Viele offene Fragen bei digitalem Radio
Die Regulierungsbehörde RTR und die Kommunikationsbehörde KommAustria haben gemeinsam mit den Hörfunkanbietern den Bedarf für digitales Radio in Österreich erhoben.
Die Digitalisierung des Radios ist auf lange Sicht unausweichlich, der richtige Zeitpunkt für die flächendeckende Einführung der Verbreitungstechnologie DAB und DAB+ ist allerdings noch nicht gekommen.
Zu diesem Ergebnis gelangten Vertreter der RTR und der Komm Austria und Vertreter von Radiosendern. Innerhalb des vergangenen Jahres haben sie eine Bedarfserhebung zum Thema Digitales Radio durchgeführt und Empfehlungen erarbeitet, die am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert wurden.
Gemeinsame europäische Vorgangsweise
"Die Einführung des digitalen Hörfunks muss in Zukunft stattfinden, um die Wettbewerbsfähigkeit des Radios in Österreich nachhaltig zu sichern", so RTR-Geschäftsführer Alfred Grinschgl. Allerdings plädiert er für eine gemeinsame europäische Vorgangsweise bei der Einführung von DAB.
"Dass wir derzeit in Österreich den Hörfunk noch nicht digitalisieren, liegt unter anderem daran, dass es in unserem Nachbarland Deutschland derzeit keinen einheitlichen Willen gibt, DAB bzw. DAB+ großflächig und daher erfolgreich zu launchen", so der RTR-Chef.
Keine ausreichenden gesetzlichen Grundlagen
Weiters gibt es laut Michael Ogris, Behördenleiter der KommAustria, keine ausreichenden gesetzlichen Grundlagen für einen Regelbetrieb im digitalen Hörfunk. Auch seien noch viele Fragen offen, es müssten etwa Must-carry-Verpflichtungen und Meinungsvielfalt-Aspekte bedacht werden. "Der Gesetzgeber wird auch über Ausmaß, Inhalt und Finanzierung zusätzlicher digitaler Hörfunkprogramme des ORF nachdenken müssen", so Ogris.
"Nicht zum Umschalten zwingen"
Der ORF würde seinerseits die Digitalisierung des Radios begrüßen, "weil es mehr Programmplätze erlauben wird", so der Technische Direktor Peter Moosmann. Ihm schweben beispielsweise ein Ö3-Sportspartenkanal vor, in dem live von Fußballspielen und Skievents berichtet wird, sowie ein Ö1-Inforadio. Genau wie die privaten Veranstalter lehnt der ORF indes die Abschaltung von UKW parallel mit einer flächendeckenden Einführung von DAB ab. "Wir wollen die Hörer nicht zum Umschalten zwingen", so Moosmann.
Die Konsumenten sollten vielmehr durch neue Programm- und Zusatzangebote überzeugt werden, dass sie durch einen Umstieg von analoger auf digitale Empfangstechnik Vorteile erhalten, sagte Christian Stögmüller, Vorsitzender des Verbandes Österreichischer Privatsender.
Freie Radios befürchten Verdrängung
Die freien Radios stehen der Digitalisierung hingegen skeptisch gegenüber, weil sie eine Marktverdrängung fürchten. Helmut Peissl, Chef des Verbands Freier Radios Österreich, betonte, dass DAB und DAB+ für großflächige Versorgungsräume konzipiert seien, für den lokalen Hörfunk seien daher alternative, angepasste Technologien einzuplanen. "DAB darf die Lokalradios nicht an den Rand drängen, man darf hier nicht nur Autobahnen, sondern muss auch Landstraßen bauen."
"Langer Simulcastbetrieb"
Michael Wagenhofer, Geschäftsführer der ORF-Sendetechniktochter ORS, gab zu bedenken, dass bei der Einführung eines digitalen Übertragungsstandards ein Simulcastbetrieb über ungefähr 15 Jahre nötig sein werde. Wie das zu finanzieren sei, gelte es noch zu bedenken. Die jährlichen Betriebskosten für die Verbreitungsplattform Multiplex bezifferte Grinschgl mit "plus minus acht Millionen Euro".
(APA)