© ORF.at/Nadja Igler, Alte Spielekonsolen und Fernseher

Subotron: Ein lebendes Museum für Games

GAMES
03.11.2009

Seit fünf Jahren stellt Jogi Neufeld in seinem Retro-Gaming-Shop Subotron im Wiener MuseumsQuartier (MQ) Meilensteine der digitalen Spielkultur aus. Nahezu alle Geräte und Spiele sind käuflich, leben kann Neufeld von dem Shop freilich nicht. Für ihn zählt vielmehr, dass er sein Hobby zum Beruf gemacht hat und sein eigener Chef ist.

Wer den kleinen Subotron-Shop im Quartier 21 im MQ betritt, wird umgehend auf eine kleine Zeitreise in der Welt der digitalen Spiele versetzt. Ataris Darth Vader, die Vectrex-Konsole und die Magnavox Odyssey sind ebenso an Ort und Stelle anzutreffen wie unzählige mobile Spielekonsolen, angefangen von Ataris Lynx über Segas Game Gear bis zu den in Österreich unter dem Namen tricOtronic bekanntgewordenen "Game & Watch"-Geräten.

Alle Konsolen sind funktionsfähig - und fast alle sind auch käuflich, genauso wie die Spiele dazu. Nur von einigen wenigen Dingen will sich Neufeld nicht trennen, wie dem Virtual Boy von Nintendo. Auch die Odyssey, die erste Spielekonsole auf dem Markt, steht nicht zum Verkauf. Sie zu ersetzen, wäre zu kostspielig, erzählt Neufeld. Manche Geräte, wie etwa Ataris Lynx, verkauft er zudem nur, wenn er mindestens zwei Stück davon hat. "Die möchte ich als Museumsstücke bewahren."

Dieses Wochenende feiert Subotron sein fünfjähriges Bestehen: am Freitag im Fluc, am Samstag im Schikaneder. Im Schikaneder sind auch alle Tracks des FM4-Soundpark-Videospielsound-Remixcontests zu hören.

Ein Museum zum Anfassen und Kaufen

In einem Museum stehen die Exponate üblicherweise weder zum Verkauf noch kann man sie ausprobieren - im Subotron-Shop ist beides möglich. "Wenn man was spielen will, muss man mich fragen, dann schalt' ich die Konsolen ein", erzählt Neufeld. Meist bekommt man von ihm gleich einen kurzen Abriss der Entstehungsgeschichte und den Hintergrund des jeweiligen Geräts oder Spiels serviert.

Die meisten Kunden von Neufeld sind Touristen: "Ich habe jeden Tag Kontakt zu Menschen aus aller Welt und weiß nie, was mich erwartet, wenn ich den Shop aufsperre." 80 Prozent der an ihn gerichteten Fragen hätten zwar die Suche nach dem Klo oder dem Museum zum Inhalt, erzählt er, doch dazwischen gebe es echte Lichtblicke, in denen er selbst dazulerne: "Da kommt dann jemand und sagt: 'Hi, ich bin aus Argentinien, ich hab auch einen Mega Drive gehabt. Hast du übrigens gewusst, dass der Mega Drive in Brasilien noch produziert wird und auch eigene Spiele produziert werden?'" Jeder, auch wenn er persönlich nichts damit anfangen könne, habe auf irgendeine Weise einen Bezug zu Videospielen, und daraus würden sich immer wieder nette Gespräche ergeben. "Ich bin mit vielen Emotionen konfrontiert, jeden Tag. Und das ist sehr schön."

Lebensberater und Kaufmann

Das sei auch mit ein Grund, warum es den Shop immer noch gebe: "Ich war schon einige Male dran, alles hinzuschmeißen, weil es finanziell einfach überhaupt nicht mehr gegangen ist." Mittlerweile habe sich der Shop in den fünf Jahren seines Bestehens aber so weit etabliert, dass ihm schon der Ruf vorauseile, "dass das der Ort ist, wo man was kaufen und verkaufen kann, wo man sich aber auch informiert".

Etwa Eltern, die dann erzählen, ihr Sohn stehe gleich nach dem Abendessen auf, um sich seiner Gilde zu widmen - "und mich fragen, was sie tun können". Sein siebenjähriger Sohn sei "zum Glück" kein Fanatiker, zudem achten Neufeld und seine Frau darauf, ihre beiden Kinder beim Medienkonsum immer zu begleiten: "Wir schauen, dass wir sie nie wo abstellen, damit wir mal eine halbe Stunde Ruhe haben, sondern wir sind immer dabei, wenn sie spielen oder fernsehen. "

Schwierige Finanzierung des eigenen Hobbys

Vom Shop alleine kann Neufeld nicht leben, der Verkauf trage meist nicht einmal die Kosten, erzählt er. "Ehrlich gesagt, wenn ich mir das genau anschauen würde, dann müsste ich zusperren." Er nutze das Geschäft dafür als Büro im öffentlichen Raum und mache dort Dinge, die ihm zusätzlich Geld einbringen - wie die Koordination der Vortragsreihe zur Theorie von Computerspielen, für Neufeld ein persönliches Anliegen. Für deren Finanzierung muss der Verein dahinter das Geld von offiziellen Stellen "zusammenbetteln", wobei es von der Bundesstelle für Positivprädikatisierung von Computerspielen (BuPP) wenig, aber regelmäßig Geld gibt. Vonseiten der Privatwirtschaft gebe es gar keine Unterstützung, bedauert Neufeld. Mit Ausnahme von Sony würde auch kein Unternehmen Hardware oder Software spenden.

