Hinter den Bergen, bei den seven Kindles

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21.10.2009

Heißt das neue Microsoft-Betriebssystem "Windows Seven" oder "Windows Sieben"? Wie spricht man den Namen von Amazons Lesegerät in Kalifornien aus? Wir wissen es.

"Sagt man eigentlich 'Windows Seven' oder 'Windows Sieben'?", entfuhr es mir jüngst nach dem Genuss der zehnten Tasse synthetischen Redaktionskaffees. Die Kollegin nebenan unterbrach für einen Augenblick das Murmeln des aktuellen Erlösungsmantras "Vergessen wir Vista ... Vergessen wir Vista ...", nur um kurz "Seven!" zu zischen und weiterzutippen.

Ich selbst habe immer "Seven" gesagt, schließlich heißt es auch nicht "Fenster Aussichtspunkt endgültig", sondern "Windows Vista Ultimate". Doch sicher kann man sich in einer weitestgehend virtualisierten Branche wie der unseren eigentlich nie sein.

Die Frage lautet: Gibt es eine Sprachregelung, die auch dem letzten Redmond-Partner weltweit vorschreibt, wie das neue Spitzenprodukt des Konzernprogramms, sagen wir, auf Inuktitut auszusprechen ist? Die Antwort von Microsoft-Sprecher Thomas Lutz darauf klingt angenehm logisch: "Wir denken zwar global, aber agieren lokal. In diesem Sinne sprechen wir hier in Österreich auch immer von 'Windows Sieben'." Das deutsche Zahlwort für die deutschsprachigen Länder, also.

Vollkommen anders läuft es beim Online-Versender Amazon, dessen Lesegerät Kindle zwar Hunderte verschiedener E-Bücher speichern kann, aber beim genauen Hinsehen dann doch immer nur an Orwells "1984" erinnert. Auf die nur halb unernst gemeinte Anfrage beim Kollegen in Übersee, ob ihm Jeff Bezos schon den neuen Pynchon vom Keindl gelöscht habe, antwortete dieser nur trocken: "Es heißt nicht 'Keindl', sondern 'Kindl'." Und damit hatte er recht, wie Kollegin Igler kürzlich beim Gespräch mit Amazon-Managern aus den USA feststellen durfte: "Wie in 'Christkindl'!" Die deutsche Aussprache passt hier auch besser zum Produkt, denn dank DRM und direktem Löschzugriff aus der Zentrale fühlt sich der Konsument nur allzu schnell entmündigt wie ein Dreijähriger.

Das müsste aber nicht so sein, denn die Geschichte des Büchermarkts zeigt, dass sich dort schon einmal ein Pinguin durchgesetzt hat, zumindest eine Zeitlang, und das mit ordentlichen Produkten. Wollte man die Konzepte von damals auf die heutigen Verhältnisse umsetzen, so täte den zuständigen E-Book-Experten eine Lektüre der Prinzipien einer anderen zeitgenössischen Pinguin-Gemeinde sicher gut. Fragt sich nur, ob es für "Pinguin" ein Wort in Inuktitut gibt. Wahrscheinlich nicht, denn erstens treiben sich diese Vögel in der falschen Hemisphäre herum und zweitens läuft dort sicher auch schon überall Windows siipa.

(futurezone/Günter Hack)