebracht hatten, kündigten aber bereits eine neue Klage vor dem Verfassungsrat gegen das Vorhaben an.

Die konservative Regierungsmehrheit versucht seit Monaten, das Gesetz in Kraft zu setzen. Auf Antrag der Sozialisten hatten Frankreichs oberste Verfassungshüter im Juni den ursprünglichen Plan gekippt, die bis zu einjährige Internet-Sperre durch eine Behörde verhängen zu lassen.

Die in dem Gesetz vorgesehenen Netzsperren würden der Kommunikationsfreiheit widersprechen, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgelegt sei und heute auch die Nutzung des Internets umfasse, erklärte der Verfassungsrat. Über einen solch schweren Eingriff dürfe nur ein Richter entscheiden und nicht eine von der Pariser Regierung geplante Kontrollbehörde HADOPI (Haute autorite pour la diffusion des oeuvres et la protection des droits sur Internet).

Schnellverfahren

Nun muss laut dem Gesetzesentwurf ein Richter in einem Schnellverfahren darüber entscheiden. Doch auch das nachgebesserte Vorhaben kam vor der Sommerpause nicht mehr durch das Parlament, weil dagegen rund 900 Änderungsanträge eingereicht wurden.

Nach den Regierungsplänen sollen Internet-Nutzer, die verdächtigt werden, Urheberrechtsverstöße begangen zu haben, zunächst zwei Abmahnungen erhalten. Werden die vermeintlichen Urheberrechtsverletzungen nicht eingestellt, kann die zuständige Behörde HADOPI vor Gericht ziehen.

Anhörung nicht vorgesehen

Um schnelle Urteile zu ermöglichen, werden die Entscheidungen wie bei minderschweren Verkehrsdelikten vor kleinen Kammern mit nur einem Richter gefällt. Eine Anhörung der Beschuldigten ist nicht vorgesehen. Ein Publikum ist zu den Verhandlungen nicht zugelassen.

Neben der Sperre sind auch eine Geldbuße von bis zu 300.000 Euro und eine maximal zweijährige Gefängnisstrafe möglich. Gesperrte Internet-Nutzer müssen zudem ihre Anschlussgebühren weiterzahlen.

Opposition für Urheberrechtsabgabe

Die Sozialisten schlagen statt der Sperre eine Urheberrechtsabgabe vor, um Künstler für die kostenlose Verbreitung ihrer Werke über das Netz zu entschädigen.

In Österreich nicht geplant

Während mittlerweile auch in Großbritannien Netzsperren nach Urheberrechtsverletzungen diskutiert werden, hat die österreichische Justizministerin Claudia Bandion-Ortner einem solchen Vorgehen zuletzt eine Absage erteilt.

Zugangssperren seien ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in grundsätzlich geschützte Rechtspositionen wie die Privatsphäre und das Recht zur Freiheit zum Empfang von Meinungen, sagte die Ministerin im Juni bei einem Symposium in Wien. Der Rechtsrahmen in Österreich sei "durchaus ausreichend, um erfolgreiche Strategien" gegen Urheberrechtsverletzungen im Netz zu entwickeln.

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(futurezone/AFP/dpa)