© Fotolia/Vitaliy Pakhnyushchyy, Hände einer jungen Dame, die ein Smart Phone benutzt.

Datenlawine rollt auf mobiles Breitband zu

UMTS-Verstopfung
07.10.2009

Anstatt sich wie bisher jährlich zu verdoppeln, wächst das Datenaufkommen in UMTS-Netzen derzeit um rund 200 Prozent. Bereits 2010 werden die Datenraten in den Netzen trotz HSPA-Aufrüstung signifikant nachgeben, heißt es in einem neuen Marktreport der Beratergruppe "Unwired Insight". Einige Betreiber stünden daher vor schweren Entscheidungen.

Die Netzausbauten und Marketing-Kampagnen der Mobilfunker haben ihre Wirkung nicht verfehlt und schlagen sich nun in rasant steigendem Datenverkehr nieder. Die neueste Studie der britischen Beratergruppe "Unwired Insight" zum Thema lässt sich so zusammenfassen: Das Datenvolumen in Mobilfunknetzen wächst weitaus schneller als die Provider erwartet haben. Und: Die Mobilfunkbetreiber unterschätzen den Beschleunigungsfaktor im Datenverkehr der Kunden, was sich bereits 2010 in sinkenden Datenraten pro Benutzer niederschlagen wird.

Vom Erfolg überrannt

Seit der Vollinbetriebnahme der UMTS-Netze waren bis jetzt weltweit jährlich Zuwächse von rund 100 Prozent die Regel, was ungefähr den Wachstumsraten des Internets in den Anfangsjahren des WWW ab 1995 entsprach.

Die neuesten Zahlen von 2008 und 2009 zeigen allerdings an, dass der Trend mittlerweile zu weitaus höheren Datendurchsätzen geht. Statt jährlicher Verdoppelung wird sich der Datenumsatz in den Mobilfunknetzen mehr als verdreifachen, und das ist noch der untere Rand der Schätzung.

Von den Niederlanden bis Hongkong - 312 Prozent plus im Jahr 2008 gegenüber 2007 - sind es dieselben Hauptfaktoren, die das Wachstum in den entwickelten Ländern antreiben.

HSPA-Nachfolger LTE

Im Frühjahr 2010 sollen nicht nur Ausschreibungsunterlagen für die erste Auktion von LTE-Frequenzen im 2,6-GHz-Band vorliegen. Eine Studie soll bis dahin auch Entscheidungsgrundlagen liefern, wie es mit dem umstrittenen TV-Band von 790 bis 862 MHz weitergeht. Frequenzexperte Franz Ziegelwanger sprach mit ORF.at unter anderem darüber, warum Österreich gegenüber Schweden und England im Nachteil ist.

Die zwei Faktoren

Das Gros machen natürlich Notebooks mit UMTS-Sticks aus, als nicht zu unterschätzender zweiter Faktor kommt aber die laufende Umstellung von reinen GSM-Handys zu Smartphones durch bestehende Mobilfunkkunden dazu.

War das Internet durch die technischen Beschränkungen der Anfänge - kaum Audio-, null Videoinhalte - gewissermaßen noch "organisch" gewachsen, so steigen die Volumina bei drahtlosem Breitband momentan exponentiell.

HSPA und HSPA+ zum Trotz wachsen die Kapazitäten der Mobilfunker deutlich langsamer als der Datendurchsatz. Bereits 2010 seien daher Probleme zu erwarten, denn die jedem Benutzer im Schnitt zur Verfügung stehenden mobilen Datenraten werden ab da hinuntergehen, prophezeit "Unwired Insight". In unterschiedlichem Ausmaß treffe das sowohl auf die Incumbents (Platzhirsche) als auch auf die Herausforderer zu.

Beispiel Blackberry

Die Gründe, warum die UMTS/HSPA-Netze die - damals als singuläres Phänomen betrachteten - Wachstumsraten des Internets bei weitem in den Schatten stellen, liegen auf der Hand. Die neuen mobilen Breitbandnutzer bringen natürlich die Gewohnheiten des gewohnten Flatrate-DSL und Kabel-TV-Internets mit, denn YouTube, Hulu und Co. will man auch unterwegs benutzen.

"Je besser ausgestattet ein Smartphone ist, desto mehr nimmt auch der Traffic zu", so Werner Reiter vom Marktführer mobilkom austria gegenüber ORF.at. Sehr gut zu beobachten sei das am Beispiel der Blackberry-Benutzer.

Während die frühen Generationen dieser Smartphones in erster Linie als E-Mail-Reader benutzt worden waren, so weise das Kundenverhalten nun auf zunehmende Nutzung des WWW hin. Die Datenvolumina bei neuen Blackberrys stiegen von typischen drei Megabyte pro Monat früher auf nunmehr 250 Megabyte und mehr.

Festnetz überholt

Was die weniger entwickelte Welt angeht, so gab die Internationale Fernmeldeunion (ITU) am Dienstag bekannt, dass bis Jahresende Internet-Nutzer, die über Handy oder andere mobile Geräte online gingen, die Zahl jener mit Festnetzinternet erstmals übersteigen werde.

Links

Vor allem in den Entwicklungsländern ist der ITU zufolge das Wachstum beim mobilen Internet stark, denn dort sind gewöhnliche Telefonverbindungen noch immer spärlich gesät.

Schwierige Entscheidungen

Weil das mobile Datenvolumen von einem extrem niedrigen Niveau aus gestartet wurde, hätten sich die Mobilfunker bis jetzt nicht wirklich Sorgen machen müssen. Einer Reihe von Betreibern stünden schwierige Entscheidungen bevor, schließt die Analyse von "Unwired Insight".

Wir haben bei den vier Mobilfunkanbietern in Österreich nachgefragt, wie sie auf diesen Sprung im Datenvolumen vorbereitet sind. Mehr dazu im nächsten Teil der Serie.

(futurezone/Erich Moechel)