ARGE Daten kritisiert Data-Retention
Zeger: Grundrechtskonforme Umsetzung der Richtlinie "unmöglich"
Die ARGE Daten hat am Montag heftige Kritik am Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung geübt. Eine grundrechtskonforme Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung (Data-Retention) sei trotz der Mitwirkung des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Menschenrechte unmöglich, sagte Vereinsobmann Hans Zeger im Gespräch mit der APA. Stattdessen öffne man "die Büchse der Pandora": "Der Druck wird extrem hoch, die Daten auch für andere Zwecke offenzulegen."
"Mit dieser Richtlinie hat man ein ganz wesentliches Grundprinzip unserer Gesellschaft verlassen - unbeobachtet leben zu können, solange man sich nichts zuschulden kommen lässt", sagte Zeger. Dieses Prinzip habe Verfassungsrang und sei auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verankert, deshalb sei eine grundrechtskonforme Umsetzung der von der EU verlangten Vorratsdatenspeicherung auch "ganz klar" nicht möglich.
Einführung des Generalverdachts
Abgesehen vom "grundsätzlichen Problem, dass jeder unter Generalverdacht" gestellt werde, zweifelt Zeger am Sinn der geplanten sechsmonatigen Speicherung von Telefon- und Internet-Verbindungs- sowie Handystandortdaten: "Der, der weiß, dass er etwas zu verbergen hat, hat trotzdem eine Unzahl an Möglichkeiten, seine Spuren zu verwischen."
Der Experte fürchtet außerdem, dass es nicht beim eigentlichen Zweck - der Ermittlung bei schweren Straftaten - bleiben wird: "Wenn die Daten einmal da sind, wird die Begehrlichkeit wachsen." Schon jetzt gebe es entsprechende Anfragen, etwa ob ein Verursacher eines Autounfalls zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes telefoniert hat. "Jetzt kann man sagen, die Daten gibt es nicht", mit der Vorratsdatenspeicherung werde aber der Druck "extrem hoch, die Daten auch für andere Zwecke offenzulegen".
Problem der Beweisverwertung
Hinzu komme, dass es in Österreich vor Gericht keine Verbote zur Beweisverwertung gebe. Beschaffe sich also jemand im Zuge eines Zivilprozesses entsprechende Daten "auf dubiosem Weg", würden diese trotzdem vor Gericht anerkannt. "Wir öffnen die Büchse der Pandora", warnt Zeger.
Österreich solle ein "grundrechtliches Vorbild" sein und es auf die bereits beim EuGH eingebrachte Klage der EU-Kommission wegen Nicht-Umsetzung der Richtlinie ankommen lassen. Der Idealfall wäre für Zeger, wenn die Vorratsdatenspeicherung als Ergebnis überhaupt nicht eingeführt werden müsste. Allerdings gibt es auch eine Alternative, mit der sich die ARGE Daten durchaus zufriedengeben würde: Im US-amerikanischen Modell dürften Daten in konkreten Fällen flächendeckend über einen bestimmten Zeitraum gesammelt werden - jedoch nicht "von vornherein".
Der Gesetzesentwurf zur österreichischen Umsetzung der EG-Richtlinie zur Data-Retention wird voraussichtlich noch vor dem 24. November zur Begutachtung veröffentlicht werden. In Kraft treten sollen die vorgesehenen Änderungen am Telekommunikationsgesetz voraussichtlich Mitte 2010. Der Entwurf sieht unter anderem eine Speicherfrist von sechs Monaten vor.
(APA)