Alan Kay: Handys sollen OLPC ersetzen
Computerpionier Alan Kay hält die Lerncomputer der Initiative "One Laptop per Child" (OLPC) trotz einiger Schwächen für eine Erfolgsgeschichte. Denn ohne den "100-Dollar-Laptop" gäbe es keine billigen Netbooks. Als OLPC der Zukunft würde sich Kay jedoch ein Gerät wünschen, das wie ein Mobiltelefon funktioniert.
Das von IT-Vordenker Nicholas Negroponte angestoßene Projekt "One Laptop per Child" (OLPC) musste in den letzten Jahren mit viel Gegenwind kämpfen. IT-Giganten wie Intel und Microsoft machten dem Projekt anfangs das Leben schwer. Kritiker bemängelten Bürokratie und Missmanagement. Die seitens OLPC erhofften Millionenbestellungen für das Gerät blieben aus. Open-Source-Anhänger waren zudem entsetzt, als Negroponte ankündigte, dass OLPC auch mit Microsoft kooperieren würde.
Zur Person:
Alan Kay begann seine Karriere bei der legendären Forschungseinrichtung Xerox PARC, wo er die Entwicklung der Smalltalk-Programmiersprache leitete und an Erfindungen wie der grafischen Benutzeroberfläche beteiligt war. Danach arbeitete er u. a. für Apple, Disney und HP. Heute leitet Kay eine gemeinnützige Organisation namens Viewpoints Research Institute.
Die Angst der Hersteller
Der Computerpionier Alan Kay glaubt trotzdem, dass der OLPC ein Erfolg war. "Der Optimist in mir sagt: Der 100-Dollar-Laptop ist eine gute Sache", so Kay. Negroponte habe mit dem Gerät die Diskussion über Bildungs-Notebooks und Hardware-Preisgestaltung verändert und etablierte Konzerne dazu gebracht, mit dem OLPC zu konkurrieren.
Kay schlug seinem ehemaligen Arbeitgeber Hewlett-Packard selbst vor einigen Jahren vor, ein preisgünstiges Kleinst-Notebook herzustellen. HP lehnte dankend ab. Bereits kurz nach der Vorstellung des OLPC machten sich jedoch zahlreiche Anbieter daran, selbst kostengünstige Netbooks zu produzieren. Mittlerweile gibt es derartige Geräte von knapp zehn Herstellern, HP inklusive.
Ein enger Freund Negropontes
Zugegeben: In Sachen 100-Dollar-Laptop ist Alan Kay durchaus parteiisch. Er saß selbst lange in verschiedenen Beiräten der OLPC-Initiative, und er zählt Negroponte, den Gründer des MIT Media Lab, zu seinen engen Freunden. "Er war mein Trauzeuge, und ich kenne ihn seit mehr als 40 Jahren", berichtet er.
Trotzdem gibt Kay unumwunden zu, dass der OLPC auch seine Schwächen habe. So brauche es zum sinnvollen Einsatz derartiger Lerncomputer und der darauf laufenden Software vor allen Dingen fachkundige Lehrer. "Daran kann es fast überall scheitern, inklusive in vielen amerikanischen Schulen", so Kay. Das Gerät biete jedoch gerade Entwicklungsländern eine Gelegenheit, das eigene Bildungswesen umzukrempeln.
Verzicht auf Hardware-Verkauf
Alan Kay gilt als Vater des modernen Laptops und der Idee eines Bildungscomputers. Bereits 1968 beschrieb er in einem wissenschaftlichen Aufsatz die Idee eines tragbaren Computers mit Flachbildschirm und drahtlosem Netzwerk. Das sogenannte Dynabook sollte so einfach zu bedienen sein, dass Kinder es zum Lernen einsetzen könnten.
Am Sonntag in "matrix"
Am Sonntag hören Sie um 22.30 Uhr im Ö1-Magazin "matrix" das Gespräch, das Janko Röttgers in Los Angeles mit Alan Kay geführt hat. Kay spricht darin über seine Zeit bei Xerox PARC, die Dynabook-Idee, den OLPC und die Frage, warum Firmen heute keine weltverändernden IT-Produkte mehr entwickeln.
Trotz des Erfolgs seiner Vision glaubt Kay nicht, dass Lerncomputer in Zukunft noch viel mit dem traditionellen Notebook zu tun haben werden. Stattdessen könnte Bildung über Geräte wie das iPhone und einen Tablet-PC vermittelt werden. Dabei geht es Kay nicht nur um den Formfaktor.
"Eins der großen Probleme des OLPC ist, dass man damit immer noch Hardware beschafft, anstatt sich in eine Bildungsinfrastruktur einzukaufen", erklärt er. Mobiltelefone basierten dagegen auf einer langfristigen Kundenbindung, für die der eigentliche Gerätepreis kaum noch eine Rolle spiele. Ein derartiges Modell sei auch für Lern-Hardware wünschenswert, so Kay.
(matrix/Janko Röttgers)