F: Glücksspiel als Anlass für Internet-Filter
Französische Bürgerrechtler warnen vor einem neuen Gesetz zur Regulierung des Online-Glücksspiels. Dieses sieht vor, dass eine neue Behörde zur Überwachung der Glücksspielanbieter eingerichtet wird, die ohne richterlichen Beschluss Websites sperren darf. Die Netzaktivisten von La Quadrature du Net sehen darin den Einstieg in eine unkontrollierte Internet-Zensur.
Die französische Bürgerrechtsplattform warnte am Montag vor einem neuen Gesetzesvorhaben der französischen Regierung. Der Entwurf für ein Gesetz zur Regulation des Online-Markts für Glücksspiele und Wetten soll am 7. Oktober in der Nationalversammlung debattiert werden.
La Quadrature du Net kritisiert, dass der Gesetzesentwurf die Einrichtung einer neuen Regulierungsbehörde für Online-Glücksspiel namens ARJEL (Autorite de regulation des jeux en ligne) vorsieht, die ohne richterlichen Beschluss den Zugriff auf Websites sperren darf, die gegen das neue Gesetz verstoßen.
La-Quadrature-Sprecher Jeremie Zimmermann sieht darin einen neuen Versuch der Partei von Präsident Nicolas Sarkozy, das Internet unter ihre Kontrolle zu bringen. Er warnt davor, dass das neue Gesetz die Provider zur Installation einer Sperrinfrastruktur zwinge, die jederzeit auch auf andere Themenbereiche erweitert werden könne.
Sperren ohne richterlichen Beschluss
Zimmermanns Kritik bezieht sich auf Artikel 50 des Gesetzesentwurfs. Im ursprünglichen Text vom März war noch vorgesehen, dass der Vorsitzende der ARJEL einen Richter anrufen kann, der dann im Schnellverfahren eine Sperre nicht gesetzeskonformer Glücksspielangebote anordnet. Der Finanzausschuss der Nationalversammlung hatte das im Lauf der Verhandlungen dergestalt abgeändert, dass die ARJEL direkt - ohne Umweg über ein Gericht - die inkriminierten Websites sperren lassen darf.
Zimmermann weist auf die Entscheidung des französischen Verfassungsgerichts hin, nach der Internet-Sperren ohne richterlichen Beschluss verfassungswidrig seien. Die Verfassungsrichter hatten das bei ihrer Prüfung des umstrittenen Internet-Sperrgesetzes gegen Urheberrechtsverletzungen (Loi HADOPI) festgestellt.
La Quadrature du Net hat die Nationalversammlung dazu aufgerufen, die Abänderungsanträge des Abgeordneten Lionel Tardy zu unterstützen. Tardy gehört zwar der Regierungspartei UMP an, stellt in seinen Änderungsanträgen aber fest, dass Internet-Sperren "nur sehr schwer umsetzbar" seien. Zudem, so Tardy, "besteht die Gefahr, dass Websites zu Unrecht blockiert werden". Tardy spricht sich allerdings dafür aus, bei den Filtermaßnahmen "auf dem Rechner des Nutzers" anzusetzen und dabei ähnlich vorzugehen wie bei lokal installierten Kinderschutzprogrammen.
Zimmermann plädiert dafür, zur Bekämpfung illegaler Online-Glücksspielaktivitäten wirksamere Mittel als Internet-Filter einzusetzen, beispielsweise die Überwachung der Geldtransaktionen.
(futurezone/Günter Hack)