Frankreich: Parlament winkt Netzsperren durch
Nach mehreren vergeblichen Anläufen hat das französische Parlament die umstrittenen Netzsperren für Internet-Nutzer nach wiederholten Urheberrechtsverletzungen gebilligt. Die Opposition will erneut vor das Verfassungsgericht ziehen.
Nach dem Senat stimmte am Dienstag auch die Nationalversammlung dem umstrittenen Gesetzesentwurf der konservativen Regierung mit 258 gegen 131 Stimmen abschließend zu. Nach dem Internet-Sperrgesetz HADOPI 2 kann ein Richter in einem Schnellverfahren Nutzern, die wiederholt gegen das Urheberrecht verstoßen haben, den Internet-Anschluss maximal ein Jahr lang sperren lassen.
Verfassungsklage angekündigt
Die oppositionellen Sozialisten, die bereits eine erste Version des Gesetzes zu Fall gebracht hatten, wollen gegen das Vorhaben aber erneut vor den Verfassungsrat ziehen.
Auf Antrag der Sozialisten hatten Frankreichs oberste Verfassungshüter im Juni den ursprünglichen Plan gekippt, die Internet-Sperre direkt durch eine Behörde verhängen zu lassen. Nun muss ein Richter über diese Frage entscheiden.
Die eigens eingerichtete Überwachungsbehörde Haute autorite pour la diffusion des oeuvres et la protection des droits sur Internet (HADOPI) verschickt dabei zunächst zwei Abmahnungen an Nutzer, die verdächtigt werden, Urheberrechtsverletzungen begangen zu haben. Werden weiter Musik, Filme und andere geschützte Werke unautorisiert heruntergeladen, kann die Kontrollstelle vor Gericht ziehen. Neben der Sperre drohen den Beschuldigten eine Geldbuße von bis zu 300.000 Euro und eine maximal zweijährige Gefängnisstrafe.
Warnung vor Schnelljustiz
Die Opposition kritisiert an dem Gesetz, dass auch Anschlussinhaber verurteilt werden können, die gar nicht für Urheberrechtsverstöße verantwortlich sind, weil diese ohne ihr Wissen erfolgten. Zudem warnt sie vor einer Schnelljustiz, da ähnlich wie bei leichteren Verkehrsdelikten nur ein Richter über die Fälle entscheiden soll. Eine Anhörung der Beschuldigten ist nicht vorgesehen.
Die Sozialisten schlagen statt der Sperre eine Urheberrechtsabgabe vor, um Künstler für die kostenlose Verbreitung ihrer Werke über das Netz zu entschädigen.
Behörde nimmt im November Arbeit auf
Die Regierung lehnt das jedoch klar ab. Die Behörde für die Verbreitung von Werken und den Schutz von Urheberrechten im Internet (HADOPI) werde nun ab November eingerichtet, erklärte das Kulturministerium. Sie könne ab Anfang 2010 erste Abmahnungen verschicken.
Im Gegenzug zur verschärften Verfolgung von Urheberrechtsverstößen im Netz hatte sich die Musik- und Filmindustrie gegenüber Staatschef Nicolas Sarkozy verpflichtet, ihre Angebote künftig ohne Kopierschutz auf den Markt zu bringen.
(AFP)