Schlanke Zeiterfasser im Web
Den Arbeitsaufwand für Projekte zu dokumentieren und zu verwalten ist für Selbstständige und kleinere und mittlere Unternehmen nicht immer leicht. Mit freckle und timr bieten zwei österreichische Start-ups webbasierte und mobile Zeiterfassungs- und Zeitmanagementlösungen, mit denen sie vor allem international reüssieren wollen.
Unzufriedenheit mit vorhandenen Angeboten ist eine gute Triebfeder. Weil existierende Zeiterfassungslösungen zu kompliziert waren, haben die österreichischen Start-ups abloom und troii selbst Lösungen entwickelt.
"Wir haben nichts gefunden, was wir wirklich verwenden wollen", erinnert sich Philipp Markovics von der Wiener Web-Agentur abloom. Gemeinsam mit dem befreundeten US-Unternehmen slash7, das mit denselben Problemen zu kämpfen hatte, machten sich Markovics und seine Partner im Frühjahr 2008 an die Entwicklung von freckle.
"Einfach und schmerzfrei"
"Zielvorgabe war, dass das System einfach und schmerzfrei zu bedienen sein soll", so Markovics. Seit Dezember 2008 ist freckle, die in Kooperation mit slash7 entwickelte Lösung zur Zeiterfassung, online.
Auch Mario Breid vom oberösterreichischen Software-Unternehmen troii konnte vorhandenen Lösungen nichts abgewinnen. Er vermisste die Möglichkeit, die auf Kundenbesuchen verbrachte Zeit auch unterwegs zu erfassen. "Das nachträgliche Protokollieren der Arbeitsstunden war uns zu zeitaufwendig", erläutert Breid. "Viele Lösungen waren von der Struktur her auch zu starr."
Web-Applikation und mobiler Client
Seit Mai bieten der Software-Entwickler und seine beiden Partner ihre Zeiterfassungslösung timr als Web-Applikation und nativen mobilen Client für den BlackBerry an. Native Clients für das iPhone sowie für Windows-Mobile- und Android-Mobiletelefone befinden sich bereits in der Testphase.
Drei Eingabefelder
Beide Dienste versuchen auf ihre Art, die Zeitaufzeichnung zu vereinfachen. Freckle kommt mit einem auf drei Felder (Datum, Klient oder Projekt und Beschreibung/Tag) reduzierten Formular aus. Projekte müssen nicht eigens konfiguriert werden.
Freckle wurde von der Wiener Web-Agentur abloom (Philipp Markovics, Christian Mayer und Dieter Komendera) gemeinsam mit dem befreundeten US-Unternehmen slash7 entwickelt.
Die Eingabe kann auch ohne Verwendung der Maus komplett über die Tastatur erfolgen. "Wir haben versucht, so wenig Blockaden wie möglich einzubauen", erläutert Markovics. Seit kurzem bietet freckle auf Wunsch seiner Kunden auch ein Feature namens Timer an, mit dem die für Projekte aufgewandten Arbeitsstunden in Echtzeit protokolliert werden können.
Hinter timr steht das oberösterreichische Unternehmen troii, das von Mario Breid, Wolfgang Brandhuber und Thomas Einwaller gegründet wurde und neben dem Zeiterfassungstool auch Lösungen zur Unternehmensdokumentation und zum unternehmensinternen Ideenmanagement anbietet.
Start/Stopp-Funktion und mobile Clients
Timr setzt bei der Zeiterfassung bereits seit Beginn auf eine Start/Stopp-Funktion, mit der die Arbeitszeit an Projekten im Hintergrund automatisch aufgezeichnet wird. Die Messung lässt sich auch nachträglich korrigieren.
Native Clients für verschiedene Plattformen sollen die einfache Bedienung des Tools auf dem Handy gewährleisten. "Die Eingabe über eine mobile Web-Applikation wäre zu kompliziert", so Breid. Die Arbeitszeiten an einem Projekt werden bei timr entlang hierarchischer Strukturen dokumentiert. Die Lösung beinhaltet auch ein Fahrtenbuch zur Dokumentation zurückgelegter Wege.
Beide Lösungen konzentrieren sich auf die Zeiterfassung. Über offene Schnittstellen sollen sie jedoch mit anderen Systemen, etwa Billing- und Projektmanagementlösungen, verbunden werden können.
