© ORF.at/Nadja Igler, Google-Handy G2 und Samsung I8910 HD

Neue Ansätze zur Handybedienung

MOBIL
22.09.2009

Handys sind längst nicht mehr nur Telefone. Die Hersteller haben sie zu Taschencomputern mit vielseitigen Anwendungsbereichen weiterentwickelt. Um diese Geräte sinnvoll einsetzen zu können, sind neue Bedienungskonzepte gefragt. Auf der internationalen Konferenz "Human-Computer Interaction with Mobile Devices and Services" stellten Forscher neueste Entwicklungstrends für Smartphones vor.

Die Frage, wie sich die mobile Kommunikation vereinfachen lässt, beschäftigt derzeit viele Entwickler. Dabei spielen Anwendungen eine besondere Rolle, die das Verhalten des Nutzers auswerten. Im Schnitt sorgt ein Handy jede Stunde für zehn Unterbrechungen im Alltagsleben - nicht jede ist willkommen.

"Intelligente" Filter können dafür sorgen, dass die Nutzer nicht mehr jederzeit und überall von jedermann kontaktiert werden. Ein kleines Programm, das Forscher an der Hebräischen Universität Israel entwickelt haben, sortiert die Kommunikation des Nutzers entsprechend seinen Lebens- und Arbeitsumständen. Amnon Dekel, der den Filter mit seinen Kollegen entwickelt hat, erklärt: "Wenn ich auf einer Arbeitsbesprechung bin, möchte ich vielleicht nur von meinem Chef erreicht werden. Beim Joggen in der Freizeit dürfen es aber nur bestimmte Freunde sein."

Dekels Filter weiß automatisch, wann was der Fall ist. Dafür greift er auf den digitalen Kalender, die Aufgabenlisten und Informationen wie Ort und Zeit zu. Dekel: "Die ersten Male zeigt der Nutzer dem Programm, was er möchte. Die nächsten Male schlägt das Programm Handlungsoptionen vor." Von der zuverlässigen Auswahl zeigt sich Dekel überzeugt: "Wenn der Nutzer sich sicher ist, dass das Programm richtig entscheidet, kann er sich mit der Zeit auch ganz darauf verlassen. Das funktioniert."

Die Konferenz "Human-Computer Interaction with Mobile Devices and Services" fand vom 15. bis 18. September in Bonn statt. Sie wurde vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik veranstaltet.

Organisation nach Lebensbereichen

Einen Sortierdienst brauchen auch Smartphones, die über das Internet den Zugriff auf Web-2.0-Anwendungen wie den Google-Kalender, webbasierte E-Mail, Fotoalben und Mindmapping-Software ermöglichen, meint Lucia Terrenghi von der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Mobilfunkkonzerns Vodafone. Sie will "Nutzern einen einfacheren mobilen Zugriff auf webbasierte Anwendungen ermöglichen, der das kleine Display der Handys berücksichtigt". Ihre Lösung besteht darin, den Zugriff nach verschiedenen Lebensbereichen zu organisieren. Terrenghi hat eine Menüoberfläche entworfen, die nach Anwendungszusammenhängen wie "Arbeit", "Freizeit" und "Familie" organisiert.

Eine andere Herausforderung für die Forscher besteht darin, dass Handynutzer immer in Bewegung sind und "die Interaktion mit den Geräten nebenbei und meist einhändig erfolgt", so Reinhard Oppermann vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT), der die Tagung organisierte. Kanadische Forscher von der Universität Alberta testeten einen neuen Bedienansatz für Handys. Sie statteten ein Smartphone mit einem zweiten Touchpad auf der Rückseite aus. Auf diese Weise konnte der Nutzer einhändig mit dem Daumen auf der Vorderseite sowie dem Zeigefinger auf der Rückseite das Gerät bedienen. Es zeigte sich, dass insbesondere Autofahrer so leichter in Kartenanwendungen navigieren können.

Navigieren im Akkord

Ein amerikanisches Forscherteam vom Georgia Institute of Technology stellte einen Ansatz für eine Eingabemethode vor, bei der ein Nutzer nicht nur einzelne Knöpfe auf dem Gerät, sondern wie bei einem Akkord mehrere Tasten gleichzeitig drücken kann. Die Methode stellte sich als schneller heraus als die bisherigen Input-Methoden, erfordert jedoch von den Nutzern einen höheren Lernaufwand. Wissenschaftler der Universität Glasgow wiederum untersuchen, wie sich die Bedienung eines Touchscreens vereinfachen lässt. So erzeugt etwa ein leichtes Antippen mit einem Stift Kleinbuchstaben und starkes Antippen Großbuchstaben.

Was aber tun, wenn das Gerät zu klein ist, um etwas eintippen zu können? Sven Kratz und Michael Rohs zeigten für die Deutsche Telekom Laboratories, wie mit "HoverFlow" der Raum um ein Gerät herum für die Bedienung verwendet werden kann. So brachten sie an einem iPhone sechs Infrarot-Distanzsensoren an, die Handbewegungen des Nutzers aufnehmen. Ein Programm setzt die entsprechenden Signale für die Menünavigation um. Eine rasche Handbewegung nach rechts bedeutet etwa, dass der Nutzer vorblättern, nach links, dass er zurückblättern will. Kratz versteht seine iPhone-Erweiterung aber nur als Prototyp für wesentlich kleinere Geräte: "Gesten eignen sich vor allem für die Interaktion mit sehr kleinen Geräten wie digitalem Schmuck oder Uhren, die über kleine Knöpfe oder Touchpads nur mühsam bedient werden könnten."

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(Christiane Schulzki-Haddouti)