USA: Netzneutralität nur für legale Dienste
FCC-Chef Julius Genachowski hat in einer Rede die Prinzipien der Netzneutralität vorgestellt, die er demnächst als feste Regeln in der US-Netzwerkbranche verankern möchte. Diese Regeln sollen auch für Mobilfunker gelten. Freiheit und Offenheit sollen freilich nur für legale Dienste und Inhalte gelten, stellte der oberste US-Regulator klar.
Julius Genachowski, Vorsitzender der US-Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC), hat am Montag in einer Rede vor dem Washingtoner Thinktank The Brookings Institution gefordert, dass sich die US-Mobilfunker an die Netzneutralität halten wollen. Genachowski stellte weiterhin in Aussicht, dass seine Behörde die Regeln der Netzneutralität, also die "Datenverkehrsregeln", im Internet kodifizieren und auch auf die Netze der Mobilfunker anwenden wolle.
Netzbetreiber vs. IT-Konzerne
So solle es den Providern verboten werden, bestimmte Arten des Datenverkehrs zu behindern oder zu bevorzugen. Einer der Auslöser für den Streit über die Netzneutralität war die Praxis des Kabelnetzbetreibers Comcast, der zugeben musste, den Verkehr in Filesharing-Netzen gedrosselt zu haben, ohne seine Kunden darüber zu informieren.
Comcast und andere US-Netzbetreiber kämpfen dafür, in ihren Netzen bestimmte Anwendungen und Dienste bevorzugen oder drosseln zu dürfen. Bürgerrechtler und IT-Konzerne wie Google und Microsoft sehen aber die Gefahr, dass die Netzbetreiber die Innovation im Netz behindern und den Informationsfluss steuern könnten.
Provider sollen keine Gatekeeper sein
Genachowski, der als starker Verfechter der Netzneutralität gilt und deshalb auch von der Regierung von Barack Obama an die Spitze der FCC gesetzt wurde, erinnerte in seiner Rede daran, dass Offenheit und Netzneutralität Grundlage für die Kreativität im Netz darstellen. "Die Schöpfer des Internets wollten nicht, dass die Architektur des Netzwerks - oder eine einzelne Stelle - bestimmen kann, wer die Sieger und wer die Verlierer sind", so Genachowski. Er zitierte auch WWW-Erfinder Tim Berners-Lee: Das Netz sei eine "leere Leinwand", auf der jeder innovativ sein könne, ohne vorher um Erlaubnis fragen zu müssen.
Genachowski sagte, er sei sich bewusst, dass man in einer dynamischen Umgebung wie dem Internet nicht mit zu engen und detaillierten Regeln arbeiten könne. Andererseits sei es wichtig, die grundlegenden Werte des Internets zu schützen und dessen Offenheit zu sichern.
"Four Freedoms" plus zwei
Die FCC will diese Offenheit dadurch sichern, in dem sie die "Four Freedoms" als verbindliche Regeln implementiert. Diese Freiheitsgrundsätze seien, so Genachowski, von FCC-Chef Michael Powell 2004 formuliert und auch von Kevin Martin in der Ära George W. Bush aufrechterhalten worden. Genachowski fasst diese Regeln folgendermaßen zusammen: Netzwerkbetreiber sollen Nutzer nicht vom Zugang zu legalen Inhalten, Anwendungen und Diensten abhalten dürfen.
Weiterhin - Prinzip Nummer fünf - sollen sie nicht verhindern dürfen, dass Nutzer "unschädliche" Endgeräte in ihrem Netz verwenden. Außerdem will Genachowski das Prinzip der Nichtdiskriminierung festgeschrieben wissen. Die Provider sollen Datenverkehr nicht blockieren oder behindern dürfen, wie Comcast das getan hatte. Diese Regel will Genachowski freilich auf Datenverkehr beschränken, der "lawful" ist, also legal - diese Vokabel signalisierte in Europa im Streit über das EU-Telekompaket stets den Einfluss der Medienindustrielobby, die gerne die Provider als Hilfssheriffs gegen unlizenzierte Filesharer rekrutieren würde. Genachowski betont dann freilich auch, dass sich die Prinzipien des offenen Internets nicht auf Aktivitäten wie die unlizenzierte Verteilung Copyright-geschützter Inhalte erstrecken würden.
Transparenz und offene Debatte
Als sechstes Prinzip möchte Genachowski die Transparenz festgeschrieben wissen. Alle Provider sollen gegenüber ihren Kunden offenlegen, wie sie ihre Netzwerke managen. Hier führt der FCC-Chef den Fall Comcast an.
Als weiteres Vorgehen kündigte Genachowski an, diese Regeln den anderen FCC-Kommissionsmitgliedern vorlegen zu wollen. Es sei noch nicht fest entschieden, auf welchem Weg die Regeln festgeschrieben würden. Er wies auch auf die neue Website openinternet.gov hin, die am Montag von der FCC als Diskussionszentrum eröffnet worden war. Hier sollen Vertreter der Industrie und Internet-Nutzer offen miteinander diskutieren.
(futurezone/AP)