Der Spion, der als IT-Consultant kam
Mike McConnell, der frisch ernannte oberste US-Geheimdienstkoordinator, war davor zehn Jahre lang in der Geschäftsführung der in den SWIFT-Skandal verwickelten IT-Berater Booz Allen. Dort werkte der Ex-NSA-Admiral unter anderem als Sicherheitsexperte für Banken- und Finanznetze.
Er sei ihm eine große Ehre, die Intelligence Community zu führen, sagte Admiral John "Mike" McConnell anläßlich seiner Ernennung zum obersten Geheimdienstkoordinator Präsident George W. Bushs in der vergangenen Woche.
Trotz seines Abgangs als NSA-Direktor vor zehn Jahren habe er diese Gemeinschaft in mehrfacher Hinsicht eigentlich nie verlassen, sagte der neue Koordinator der 16 Geheimdienste der USA.
Verfilzung auf den Punkt gebracht
Besser als der Nachfolger John Negropontes, der stellvertretender Außenminister wird, hätte man die zunehmende Verfilzung von Technologie-Unternehmen und Geheimdienst-Bürokratie in den USA nicht auf den Punkt bringen können.
McConnell war 1996 als NSA-Direktor abgetreten, wurde Senior Vice President der Beraterfirma Booz Allen Hamilton und verkaufte von da an in erster Linie IT-Dienstleistungen an seine früheren Arbeitgeber.
IT-Berater für Finanztransfers
Seine "zivile" Karriere begonnen hatte McConnell, der als ausgesprochen "IT-minded" gilt, als Consultant im Programm des Präsidenten "zum Schutz der kritischen Infrastruktur".
McConnell beschäftigte sich dabei mit der "Beseitigung von Schwachstellen im Bank- und Finanzwesen". Unter McConnells Ägide standen neben "militärischen Aufklärungs- und Informationsdiensten für das Verteidigungsministerium" auch IT-Beratung für die Direktoren der 16 Militärgeheimdienste sowie deren obersten Koordinator.
SWIFT und Booz Allen ...
Der oberste Koordinator ist nun McConnell selbst. In seine Zeit bei Booz Allen Hamilton, eines der wichtigsten Beratungsunternehmens des militärisch-elektronischen Komplexes der USA, fällt auch die so genannte SWIFT-Affäre.
Die aus Belgien stammende, weltweite Zentrale zum Austausch von Finanztransferdaten mit 7800 Standorten in 205 Ländern war seit Ende 2001 von den US-Behörden dazu gezwungen worden, insgesamt weit über 100 Millionen Datensätze in Kopie herauszugeben.
... als Auditors
Als "externe, unabhängige Audit-Firma, die garantiert, dass Schutzmaßnahmen und Bedingungen befolgt werden" wurde Booz Allen Hamilton von der SWIFT-Geschäftsführung engagiert.
"Die Auditors überprüfen die Suchergebnisse und bestätigen SWIFT, dass die Daten nur für die Verfolgung von Terrorismus genutzt werden", heißt es offiziell von SWIFT.
NSA, CIA und Co.
Es wurde also ein Unternehmen damit betraut, die Einhaltung der EU-Datenschutzgesetze zu kontrollieren, in dessen Geschäftsführung neben EX-NSA-Direktor McConnell auch Ex-CIA-Chef James Woolsey [Vice President] sowie vier weitere hochrangige Ex-Geheimdienstleute sitzen.
Dieses Unternehmen, dessen Umsätze im Zivilsektor mit 656 Mio. USD gerade einmal ein Fünftel des Gesamtumsatzes von 2,5 Milliarden Dollar ausmachen, beriet parallel zu SWIFT auch die US-Geheimdienste.
Gerade in diesem Fall wäre es natürlich interessant zu wissen, für welche Seite McConnell seine speziellen Kenntnisse über die IT-Sicherheit von Finanztransfer- und Bankdatennetzen eingebracht hat.
Nach Zivil kommt Militär
Mit der Besetzung des Obersten Geheimdienst-Koordinators - Negroponte ist gelernter Diplomat - wurde die Stellung des Supergeheimdienstes noch weiter gestärkt.
Mitte 2006 hatte Präsident George Bush Ex-NSA-Direktor Michael Hayden zum Chef der CIA berufen. Auf diesem Posten saßen lange Jahre nicht Militärs, sondern Zivilisten, wie zum Besipiel George Bush senior.
Die "Auslagerungspolitik"
Was die personellen Wechselspiele zwischen NSA und ihrer Zulieferindustrie betrifft, so hatten die mit Beginn der Amtszeit McConnells 1992 begonnen. McConnell war primär aus technischen und finanziellen Gründen einer der Proponenten dieser "Auslagerungspolitik" an die Zulieferindustrie.
Die NSA-Spitze hatte zu Beginn der 90er Jahre langsam erkannt, dass es ihr angesichts des rasanten Fortschritts im Netzwerk- und Kommunikationsbereich nicht mehr möglich war, weiterhin alles an Technik selbst zu entwickeln.
In McConnells Amtszeit fällt auch das Inkubator-Projekt "Biometric Consortium" der NSA.
Militärs aus allen Abteilungen, die biometrische Anwendungen zur Absicherung ihrer Hochsicherheitstrakte benötigen, begannen damit, neu gegründete US-Firmen als künftige Biometrie-Zulieferer hochzupäppeln.
"Verkehrsdatenanlyse" als Innovation
Ebenso hatte die NSA in der Ära McConnell die Umstellung auf neue Methoden der Überwachung begonnen. Da die Freigabe von starken Verschlüsselungsprogrammen - z.B. für Internet-Banking - kurz bevorstand, war klar, dass die Zeiten vorbei waren, in den praktisch jeder abgefangene Kommunikationsinhalt auch "lesbar" war.
Also rückte die so genannte "Verkehrsdatenanalyse" als Methode in den Vordergrund - wer mit wem wann wo kommunziert. Mit dem Einsatz von Data-Mining-Programmen wurden auch für gestandene "Experten" verblüffend aufschlussreiche Resultate erzielt.
(futurezone | Erich Moechel)