Was hält ihn dann daran, wenn es doch offenbar schwierig ist, überhaupt davon zu leben, abgesehen davon, dass er sein Hobby zum Beruf gemacht hat? "Meine persönliche Freiheit, mein Wahn, selbstausbeuterischer Selbstständiger zu sein. Niemand, außer dem Direktor des MuseumsQuartiers, kann mir irgendwas anschaffen. Außer meiner Frau natürlich. Und die sagt, wenn ich zufrieden bin und ein bisserl Geld nach Hause bring', kann ich das ruhig machen."

Vom Sammler zum Geschäftsmann

Seine Frau ist auch schuld, dass es den Subotron-Shop überhaupt gibt. Nachdem sich zu Hause bereits in jeder Ecke die Kartons gestapelt hatten, habe sie ihm erklärt, dass er damit verschwinden solle - zu dem Zeitpunkt hat Neufeld den Kurator des Quartiers 21 getroffen und ihm vorgeschlagen, einen Shop zur digitalen Spielkultur zu machen. "Er hat dann gesagt, ja, klingt gut, da wird gerade was frei. Drei Monate später habe ich eröffnet, im November 2004 - ohne Business-Plan, ohne gar nichts. Einfach probiert."

In den vergangen Jahren musste Neufeld viel dazulernen - auch dass er sich von manchen Dingen trennen muss: "Als ich den Shop aufgemacht habe, habe ich vieles nicht verkauft, weil ich mir gedacht habe, nein, das kann ich nicht hergeben. Aber als die nächste Miete fällig war, hab ich gesagt, Scheiße, ich muss mich einfach von mehr Sachen trennen. Es geht nicht anders." Er versuche aber, aus allen Epochen sowie technischen und gestalterischen Entwicklungsstufen etwas an Ort und Stelle zu haben. Schließlich wolle er auch seinen Kindern noch etwas von seinen Schätzen hinterlassen.

Faszination für Design und Technik

Über das Design und die Faszination für die Technik ist Neufeld überhaupt zum Sammeln von digitalen Spielen gekommen - und nicht, wie man vermuten möchte, übers Spielen. Nach seinem Umzug nach Wien habe er auf einem Flohmarkt einen orangefarbenen Donkey Kong "Game & Watch" für fünf Schilling gefunden - den gleichen, den er und seine Brüder sich in der Kindheit geteilt hatten. "Das war dann die Initiation zu sagen, wow, das ist vom Design und der Spielidee her so innovativ, das hat so viele Türen für die ganze Game-Kultur geöffnet, jetzt schau ich einmal, was es da sonst noch so gegeben hat."

Ab dann habe er alles zusammengekauft, was er gefunden habe, ab Ende der 90er Jahre war er zusätzlich auf eBay unterwegs. "Das war dann der Overkill. Auf einmal hatte ich Zugriff auf alles, was weltweit rausgekommen ist und hab dann halt viele Jahre lang wöchentlich ein Packerl aus Amerika beim Südbahnhof beim Zoll abgeholt." Wie viel er in Summe investiert hat, kann er nicht beziffern - "das möchte ich auch gar nicht. Das wäre gleich wieder ein Grund, die Flinte ins Korn zu schmeißen."

"Ich bring lieber was weiter"

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Vom Aufgeben ist Neufeld derzeit ganz offenbar wieder weit entfernt, das könnte auch damit zu tun haben, dass er mittlerweile nicht mehr ganz alleine die Stellung hält. Über ihm zogen Anfang des Jahres die vier Entwickler von Broken Rules ein, gefolgt von Studio Radiolaris. Das sei zwar Zufall gewesen, er schätze den Austausch aber sehr. Er halte es außerdem mit "Henry Jenkins, der gesagt hat: 'So wie Bücher, Jazz und Film in ihren Anfangsjahrzehnten verdammt worden sind als Teufelswerk, so geht es auch digitalen Spielen.' Ich bring lieber was weiter, was noch nicht etabliert ist, als ich setz' mich fett wo rein, wo nichts mehr zu tun ist." Das sei für ihn ein Ansporn.

Auf die Frage, was er noch braucht, sagt Neufeld verschmitzt: "Ich kann immer alles brauchen. Es muss aber funktionieren." Schwer zu bekommen sei ein gut funktionierender Nintendo Entertainment System (NES) und Raritäten wie Vectrex und Virtual Boy. Wirklich suchen würde er eine Neo-Geo-Konsole mit ein paar Spielen, "aber das mag ich mir nicht leisten, die paar hundert Euro zu investieren". Es gebe schon noch ein paar heilige Grale, aber die Zeiten, wo er alles gebraucht habe, seien vorbei.

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(futurezone/Nadja Igler)