Fekter gegen Entwurf für Data-Retention
Anlässlich einer Sitzung des Innenausschusses des Nationalrats am Donnerstag hat sich Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) gegen den Entwurf des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Menschenrechte zur Umsetzung der EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (Data-Retention) in nationales Recht gewandt. Ein veränderter Entwurf soll Ende November in Begutachtung gehen.
Sie kritisierte den Entwurf laut Parlamentskorrespondenz als "wenig praktikablen Vorschlag, der an den Bedürfnissen der Polizeiarbeit vorbeigeht", und kündigte an, dass es "bald" einen neuen Gesetzesentwurf geben werde, der zwischen dem federführenden Verkehrsministerium sowie dem Justiz- und dem Innenministerium abgesprochen sei.
Warten auf Vorschläge
Auf Anfrage von ORF.at sagte Paul Hefelle, Sprecher von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner, dass sein Haus derzeit noch auf neue Vorlagen aus dem federführenden Infrastrukturministerium warte: "Was wir bisher gesehen haben, eignet sich noch nicht dafür, dass wir unseren Teil der Begutachtung abschließen können."
Wann es einen neuen Vorschlag geben soll, konnte Hefelle noch nicht sagen, auch ob der bisherige Entwurf eher an formalen oder inhaltlichen Fragen gescheitert sei, ließ er offen. Anfragen von ORF.at zum Thema bei Innen- und Infrastrukturministerium laufen.
Laut einem Bericht der APA vom Freitag soll der neue Entwurf am 24. November in Begutachtung gehen. Zugriff auf die Daten sollen die Behörden nur auf richterlichen Beschluss erhalten, wie die "Presse" am Freitag berichtete. Außerdem müssen die Provider alle Zugriffe auf die gespeicherten Daten protokollieren, um Missbrauch zu vermeiden. Die Verwendung der Daten soll wie von der EU vorgesehen auf "schwere Straftaten" beschränkt werden.
Umsetzungsziel 2010
Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) hatte das Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte damit beauftragt, einen Entwurf für die nationale Umsetzung der Data-Retention-Richtlinie zu erstellen. Der Entwurf wurde dem Infrastrukturministerium am 11. September überstellt, publiziert wurde er allerdings noch nicht. Ziel der Regierung ist nach wie vor, die Richtlinie 2010 umgesetzt zu haben.
Bures tritt dafür ein, die Verbindungsdaten sechs Monate lang speichern zu lassen. Das wäre die minimale Umsetzung der Richtlinienvorgabe. Österreich ist bei der Umsetzung der 2006 auf EU-Ebene beschlossenen Richtlinie stark im Verzug, weshalb die EU-Kommission bereits eine routinemäßige Klage am Europäischen Gerichtshof eingereicht hat.
Streit über Speicherpflicht
Der deutsche Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) hat am Freitag den neuen Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) dazu aufgefordert, die Bundesnetzagentur anzuweisen, nichtkommerzielle Kleinprovider von der Data-Retention auszunehmen. Der AK-Vorrat beruft sich dabei auf eine Mitteilung von EU-Medienkommissarin Viviane Reding, nach deren Auffassung nur kommerzielle Provider erfasst werden sollten.
Umstrittener Überwachungsplan
Die 2006 verabschiedete EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet alle Kommunikationsanbieter in der EU dazu, alle Telefonie- und Internet-Verbindungsdaten sowie Handystandortdaten für mindestens sechs Monate zu speichern und für die Strafverfolgungsbehörden zur Bekämpfung von Terrorismus und Schwerstkriminalität bereitzuhalten.
Bürgerrechtsgruppen in der ganzen EU hatten die Maßnahme scharf kritisiert, da die verdachtsunabhängige Speicherung der elektronischen Kommunikationsvorgänge aller Bürger tief in die informationelle Selbstbestimmung eingreife. In Deutschland initiierten Bürgerrechtler gegen die dortige Umsetzung der Data-Retention die größte Verfassungsbeschwerde in der Geschichte der Bundesrepublik. An der Beschwerde beteiligten sich über 34.000 Bürger.
Handypeilung bei "Gefahr im Verzug"
Weiters erneuerte Fekter in der Sitzung des Innenausschusses ihre Forderung nach einer Möglichkeit der Handypeilung durch die Sicherheitsbehörden ohne Einbindung der Netzbetreiber. Als Vorbild nannte Fekter eine entsprechende Regelung in Deutschland. Das von SPÖ und ÖVP noch unter der Regierung Gusenbauer novellierte Sicherheitspolizeigesetz (SPG) erlaubt bereits den Einsatz IMSI-Catcher zur Peilung von Personen, die in Not geraten.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hatte allerdings im vergangenen Juli festgestellt, dass Provider gegen Anfragen der Polizei, die aus ihrer Sicht rechtswidrig sind, Einspruch erheben und vor den Verwaltungssenat ziehen könnten.
Laut APA-Bericht vom Freitag soll die Handypeilung ohne richterlichen Beschluss nun offenbar auch in der Umsetzung der Data-Retention berücksichtigt werden. Die "Presse" berichtete am Freitag, dass die Polizei wie bereits bei der letzten Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes bei selbst definierter "Gefahr im Verzug" Handys anpeilen darf.
(futurezone/Günter Hack)