Lösung auch von der mobilkom
Am Dienstag stellte auch die mobilkom austria gemeinsam mit dem Wiener Unternehmen mobile-data eine mobile Zeiterfassungslösung vor. Zur Erfassung von Arbeitszeiten können dabei sowohl Handys als auch Ausweiskarten verwendet werden, die über die drahtlose Kommunikationstechnologie Near Field Communication (NFC) verfügen.
Kostenlose Minimalversionen
Beide Dienste können 30 Tage lang kostenlos getestet werden. Auf eine Person beschränkte Minimalversionen mit Einschränkungen bei der Anzahl der Projekte sind bei freckle und timr auch nach der Testphase kostenfrei zu haben.
Je nach Anzahl der Nutzer und der aufgezeichneten Projekte kostet die Nutzung von freckle zwischen acht (ein Nutzer) und 66 Euro (25 Nutzeraccounts, unlimitierte Projekte) pro Monat.
Timr wird in verschiedenen Versionen - von Solo (ein Nutzer, keine Einschränkungen) für rund acht Euro bis hin zu Large (50 Nutzer, keine Einschränkungen) für rund 160 Euro monatlich - angeboten. Kunden, die die Applikation in ihrer eigenen Infrastruktur betreiben möchten, wird darüber hinaus eine maßgeschneiderte Enterprise-Version offeriert.
Internationaler Kundenstock
Freckle zählt derzeit rund 4.000 Nutzer, timr verzeichnet fünf Monate nach dem Start bereits mehr als 600 Registrierungen. Die Kunden kommen bei beiden Angeboten vorwiegend aus den USA. "Die meisten Kunden interessieren sich nicht dafür, wo das Produkt herkommt", meint Markovics. "Wenn die Lösungen gut sind, werden sie auch viele Kunden verwenden."
"Wir haben neben US-Nutzern auch Kunden in England, Australien und Brasilien", erzählt timr-Entwickler Breid. "Wenn man eine Web-Applikation zur Verfügung stellt, sollte man sich nicht auf den österreichischen Markt konzentrieren."
Eigenfinanziert
Sowohl freckle als auch timr sind eigenfinanzierte Lösungen. Investoren suchen beide Start-ups derzeit nicht aktiv. "Es ist nicht so einfach, einen guten Investor zu finden, der uns genug Freiraum lässt", meint Markovics. "Wir lassen uns nur ungern dazwischenreden."
Auch Breid und seine beiden Partner sehen sich auch ohne externe Investoren gut aufgestellt. Es gebe zwar Angebote, für eine Entscheidung sei es jedoch noch zu früh, so der Entwickler.
Im Rahmen der Serie "Start-up-Geschichten" berichtet futurezone.ORF.at in loser Folge über innovative Web- und IT-Unternehmen mit Österreich-Bezug.
Nächste Schritte
Nach den mobilen Clients für iPhone, Android und Windows Mobile arbeitetet das timr-Team nun daran, die Zeitauswertungen auch mit Grafiken zu unterstützen und Schnittstellen mit Billing-Systemen herzustellen. Auch die Fahrtenerfassung soll erweitert werden. "Die GPS-Möglichkeiten von Smartphones bieten viele Möglichkeiten", erklärt Breid. So könnten etwa mit Hilfe der Ortungsfunktion zurückgelegte Wege automatisch erfasst und Mitarbeiter im Außendienst besser koordiniert werden.
Das freckle-Team will seine Zeiterfassungslösung demnächst um eine Report-Sharing-Funktion erweitern. Kunden sollen so die Möglichkeit haben, die Kosten für Projekte im Auge zu behalten, und so auch überprüfen können, ob Budgets überschritten wurden. Daneben sollen auch Rechnungen schon bald direkt über die Applikation erstellt und Schnittstellen zu Billing-Systemen geschaffen werden, kündigt Markovics an.
Produktentwicklung statt Dienstleistungsgeschäft
Timr und freckle sollen ihren Gründern auch dabei helfen, unabhängiger vom Dienstleistungsgeschäft zu werden. Anstatt Kunden zu beraten und für sie Software und Websites zu entwickeln, hoffen die Unternehmen hinter den Anwendungen, abloom und troii, dass durch den Erfolg ihrer Lösungen auch mehr Zeit für die Produktentwicklung freigespielt wird. Ideen dazu gibt es bei der Wiener Web-Agentur und dem oberösterreichischen Software-Unternehmen bereits genug.
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(futurezone/Patrick Dax)