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Noten für den Arzt im Netz

START-UP-GESCHICHTEN
19.11.2009

Das Wiener Start-up DocFinder will mit seiner gleichnamigen Ärztesuch- und Bewertungsplattform Ärzte und Patienten miteinander vernetzen und mehr Transparenz in den heimischen Gesundheitssektor bringen. Die Österreichische Ärztekammer (ÖAK) beurteilt Dienste wie DocFinder skeptisch.

Bei der Arztsuche hole man sich gerne Hilfe aus dem Freundes- und Bekanntenkreis, sagt Gerald Timmel. Um diese "gelebte Mund-zu-Mund-Propaganda" auf das Netz zu übertragen, hat er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Claudio Winkler die Ärztesuchplattform DocFinder ins Leben gerufen.

Seit August ist der Dienst online. Neben einem rund 18.700 Adressen umfassenden Ärzteverzeichnis bietet DocFinder seinen Nutzern auch die Möglichkeit, Ärzte zu bewerten und weiterzuempfehlen. Die auf der Plattform gesammelten Erfahrungsberichte von Patienten sollen als Entscheidungshilfe für die Arztsuche dienen.

Die DocFinder-Gründer Gerald Timmel (im Bild links) und Claudio Winkler.

"Einfühlungsvermögen und Vertrauen"

"Wir sagen nicht, wer der beste Arzt ist oder wer die meiste Kompetenz hat, das kann ein Patient als Laie schwer beurteilen", so Timmel. "Aber ich kann als Patient sagen, ob ich mich bei dem Arzt wohlfühle oder ob ich Vertrauen zu ihm habe." Entsprechend ist auch der Fragebogen für Nutzer der Plattform gestaltet. So können etwa das Einfühlungsvermögen des Arztes, die Zufriedenheit mit der Behandlung, das Serviceangebot, Wartezeiten und die Ausstattung der Praxis auf einer fünfteiligen Skala bewertet und um Erfahrungsberichte ergänzt werden.

Die Bewertungen scheinen dann neben den Ordinationszeiten und einer Liste der Krankenkassenverträge im Profil des jeweiligen Arztes auf.

"Erfahrungen einsickern lassen"

Nach außen hin wird die Bewertung zwar anonym dargestellt. Um Ärztebewertungen vorzunehmen, müssen sich die Nutzer jedoch mit einer gültigen E-Mail-Adresse auf der Plattform registrieren. "Uns ist es wichtig, dass sich die Nutzer zu ihren Bewertungen bekennen", so Timmel. Die Nutzer werden auch gebeten, ihre Erfahrungen mit den Ärzten "einsickern zu lassen" und "objektiv nachvollziehbar" zu schreiben, was sie am jeweiligen Arzt gut oder schlecht finden. "Wir wollen nicht, dass sich Leute auf unserem Dienst abreagieren oder Ärzte Kollegen schlechtmachen", erzählt Timmel, der ebenso wie Mitgründer Winkler selbst Mediziner in der Familie hat.

Postings, die den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen, gegen Gesetze verstoßen oder verleumnderisch oder rassistisch sind, werden gelöscht. Bei negativen Erfahrungen will Winkler zwischen Nutzern und Ärzten vermitteln und mit dem Arzt "einen Dialog aufbauen". "Wenn es konstruktive Kritik gibt, soll sie der Arzt auch als solche sehen", erklärt Winkler.

Die Reaktionen von Ärzten auf ihr Portal seien bisher fast ausschließlich positiv gewesen, erzählen die beiden Gründer: "Vor allem junge Ärzte sehen in der Plattform eine Chance, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren."

Arztsuche und -bewertung in Österreich (Auswahl):

Neben DocFinder können heimische Nutzer Ärzte unter anderem auch im Forum von Arztbewertung.at benoten. Dieses ist nicht zu verwechseln mit dem Portal Arztbewertung.net, das einen ähnlichen Funktionsumfang mit Suche und Ranking-Option bietet. Die Möglichkeit der Ärztesuche bieten auch einige Landesstellen der Österreichischen Ärztekammer, etwa die Ärztekammer für Wien. Daneben können Öffnungszeiten von Ordinationen und Adressen von Ärzten in Österreich unter anderem auch über das dem Gesundheitsportal Netdoktor angeschlossene Arztverzeichnis und arztsuche24.at abgefragt werden.

