© ORF.at/Barbara Wimmer, AMIS-Smart Meter

Spielregeln für smarte Stromzähler

ENERGIE
20.10.2009

In den nächsten Jahren sollen Stromzähler "intelligenter" werden und damit beim Energiesparen helfen. Doch die neue Technologie bringt nicht nur Vorteile mit sich: Die automatische ferngesteuerte Auslesung der Verbraucherdaten könnte das Datenschutzgesetz verletzen. Österreichische Netzbetreiber, die Pilotprojekte betreiben, weisen mögliche Probleme zurück.

Während im Nachbarland Deutschland intelligente Stromzähler ab 2010 für Neubauten und totalsanierbare Gebäude verpflichtend werden, lässt man sich mit einer Einführung der neuen Technologie in Österreich noch Zeit. Viele Punkte sind noch ungeklärt, und die Regulierungsbehörde E-Control, der Verband der Elektrizitätsunternehmen Österreichs (VEÖ) und der Fachverband Gas Wärme (FGW) arbeiten derzeit an einer einheitlichen Lösung, welche Leistungen und Standards ein Smart Meter erfüllen muss. Auch die Häufigkeit der Fernablesung muss erst geregelt werden.

Smart Meter in Österreich

Vernetzte "intelligente" Stromzähler, derzeit bereits in Schweden und Italien im Einsatz, werden in Zukunft auch in Österreichs Privathaushalten Einzug halten. Die E-Control spricht sich für die Einführung der neuen Smart Meter bis zum Jahre 2016 aus.

Bis 2020 müssen laut der EG-Richtlinie 2006/32/EG 80 Prozent der Haushalte mit den neuen elektronischen Zählern, auch Smart Meter genannt, ausgestattet sein.

Erste Pilotprojekte in Österreich wurden bereits vor drei Jahren gestartet, doch erst ein kleiner Teil der fünf Millionen mechanischen Ferraris-Zähler wurde auf elektronische Zähler umgerüstet.

Für den Stromkunden bedeutet die Umstellung auf elektronische Zähler vor allem eines: Er muss seinen Stromverbrauch nicht mehr selbst ablesen, sondern das geschieht automatisch. Doch wie oft werden die Daten dann eigentlich ausgelesen? Hier befindet sich ein heikler Punkt: Theoretisch wäre es möglich, die Verbrauchsdaten alle 15 Minuten auszulesen.

Wie oft darf der Zähler Daten auslesen?

In Deutschland sorgt diese Möglichkeit nun für eine Datenschutzdebatte. Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) erstellte ein Gutachten, aus dem hervorgeht, dass sich aus der exakten Erfassung verbrauchter Energie die Lebensgewohnheiten der Betroffenen recht exakt ausforschen lassen. "Wäre im Smart Meter standardmäßig eingestellt, dass alle 15 Minuten Verbrauchsinformationen erhoben werden, so würde das § 3a BDSG verletzen", heißt es in dem Gutachten.

ORF.at fragte bei der österreichischen Datenschutzkommission (DSK) nach, ob es auch hierzulande Konflikte mit dem Datenschutzgesetz geben könnte. "Ja, Smart Meter können den Datenschutz berühren, es geht dabei um die Aufzeichnung personenbezogener Daten. Wir befassen uns bereits damit", so Gregor König, stellvertretender Leiter der DSK-Geschäftsstelle.

"Musterverhalten, wann jemand zu Hause ist"

Da das österreichische Gesetz dem deutschen sehr ähnlich sei, würden sich auch die Probleme sehr ähnlich gestalten, so König. "Man kann aus den Daten ein Musterverhalten gewinnen, wann jemand zu Hause ist. Was erlaubt ist und was nicht, muss entweder durch eine gesetzliche oder vertragliche Absicherung geregelt werden."

Österreichische Netzbetreiber, die bereits Smart-Meter-Pilotprojekte im Einsatz haben, sehen bezüglich des Datenschutzes "keine Probleme", da sie die Daten nicht in 15-minütigen Intervallen auslesen. "Wir lesen aus dem Zähler die Daten aus, die uns über die Systemnutzungsverordnung vorgeschrieben sind. Einmal pro Tag wird eine viertel Stunde ausgelesen, das ist dieselbe Datenmenge wie beim mechanischen Zähler. Alles darüber hinaus bedarf der Zustimmung des Kunden", so Friedrich Eidenberger, Geschäftsführer der Linz Strom AG, gegenüber ORF.at.

Übertragung von "riesigen Datenmengen"

Aus technischer Sicht ist eine Ablesung in 15-minütigen Intervallen möglich - und zwar dann, wenn die Daten von den Trafostationen per Glasfaser an die Zentrale der Netzbetreiber übertragen werden. Doch Eidenberger gibt zu bedenken: "In der Theorie ist es zwar möglich, in der Praxis aber sinnlos. Das sind riesige Datenmengen, die irgendwo gespeichert werden müssten. So eine Speicherung kostet viel Geld, und so etwas würde sich nur durchsetzen, wenn eine Wertschöpfung vorhanden ist."

