Negroponte will neuen Bildungscomputer bauen
OLPC-Gründer Nicholas Negroponte will seine Bildungscomputerinitiative neu strukturieren und effizienter machen. Auch die Entwicklung neuer Hardware sei geplant. Vom buchähnlichen Rechner XO 2.0 hat sich die Initiative wegen zu hoher Produktionskosten allerdings verabschiedet.
In einem umfangreichen Interview mit der US-Branchenwebsite Xonomy kündigte Negroponte einschneidende Änderungen in der Struktur und künftigen Hardware-Entwicklung des Vorhabens an.
Wichtigste Änderung im Bereich Hardware ist der Verzicht auf den XO 2.0. Dieser hätte wie ein E-Book mit zwei Bildschirmhälften aussehen sollen, wäre aber in der Produktion zu teuer gekommen. Nun solle auf den ersten XO ein äußerlich identisches Modell folgen, der XO 1.75, der mit einem schnelleren ARM-Prozessor ausgestattet sein werde.
Weiterhin arbeite die Initiative daran, den XO 3.0 zu entwerfen. Dieser solle "wie ein Blatt Papier" aussehen, die Hülle werde aus unzerbrechlichem Plastik bestehen, das Gerät werde wetterfest sein und über einen transflektiven Farbbildschirm verfügen. Die Energieaufnahme werde bei nur einem Watt liegen. Der Preis für das Gerät liege bei 75 US-Dollar, es werde im Jahr 2012 zur Verfügung stehen.
Verhandlungen mit der ITU
Was den Internet-Zugang angehe, so sei man dabei, mit der UNO-Telekommunikationsorganisation ITU in Genf über eine Lösung für kostenlose Verbindungen in Entwicklungsländern zu verhandeln. Die ITU wolle bis 2015 wenigstens die Hälfte der Weltbevölkerung mit Hochgeschwindigkeitsinternet-Anschlüssen versorgt haben.
Negroponte weist in dem Interview auch darauf hin, dass sich die Bildungscomputerinitiative in zwei Organisationen mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen getrennt habe und sich nun nicht mehr OLPC, sondern olpc nenne, um diese Änderung in der Kommunikation nach außen deutlich zu machen. Den Vertrieb der Hardware habe die OLPC-Association (OLPCA) mit Sitz in Miami übernommen. Die zweite Teilorganisation sei die Stiftung, die sich um Grundlagenforschung und die Verbreitung der Idee kümmern soll.
Ein US-Dollar pro Woche und Kind
Derzeit seien weltweit rund 1,1 Millionen XO-Maschinen im Einsatz, außerdem seien 700.000 weitere Geräte vorbestellt und in Produktion. Negroponte freut sich auch über den internationalen Boom der vergleichsweise günstigen Netbooks mit Atom-Prozessor.
Den Kern seiner Mission sieht Negroponte erfüllt: "Die Leute stellen unser Konzept nicht mehr infrage. Die einzige Frage, die jeder stellt, lautet: Wie können wir das bezahlen?" Die derzeitigen Kosten (Total Cost of Ownership, TCO) für einen XO inklusive Internet-Verbindung würden einen US-Dollar pro Woche und Kind betragen. Für die meisten armen Länder sei das immer noch zu teuer, aber mit Unterstützung von außen zu bewältigen.
Auch in Österreich ist der XO im Rahmen eines Tests des Bildungsministeriums in Graz im Einsatz. Zuletzt zeigte sich Informatikpionier Alan Kay gegenüber ORF.at davon überzeugt, dass es sinnvoller sei, die Bildungssoftware nicht auf spezialisierter Hardware, sondern auf Mobiltelefonen laufen zu lassen.