© Google/Screenshot: ORF.at, Logo von Chrome OS

Google öffnet die Quellen von Chrome OS

SYSTEME
19.11.2009

Google hat seine Pläne für sein Betriebssystem Chrome OS konkretisiert und anlässlich einer ersten Demonstration auch gleich den Code vollständig unter die Open-Source-Lizenz BSD gestellt. Erste für Chrome OS optimierte Netbooks sollen Ende 2010 auf den Markt kommen.

Google präsentierte am Donnerstag Details seines Betriebssystems Chrome OS und veröffentlichte den Code des Chromium-Projekts unter der BSD-Lizenz. Damit kann jeder Programmierer auf den Code zugreifen und ihn lizenzfrei weiterentwickeln. Laut dem verantwortlichen Google-Manager Sundar Pichai wird das Unternehmen Ende 2010 in Zusammenarbeit mit verschiedenen Hardware-Herstellern Netbooks auf den Markt bringen, die speziell für Chrome OS gebaut wurden. Google erarbeitet dabei die Spezifikationen mit den Hardware-Partnern. Um wen es sich dabei handelt, wollte der Konzern noch nicht verraten.

Chrome OS wird derzeit dafür entwickelt, sowohl auf Intels x86-Architektur als auch auf ARM-Prozessoren zu laufen. Wie Chrome-OS-Chefingenieur Matt Papakipos sagte, wird das System zunächst nur auf den optimierten Netbooks laufen, die ausschließlich mit SSD-Speicherchips ausgestattet sein werden. Bei Chrome OS speichert der User seine Daten nicht nur lokal, sondern synchronisiert sie im Idealfall mit einem Cloud-Computing-System. Außer auf den neu entwickelten Netbooks soll Chrome OS später auch auf anderen Geräten wie ausgewachsenen Notebooks oder Desktops laufen, so Pichai.

Die angestrebte Kombination aus Hardware und Betriebssystem besteht dabei - vereinfacht gesagt, nur aus einer speziellen Firmware, einem kompakten Linux-Kernel und Googles bereits bekanntem Browser Chrome. Anwendungen, die für Googles Handybetriebssystem Android geschrieben wurden, werden nicht auf Chrome laufen, denn Programme für Chrome OS werden im Browser ausgeführt. Die Benutzerschnittstelle, an der allerdings derzeit noch hart gearbeitet wird und die noch starken Änderungen unterzogen werden wird, besteht nur aus dem Browser. Die Programme und der Dateimanager werden in den Browser-Tabs oder in kleineren Fenstern angezeigt. Flash-Anwendungen laufen bereits auf Chrome OS, wie Pichai am Donnerstag demonstrierte.

Das optimierte System startet derzeit in rund sieben Sekunden. Ziel sei es, so Pichai, Chrome-OS-Maschinen so schnell starten zu lassen wie einen Fernseher. Der Nutzer soll sofort vor dem Login-Screen sitzen und gleich danach das Netz verwenden können.

Matt Papakipos sagte, die Sicherheitsarchitektur von Chrome OS folge jener des bereits bekannten Browsers. Programme sind Web-Apps, die in eigenen Instanzen in Chrome ablaufen. Die Root-Partition, in der das System steckt, ist schreibgeschützt. Bei jedem Start und bei jedem Systemupdate - Chrome wird im Hintergrund permanent aktuell gehalten - prüft das System, ob die Signaturen des ausgeführten Codes intakt sind. Falls nicht, tritt ein Fallback-Prozess in Kraft, und das System startet von der gesicherten Partition neu. Chrome OS verfügt über ein integriertes Backup-System, das sich auch alle Einstellungen des Nutzers merkt, sodass bei einem solchen Sicherheitsneustart keine Daten verloren gehen. Die Anwendungen, die im Browser laufen, müssen nicht signiert sein.

Ein weiteres Sicherheitskonzept in Chrome OS bestehe darin, dass keine Programme unter dem Account des Nutzers mit den entsprechenden Privilegien laufen würden. Papakipos: "Der Browser misstraut jeder einzelnen Anwendung." Diese können auch - wie von Google Gears bekannt - offline betrieben werden. Das User-Verzeichnis, so Papakipos, ist von Anfang an verschlüsselt, so dass bei einem Geräteverlust niemand die SSD ausbauen und an die Daten kommen könnte. Bei einem Hardwarefehler oder anderweitigem Geräteverlust kann der Nutzer seine Daten einfach aus dem Netz wieder herunterziehen und weiterarbeiten.

Chrome OS ist eine Kombination aus zahlreichen bereits bekannten Komponenten wie Googles eigenem Browser und den Google-Web-Anwendungen. Auf der Präsentation am Donnerstag dankte Pichai dem GNU-Projekt, den Entwicklern des Linux-Kernels, sowie jenen von Moblin, Ubuntu, und WebKit. Man werde ein guter "Open Source Citizen" sein und alle Konzepte und den gesamten Code wieder der Gemeinde zur Verfügung stellen.

Googles Offenheit soll Vertrauen schaffen. Auf der Frage-Antwort-Konferenz nach der Präsentation am Google-Hauptsitz im kalifornischen Mountain View fragte ein Journalist, inwieweit man Google und dem Netz seine Daten anvertrauen könne. Pichai konterte, dass die Daten der User in einem professionell gewarteten Serversystem höchstwahrscheinlich besser aufgehoben seien als auf einer Festplatte im typischen Heim-PC. Er wies auch darauf hin, dass aufgrund des Open-Source-Charakters des Chrome-OS-Projekts jeder Dienstleister seine eigenen Serverdienste anbieten könne, der Nutzer also nicht auf Google angewiesen sei.

Um die Offenheit des Systems zu demonstrieren, rief Pichai auch gleich Microsofts soeben vorgestellte Web Apps für Office 2010 im Chrome-System auf. Google nutzt in Chrome OS die Tatsache, dass mittlerweile wohl jeder regelmäßige Computernutzer mit dem Browser umgehen kann. Dieser tritt in Chrome OS an die Stelle des Desktops - der damit als zentrale Metapher des Personal Computing erstmals seit langer Zeit ernsthafte Konkurrenz bekommt.