Bei der Energie AG erklärte man zudem, dass eine derart häufige Ablesung aller Geräte zum derzeitigen Zeitpunkt nicht möglich sei. Da die Daten derzeit großteils per Funknetz von den Trafostationen in die Zentrale übertragen werden, gäbe es einen Engpass, so Johann Kaltenleithner, Leiter der Abteilung Metering Services. "Pro Funkhochstützpunkt werden etwa 70 Trafostationen versorgt. Die Zentrale holt von jeder einzelnen Trafostation nacheinander die Informationen im Polyzyklus. Das geschieht über Schmalbandfunk mit einer maximalen Übertragungsrate von 19.200 bit pro Sekunde", legt er die technischen Informationen offen.

So werden die Daten übertragen

Die Linz Strom AG, die bereits 36.000 Haushalte mit den neuen elektronischen Zählern ausgerüstet hat, setzt Echelon-Zähler ein, die mit einer Software-Lösung von ubitronix system solutions gesteuert werden.

Mit der Software Unified Intelligent Energy Management werden die Daten über ein Lichtfernleiternetz von den Trafostationen zur Zentrale übertragen, bis zum Trafo läuft die Kommunikation über Schmalband-Powerline.

Bei der Energie AG, die bis Ende 2010 über 100.000 Haushalte umrüsten will, setzt man auf das Verbrauchsdatenerfassungs- und Informationssystem Amis von Siemens Energy.

Hier werden die Daten ebenfalls über Schmalband-Powerline im Frequenzband zwischen neun und 95 kHz und per Lichtleiter sowie einem hausinternen Schmalband-Datenfunk (mit maximal 19.200 bit/sec) an die Zentrale übertragen.

"Zu viele Aufträge für das Kommunikationsnetz"

"Wir haben die Speicherung von 15-Minuten-Werten noch nicht versucht. Außerdem würde eine derartige Auslesung auf Dauer den Rahmen sprengen, weil es ja auch öfters Störungen im Netz gibt. Es sind permanent Aufträge im Kommunikationsnetz unterwegs. Was passiert, wenn der Befehlsstapel nicht mehr abgearbeitet werden kann?", ergänzt Kaltenleithner.

Auch, dass die Daten auf dem Weg vom Zähler in die Zentrale von Unbefugten eingesehen und manipuliert werden könnten, schließen die beiden Netzbetreiber aus. "Da ist die Datensicherheit beim Online-Banking weit niedriger. Unser Kommunikationssystem ist nach ISO 27000 zertifiziert. Ich schließe nach menschlichem Ermessen aus, dass da wer zugreifen kann", so Eidenberger.

Zusätzliche Auslesung nur auf Kundenwunsch

Mehr als nötig ausgelesen werde nur dann, wenn der Kunde es wünsche, so die beiden Netzbetreiber. "Dies könnte etwa im Rahmen einer Energieberatung sinnvoll sein, wenn man nachsehen möchte, ob man stille Verbraucher im Haus hat", erklärt Eidenberger. "Für alles andere wäre es der falsche Weg. Für den Kunden gibt es außerdem Schnittstellen auf dem Zähler, über die sich der Verbrauch an Ort und Stelle mitverfolgen lässt", so Eidenberger.

Langfristig betrachtet soll der Kunde dank der neuen Smart Meter nicht nur am Zähler selbst, der selten direkt in der Wohnung angebracht ist, sondern auch über ein mobiles Display den Stromverbrauch mitverfolgen können.

Displays zum Verfolgen der Verbrauchskurve

Die Energie AG testet zu diesem Zweck den Prototypen eines In-House Displays. Die Daten werden vom Stromzähler über das Stromnetz des Hauses in die jeweilige Wohneinheit übertragen. Dort wird vom Kunden ein Modul in der Steckdose angebracht, das die Daten an ein Endgerät, sei es PDA oder PC, sendet. So lässt sich die Verbrauchskurve genau beobachten. Der Stromverbrauch des Moduls selbst fällt dabei kaum ins Gewicht.

Für die Einführung von Displays fehlen derzeit noch die Rahmenbedingungen (wer etwa die Geräte bezahlen muss und anbieten wird) und die Standards. "Entweder, es wird einen einheitlichen Standard dafür geben, an den sich die Hersteller halten müssen, oder der Netzbetreiber gibt vor, welche Displays in seinem Netz technisch funktionieren", so Manfred Litzlbauer, Geschäftsführer der Energie AG. "Ich persönlich glaube aber nicht, dass es sehr viele Kunden geben wird, die das interessiert. Es ist aber ein nützliches Instrument für Energieberater und sehr energiebewusste Menschen", fügt Litzlbauer hinzu.

"Man will in das Richtige investieren"

Bei der Linz AG gibt man sich bezüglich der Displays noch abwartend. Der Netzbetreiber beteiligt sich unterdessen an einem internationalen Forschungsprojekt, das herausfinden soll, welche Art von Information und Anzeige ein Kunde tatsächlich haben will. "Da gehen die Meinungen auseinander. Außerdem kostet alles Geld, und man will in das Richtige investieren", so Eidenberger. Erste Ergebnisse des Forschungsprojekts, an dem neben acht deutschen Energieversorgern auch das Fraunhofer Institut beteiligt ist, sollen Ende 2010 vorliegen.

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(futurezone/Barbara Wimmer)