© Bild: Günter Hack, Fassade des Wiener Rathauses

Wiens Bedingungen für Open Source

OSS
04.11.2009

Auf einer Infoveranstaltung wurden am Mittwoch die Bedingungen für die Förderung von Open-Source-Projekten durch die Wiener Stadtverwaltung vorgestellt. So muss der Code veröffentlicht und, wenn möglich, unter European Union Public Licence gestellt werden. Die Veröffentlichung der STOSS2-Studie über den Einsatz von Open Source in der Wiener Stadtverwaltung lässt hingegen weiter auf sich warten.

Ende Juni hatte der Wiener Gemeinderat einen gemeinsamen Antrag von SPÖ und Grünen verabschiedet mit dem Ziel, den Einsatz von Open-Source-Software (OSS) in der Stadtverwaltung zu fördern. Ebenfalls beschlossen wurden damals die Veröffentlichung der bis dahin unter Verschluss gehaltenen Linux-Evaluierungsstudie STOSS2 sowie ein Open-Source-Förderwettbewerb zum Thema E-Government-Anwendungen.

Der Förderwettbewerb läuft seit Anfang Oktober, das Zentrum für Innovation und Technologie der Stadt Wien (ZIT), die für die Wiener Stadt-EDV zuständige Magistratsabteilung 14 (MA 14) und der Fachverband Unternehmensberatung und Informationstechnologie (UBIT) erläuterten am Mittwoch in Wien die Bedingungen dafür.

300.000 Euro für Open Source

Die Ziele seien, innovative OSS-Entwicklungen von KMUs für die öffentliche Verwaltung zu fördern, sowie die Unterstützung von Wiener Unternehmen, erklärte Christian Bartik vom ZIT, das den Wettbewerb abwickelt. Einreichen können alle Wiener Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern. Bis zu einer Größe von 50 Mitarbeitern bekommen sie 35 Prozent des Projekts gefördert, darüber 25 Prozent. Einzelunternehmer und Unternehmensgründer sind ebenfalls willkommen.

Ablauf des OSS-Wettbewerbs:

Nach Ende der Einreichfrist für den Open-Source-Förderwettbewerb gibt es eine Formalprüfung durch das Zentrum für Innovation und Technologie (ZIT), dann werden die Anträge von der Jury begutachtet und ein Wettbewerbsverfahren durchgeführt. Am 22. und 23. Februar 2010 folgt ein Hearing der Antragsteller, im Anschluss trifft die Jury die Förderempfehlung, die dann vom Wiener Wirtschaftsförderungsfonds und dem Magistrat bestätigt wird.

In Summe stehen 300.000 Euro zur Verfügung, wobei die Zahl der tatsächlich geförderten Projekte derzeit offen ist. Ein Projekt muss mindestens 25.000 Euro groß sein, damit können maximal zwölf Projekte gefördert werden. Die Projekte dürfen eine maximale Laufzeit von zwei Jahren haben, die Einreichfrist endet am 22. Dezember um 24.00 Uhr.

Bewertet werden die Projekte nach neun Indikatoren, dazu zählen der Innovationsgrad, die wirtschaftliche Bedeutung und das Geschäftsmodell, der Nutzen für die Stadt Wien, die Förderung des Open-Source-Gedankens und die Nachhaltigkeit. Laut Wolfgang Steiner von der MA 14 wurden die Indikatoren für die OSS-Ausschreibung eigens angepasst.

Veröffentlichung unter EUPL auf OSOR.eu

Die MA 14 gibt dazu noch bestimmte Rahmenbedingungen vor: So muss der Software-Code auf der Open-Source-Plattform für europäische Verwaltungen (OSOR.eu) veröffentlicht werden. Die Software soll so auch anderen Verwaltungen zur Verfügung gestellt werden und damit Nachhaltigkeit haben, zudem erhofft sich die Stadt Wien eine rege Community-Beteiligung.

Der Code soll zudem möglichst unter der European Union Public Licence (EUPL) veröffentlicht werden. Das sei ein Wunsch, so Steiner, es können aber wenn nötig auch andere OSI-konforme Lizenzen angewendet werden. Unabdingbar ist hingegen die Nutzung und Unterstützung von internationalen, veröffentlichten, offenen und lizenzfreien Standards. Der erforderliche Zeichensatz ist UTF-8.

