Bezahlinhalte als Retter der Medien
Aus dem Medienbereich kommen weiterhin nur schlechte Nachrichten. Der Werbemarkt bricht weiter ein, die US-Printauflagen sinken um mehr als zehn Prozent. Von Rupert Murdoch angefangen preisen die Medientycoons kostenpflichtige Online-Inhalte als neue Einnahmequelle an. Das Videoportal Hulu beginnt damit 2010.
Während es in anderen Bereichen der Wirtschaft schon sichtbar aufwärts geht - Banken und IT -, zeigt sich im Medienbereich davon noch nichts.
Im Gegenteil, die schlechten Nachrichten reißen nicht ab, und so gut wie alle positiven Schlagzeilen erweisen sich beim näheren Hinsehen als weniger gut.
Die "New York Times" ("NYT") zum Beispiel hatte am Donnerstag die Erwartungen der Analysten übertroffen, die Aktie zog deutlich an. Freilich waren Aktienkurs wie Erwartungen davor so tief im Keller gewesen, dass ein Quartalsverlust von 35,6 Millionen Dollar schon "besser als erwartet" war.
Anzeigen minus 30 Prozent
Im 3. Quartal hatten die Erträge aus dem Zeitungsvertrieb erstmals die Werbeeinnahmen übertroffen, der Grund: Das Anzeigenvolumen fiel um fast 30 Prozent gegenüber dem Vergleichsquartal 2008.
Der Vertriebserlös war alleine deshalb um 6,7 Prozent gestiegen, weil der Endverkaufspreis von "NYT" und "Boston Globe" erhöht worden war. Drei Tage vorher, zu Wochenbeginn, hatte die Geschäftsführung verkündet, dass wie im Vorjahr 100 Redakteure im Newsroom der "NYT" ihre Jobs verlieren verlieren würden.
Gesamtauflage minus 10,6 Prozent
Für den erfolgsverwöhnten Murdoch kann es ebenfalls nur eine bedingt gute Nachricht sein, dass sein "Wall Street Journal" ("WSJ") erstmals die reichweitenstärkste US-Zeitung ist. Das "WSJ" hatte Marktführer "America Today" überholt, weil dessen Auflage um 17 Prozent eingebrochen war, der Zuwachs des Murdoch-Blatts fiel mit 0,6 Prozent bescheiden aus.
Die verkaufte Gesamtauflage des US-Printmarkts war gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahrs um mehr als zehn Prozent zurückgegangen. Von "Vanity Fair" bis zum Wirtschaftsmagazin "Fortune" kündigten US-Printmedien weitere Kündigungen von Journalisten an. "Fortune" gab bekannt, dass Teile des Online-Angebots rund um die "Fortune 500" ebenfalls kostenpflichtig würden.
Die Einbrüche im Detail
Die "New York Times" büßte bis September im Vergleich zum Vorjahr 7,3 Prozent ein und hat jetzt eine tägliche Auflage unter der Woche von 928.000. Die "Los Angeles Times" musste sogar ein Minus von elf Prozent hinnehmen.
Bezahlinhalte von Hulu
Parallel zur fortdauernden Misere der eingesessenen Medien haben Meldungen über die Einführung von Bezahlinhalten derzeit Konjunktur.
Chase Carey, Topmanager bei Murdochs News Corp., sagte am Mittwoch, dass für Teile des bisher kostenlosen Videoangebots Hulu ab 2010 Gebühren fällig würden. Die überhaus populäre Site hatte TV-Serien und Filme bisher kostenlos angeboten und versucht, das alleine über Werbung zu finanzieren.
Geklappt hatte das schon in besseren Zeiten mehr schlecht als recht, und wenn auch die Umsätze der Online-Werbung weniger stark gefallen sind als die im Printgeschäft, so war der Einbruch stark genug, um das bisherige Geschäftsmodell infrage zu stellen.
Murdoch orakelt wieder
Murdoch selbst hatte in den vergangenen Monaten mehrmals laut und vernehmlich über eine Kostenpflicht für weitere Teile der Online-Ausgabe des "WSJ" nachgedacht.
Genau diese Vorgangsweise aber hatte Murdoch vor seiner Übernahme des traditionsreichen Börsenblatts im Jahr 2007 vehement kritisiert und angekündigt, möglichst weite Teile des "WSJ" online frei zugänglich zu machen.
Das Ziel - mehr Reichweite und damit mehr Werbeumsatz - ereichte Murdoch allerdings nicht. Zudem fällt das 2005 erworbene Soziale Netzwerk immer weiter hinter den Konkurrenten FaceBook zurück, auch die Erträge der anderen digitalen Assets lassen zu wünschen übrig.
Wer investiert
Wie alle anderen Verleger - bei Conde Nast wurde bis auf den CEO das gesamte Topmanagement ausgetauscht - werden auch bei der News Corp. die Online-Medien neu bewertet, und es wird eingespart.
AOL-Vorstandsvorsitzender Tim Armstrong wiederum kündigte beim O'Reilly Media Summit am Donnerstag zwar keine konkreten neuen Services an. Ganz offensichtlich stellt sich die Tochter des Time-Warner-Konzerns aber ganz neu auf, und dazu hat man auch einiges an Geld in die Hand genommen.
Abwärtskurven
Wie AOL Time Warner übernahm
So wurde die Anzahl der bei AOL beschäftigten Journalisten laut Armstrong in den letzten Monaten von 500 auf 3.000 aufgestockt. Mehr als dass es sich um eine "breitere Plattform mit mehr Information rund um die Inhalte" handle, wollte der AOL-Chef nicht verraten.
Time Warner ist im Übrigen gerade dabei, die langjährig immer weniger ertragreiche Tochter abzustoßen. In den frühen 90er Jahren war America Online zum führenden "Online-Service" aufgestiegen, worunter man zu jener Zeit ein proprietäres Netz verstand, das via Telefonmodem zu erreichen war und den Mailbox-Systemen ähnelte, die noch eine Zeitlang parallel zum WWW existierten.
AOL hatte als einziger der drei "Online-Dienste" die Transition ins WWW geschafft und stieg dort während der Dot.com-Blase zu einem der drei mächtigsten Player auf.
Da war ein Raunen durch die Welt der eingesessenen Medien gegangen, als ein exorbitanter Börsenkurs es dem Online-Parvenü 2000/01 ermöglichte, die Übernahme des Medienriesen Time Warner zu finanzieren. AOL Time Warner hatte zum Höhepunkt der Blase einen Marktwert von 300 Milliarden Dollar. Heutzutage gibt es die Börse mit 40 Mrd. Gesamtwert für den Konzern schon deutlich billiger.
(futurezone/Erich Moechel)