© ORF.at/Nadja Igler, Amazons Kindle

Starre Grenzen für Amazons Kindle

E-BOOK-Reader
17.10.2009

Seit Mitte Oktober ist Amazons Kindle in Österreich erhältlich - allerdings mit eingeschränkter Auswahl und weniger Möglichkeiten als in den USA. Amazon will verhindern, dass Kunden aus Österreich im US-Store einkaufen, und auch das offene E-Book-Format EPUB will Amazon nicht unterstützen. Dafür sollen in Zukunft keine Bücher mehr gelöscht werden.

Wenige Tage vor dem Verkaufsstart des Kindle-Verkaufs in weiteren 100 Ländern hatte Amazon auf einer Promotion-Tour in Wien seinen E-Book-Reader hierzulande offiziell vorgestellt.

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Amazon gibt auf den Kindle ein Jahr Garantie. Wenn der Reader kaputt ist, muss er in die USA geschickt werden. Innerhalb der Garantiezeit übernimmt Amazon die Versandkosten, danach muss der Kunde selber zahlen.

Vorerst ist nur die kleinere Version mit einem sechs Zoll großen Display international erhältlich, die für insgesamt 360 Dollar direkt von Amazon.com in den USA bestellt werden kann. Nächstes Jahr soll auch der Kindle DX mit einer Bildschirmdiagonale von 9,7 Zoll angeboten werden. Die iPhone-Applikation für den Kindle will Amazon schon früher international anbieten.

Weniger Auswahl im österreichischen Store

Kunden aus Österreich können beim Start aus rund 295.000 englischsprachigen Büchern auswählen, dazu kommen Zeitungen und Magazine. Das deutschsprachige Angebot ist vorerst auf die "Frankfurter Allgemeine", das "Handelsblatt" und die "WirtschaftsWoche" beschränkt, und auch die Auswahl an Büchern ist in den USA mit rund 360.000 deutlich größer. Das integrierte Wörterbuch ist ebenfalls auf Englisch beschränkt, optional sind eine französische und eine spanische Version erhältlich.

Das Gerät liegt gut in der Hand, der Schirm könnte aber durchaus größer sein. In der Demonstration landen die Inhalte wie versprochen innerhalb einer Minute auf dem Gerät. Beim Blättern stört auch beim Kindle, dass der Bildschirminhalt kurzfristig negativ gestellt wird.

Laut Ian Freed, Vizepräsident von Amazons Digital-Service-Abteilung, wird an der Ausweitung gearbeitet. Die Firma toure unter anderem deshalb durch Europa, um mit Verlegern und Rechteinhabern zu sprechen. "Wir müssen priorisieren. Derzeit fokussieren wir uns auf die englischsprachigen Leser." Amazon wolle auch deutschsprachige Bücher anbieten, aber wenn, "dann wollen wir mit einem breiten Angebot, vor allem populärer Bücher, starten". Amazons finales Ziel sei es, alle publizierten Inhalte, egal ob Bücher, Zeitschriften oder Blogs, weltweit in einer elektronischen Form anzubieten, so Freed.

Amazon will Account-Wechsel verhindern

Kunden in Österreich können laut Freed nur auf Bücher zugreifen, für die die Rechte in Österreich geklärt sind. Daher sei das Angebot kleiner als in den USA. Mit einem in Österreich registrierten Kindle könne man nicht auf das US-Angebot zugreifen, um sich dort ein Buch zu kaufen, das es in Österreich noch nicht gibt, sagte Freed. Wenn man sich einen US-Account beschaffe und dann in Österreich konstant Inhalte aus dem US-Store herunterlade, werde Amazon irgendwann nachfragen, so Freed: "Wir wissen immer, wo Sie sind."

Amazon beobachte konstant das Verhalten seiner Nutzer, ein ständiger Wechsel zwischen verschiedenen Länderaccounts falle auf. "Wir wollen, dass die Nutzer sich ehrlich verhalten." Den Wechsel zwischen verschiedenen Accounts wolle Amazon verhindern. Wenn ein Nutzer umzieht, kann er seinen Wohnort ändern und so auf den jeweils länderspezifischen Store zugreifen. Einmal gekaufte Bücher, die lokal nicht erhältlich sind, kann er dabei laut Freed behalten.

Mobilfunkanbindung läuft weltweit über AT&T

Neben der geringen Auswahl wird der Kindle außerhalb der USA auch nicht die Möglichkeit bieten, im Netz zu surfen und Blogs zu abonnieren. Das hänge damit zusammen, dass der Mobilfunkzugang des Kindle auch in Europa derzeit über den US-Mobilfunker AT&T läuft, die Roaming-Kosten zahle Amazon. "Wir würden das gerne anbieten und werden es auch tun, aber ich kann nicht sagen wann", so Freed.

Ob diese Features dann über einen lokalen Mobilfunker abgewickelt werden oder weiter über AT&T, ließ er offen. Vorerst sei AT&T die beste Lösung, so Freed. Wenn es für weitere Länder andere Mobilfunker brauche, werde Amazon auch wechseln beziehungsweise mit weiteren Anbietern Verträge abschließen.

Langwierige Verhandlungen

Das Gerücht, dass Amazon den Kindle direkt über Mobilfunker anbieten könnte, wollte Freed nicht kommentieren. "Bei vielen Dingen haben wir am Anfang nicht gewusst, wie genau sie sich entwickeln werden. Als wir vor zwei Jahren mit der Entwicklung der internationalen Version des Kindle begonnen haben, wussten wir auch nicht, wie das am Ende aussehen wird." Vor allem die Zuordnung der Verlage und Bücher zu den zusätzlichen 100 Ländern sowie die Verhandlungen hätten dabei viel Zeit benötigt.

Kein EPUB und keine Löschungen mehr

Das mittlerweile gut etablierte EPUB-Format wolle Amazon weiterhin nicht unterstützen, so Freed. "Den Kunden ist das Format egal. Es gibt bereits viele Möglichkeiten, freie Inhalte aus unterschiedlichen Qellen in verschiedenen Formaten auf den Kindle zu bekommen." Die meisten Verlage würden sich bei der Publikation eines E-Books zudem für einen Kopierschutz (DRM) entscheiden. Beim EPUB-Format sei es aufgrund der unterschiedlichen DRM-Versionen leichter möglich, dass die Bücher mit den Geräten nicht immer kompatibel seien, so Freed.

Angesprochen auf die Löschung des Orwell-Klassikers "1984" und darauf, ob dieses "Feature" auch international möglich sein wird, meinte Freed: "Wir haben einen Fehler gemacht. Wir hätten das Buch nicht löschen sollen. Menschen machen Fehler, und manchmal auch Firmen." Amazon-Chef Steve Bezos habe sich dafür entschuldigt, und Amazon habe mittlerweile sichergestellt, dass das nicht wieder passiere, so Freed.

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(futurezone/Nadja Igler)