Ärztekammer skeptisch

In der Ärztekammer werden Dienste wie DocFinder skeptisch beurteilt. "Die Nachfrage nach solchen Einrichtungen ist grundsätzlich verständlich, allerdings ist der Wert kritisch zu hinterfragen", meint Lukas Stärker, Stellvertretender Kammeramtsdirektor in der Standesvertretung. Aufgrund der Anonymität seien die Behauptungen nicht überprüfbar. Darüber hinaus seien sie in Bezug auf die Qualität des Arztes wenig aussagekräftig. Die medizinische Leistung könne vom Patienten schwer beurteilt werden. Stattdessen werde über andere Sachen darauf geschlossen.

"Der eine fühlt sich wohl, wenn im Wartesaal gute Literatur da ist, der andere meint, es fehlt ihm der Kaffee", so Stärker. "Es wird um die Hülle diskutiert. Uns geht es aber um die Fülle." Eine Bank werde auch nach der Höhe der Zinsen beurteilt und nicht danach, wie schön das Bankfoyer sei. Wenn Patienten unzufrieden seien, sollten sie am besten gemeinsam mit ihrem Arzt eine Lösung suchen, meint Stärker.

"Bedarf besteht"

"Ärztebewertung ist ein heißes Thema, das viel diskutiert wird", sagt DocFinder-Geschäftsführer Timmel. "Wenn Transparenz in einen Sektor gebracht wird, gibt es immer ein Für und Wider. Wir sind für Diskussionen aber durchaus offen und wollen auch Kommunikation dazu fördern."

Marktanalysen hätten gezeigt, dass ein Bedarf an Ärztebewertungsplattformen bestehe und solche Dienste von Patienten auch akzeptiert würden, so Timmel: "Vor allem die junge Generation ist gewillt, den passenden Arzt über das Internet zu suchen." DocFinder selbst zählt laut den Gründern derzeit rund 1.100 Besucher (Unique Clients) pro Tag.

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Heftige Diskussionen in Deutschland

Neben DocFinder können österreichische Patienten Ärzte unter anderem auch über die Plattform Arztbewertung.net und das Forum Arztbewertung.at benoten. In Deutschland gibt es eine ganze Reihe von Anbietern. Dort will auch die Krankenversicherung Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) ihren 25 Millionen Versicherten ein Portal zur öffentlichen Bewertung ihrer Ärzte im Internet einrichten und sorgte damit im Sommer für heftige Diskussionen.

Von der Konkurrenz wollen sich Timmel und Winkler "durch die Art, wie das Service erbracht wird", unterscheiden. So bieten sie etwa neben der Arztsuche und -bewertung auch eine Apothekensuche an.

Netzwerk an Dienstleistern

Beim Betrieb der Plattform werden die beiden Gründer von einem Netzwerk an externen Dienstleistern - das von der Rechtsberatung über Datenprovider bis hin zum Serverhosting reicht - unterstützt. Angestellte hat das Unternehmen bisher noch keine. "Wir werden aber sicherlich Unterstützung brauchen", meint Timmel.

Premium-Accounts und Werbung

Geld verdienen will das Start-up mit "Premium-Accounts" für Ärzte, denen die Möglichkeit geboten werden soll, sich auf der Plattform ausführlich zu präsentieren, und die dabei etwa auch Fotos von sich und ihren Ordinationen oder Informationen zu Behandlungsmethoden veröffentlichen können. Daneben sollen auch Werbeeinschaltungen für Einnahmen sorgen.

Eigenfinanziert

Finanziert wird das Angebot bisher von den Gründern. Das soll bis auf weiteres auch so bleiben. "Zurzeit sind wir noch sehr gut aufgestellt und können die Kosten decken", sagt Timmel. Zum Ausbau des Dienstes sei man aber durchaus für Investoren offen: "Das wird schon diskutiert."

Serie

Im Rahmen der Serie "Start-up-Geschichten" berichtet futurezone.ORF.at in loser Folge über innovative Web- und IT-Unternehmen mit Österreich-Bezug.

Große Pläne

Demnächst soll eine mobile Version des Dienstes folgen. Auch das Angebot an Inhalten wollen die DocFinder-Betreiber auf absehbare Zeit ausbauen: "Wir wollen im Gesundheitssektor mehr in die Breite gehen."

An eine Expansion über die Landesgrenzen hinaus ist, nicht zuletzt wegen der dichten Konkurrenz in anderen Ländern, vorerst nicht gedacht. Für Österreich haben die beiden Gründer aber große Pläne: "Wir wollen die erste Anlaufstelle für Patienten werden."

(futurezone/Patrick Dax)