Wien wünscht sich Firefox für Unternehmen

Auch bei den Projekten hat die Stadt Wien eine Wunschliste mit sieben Themenbereichen vorgelegt, die laut Steiner alle verhandelbar sind. Andere Vorschläge müssen aber einen erkennbaren Nutzen für die Stadtverwaltung haben. Auf der Liste findet sich - neben einem Formulargenerator für E-Government, Signaturen für PDFs, geografische Informationssysteme und Festplattenverschlüsselung - auch die Adaptierung des Browsers Firefox für Unternehmen, etwa durch zentral administrierbare Policys - und das auf Windows- sowie wie auf Linux-Clients. Das gelte auch für alle anderen Projekte, so Steiner.

Entwickler interessiert, aber vorsichtig

Die anwesenden Entwickler zeigten sich interessiert, auch wenn einige die Möglichkeit, mit ihrer Software abseits der Stadt Wien Geld zu verdienen, ein wenig kritisch sahen. Steiner erklärte aber, dass die vorgelegten Ansätze für viele Verwaltungen interessant sein und die Firmen mit ihren Services dort durchaus Geld verdienen könnten. Christian Bartik vom ZIT rechnet "aus dem Bauch heraus" mit 20 Förderanträgen.

Christian Schwarzinger von der Open Source Experts Group begrüßte die Ausschreibung, seiner Meinung nach wurde aber zu wenig auf den Kooperationsgedanken im Open-Source-Bereich eingegangen, da etwa Kooperationen nur begrenzt gefördert würden. Es habe im Vorfeld einige Diskussionen gegeben, die Vorschläge seien aber nicht angenommen worden. "Ich bin aber froh, dass das Glas einmal halbvoll ist", so Schwarzinger gegenüber ORF.at.

Kritik von kommerziellen Anbietern

Von Microsoft kam gleich vor Ort Kritik: Er sehe die Ausschreibung kritisch, erklärte Microsoft-Sicherheitssprecher Gerhard Göschl gegenüber ORF.at, da damit kommerzielle Anbieter ausgeschlossen und somit benachteiligt würden. Er verwies dazu auf eine entsprechende Stellungnahme des Verbands österreichischer Software-Industrie (VÖSI), in der dieser eine einseitige Bevorzugung von Marktteilnehmern nach Technologiekriterien als marktverzerrend ablehnt.

Für Friedrich Kofler, Obmann der Fachgruppe UBIT Wien, ist die Ausschreibung hingegen "gut und notwendig". Sie bilde zudem ganz gut den aktuellen Stand der Wiener Software-Firmen ab - 35 Prozent der Wiener Firmen haben laut Kofler mit Open Source zu tun.

STOSS2: Bitte warten

Anlässlich der aktuellen Ausschreibung hat ORF.at erneut im Büro des Wiener Stadtrats Rudolf Schicker angefragt, wie es denn um die Veröffentlichung der STOSS2-Studie steht. Sie sollte ja als Grundlage für eine anstehende Entscheidung für oder gegen einen breiteren Einsatz von Open Source in der Wiener Stadtverwaltung dienen und ursprünglich im Herbst 2008 veröffentlicht werden. Inoffiziell ist sie seit Ende 2008 fertig.

Schickers Mediensprecherin Vera Layer erklärte dazu, dass immer noch auf die Letztfassung für die Veröffentlichung gewartet werden. Auf einen finalen Termin oder einen Zeitraum dafür wollte sie sich nicht festlegen: "Ich habe schon einen genannt, und der konnte nicht gehalten werden" - nun sei sie vorsichtig. Dass die aktuelle Ausschreibung eine positive Bewertung von Open Source durch die Studie nahelegt, wollte Layer nicht gelten lassen. "Das würde ich so nicht sagen." Sie kenne den genauen Inhalt der Studie aber nicht.

Mehr zum Thema:

~ Link: Stadt Wien fördert Open-Source-Projekte (../http://www.fuzo-archiv.at/?id=1628932v2) ~

(futurezone/Nadja Igler)