Streit über Zugang zu staatlichen Statistiken
Grüne und FPÖ vermissen in der aktuellen Novelle des Bundesstatistikgesetzes eine Bestimmung, die staatliche Stellen dazu verpflichten würde, mit Steuergeldern finanzierte Statistiken auch vollumfänglich zugänglich zu machen. Die Grünen kritisieren die geplante Zusammenführung von statistischen Daten mit Verwaltungsdaten.
Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat am Mittwoch über von der Regierung vorgeschlagene Änderungen im Bundesstatistikgesetz debattiert. Dabei sprachen sich die Abgeordneten Daniela Musiol (Grüne) und Peter Fichtenbauer (FPÖ) gegen eine Bestimmung aus, welche die Veröffentlichungspflicht von in Auftrag gegebenen Statistiken auch weiterhin eingeschränkt lassen würde. Sowohl Arbeiterkammer (AK) als auch Wirtschaftskammer (WKÖ) hätten sich dafür ausgesprochen, dass alle Statistiken, die aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, in vollem Umfang veröffentlicht werden müssten.
Einen deshalb von der FPÖ eingebrachten Vertagungsantrag lehnten die Vertreter der Regierungsparteien ab. Wilhelm Molterer (ÖVP) äußerte allerdings Verständnis für die Bedenken der Opposition und versprach, die strittige Bestimmung bis zur Beratung im Plenum nochmals zu prüfen. Man könne beispielsweise zwischen privaten und öffentlichen Auftraggebern der Statistiken unterscheiden und über die Zeitpunkte der Veröffentlichungspflicht diskutieren.
Mahnung zur Offenheit
Staatssekretär Josef Ostermayer zufolge würden bei allen von der Statistik Austria erhobenen Statistiken die Hauptergebnisse veröffentlicht, auch bei jenen, die nicht aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen erstellt würden. Die Entscheidung über eine Gesamtveröffentlichung obliege dem Auftraggeber. Die grüne Verfassungssprecherin Daniela Musiol kritisierte das in einer Aussendung vom Mittwoch: "Das ist demokratiepolitisch bedenklich. Es sollte ein Recht auf gleichen und unprivilegierten Zugang zu Informationen bestehen." Sie forderte ÖVP und SPÖ dazu auf, die Veröffentlichungspflicht für Vertragsstatistiken durch einen Abänderungsantrag im Plenum zu ergänzen.
Musiol machte darüber hinaus datenschutzrechtliche Bedenken geltend: "Im europäischen und weltweiten Vergleich ist es undenkbar, statistische Daten und Verwaltungsdaten abzugleichen. Aber genau das sieht das Bundesstatistikgesetz vor."
In der Änderung des Bundesstatistikgesetzes 2000 ist geplant, die aus der Stammzahl natürlicher Personen gebildeten bereichsspezifischen Personenkennzeichen (bPK) bei der Erstellung von Statistiken zu verwenden, "nachdem die Identifizierung der statistischen Einheit durch das Organ der Bundesstatistik nicht mehr benötigt wird", wie es in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage heißt. Das Bundeskanzleramt hält diese Vorgehensweise für gesetzeskonform, da "bei der Verwendung von nur indirekt personenbezogenen Daten keine schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen verletzt werden". Außerdem sei es der Statistik Austria "nach Kenntnis des Bundeskanzleramtes" derzeit technisch nicht möglich, die bPK auf die Stammzahl einer betroffenen Person zurückzuführen.
Volkszählung verschoben
Weiterhin beschloss der Verfassungsausschuss mit der Mehrheit der Regierungsparteien, die erste registerbasierte Volkszählung in Österreich nicht, wie ursprünglich geplant, im Jahr 2010, sondern erst 2011 zu veranstalten. Grund für die Verschiebung sind Vorgaben der EU, denn die Verordnung (EG) Nr. 763/2008 verpflichtet die Mitgliedsstaaten dazu, in jedem Jahrzehnt wenigstens eine Volkszählung zu veranstalten. Der Ausschuss billigte einen entsprechenden Gesetzesentwurf der Regierung. Dieser Entwurf sieht auch vor, mehr Menschen als bisher zu befragen. Außerdem ist "zur Wahrung statistischer Qualitätsstandards" künftig der Einsatz von Schätzverfahren erlaubt.