Gutachten belastet Ex-Siemens-Vorstände
Mängel in Anti-Korruptionssystem "bewusst" zugelassen
Der ehemalige Siemens-Vorstand unter Ex-Konzernchef Heinrich von Pierer soll schon von Ende 2003 an Hinweise auf schwarze Kassen, dubiose Beraterverträge und fragwürdige Treuhandkonten erhalten haben. Wie das Nachrichtenmagazin "Spiegel" am Samstag im Voraus berichtete, unterließ es der Vorstand aber, die Kontrollen zügig zu verschärfen. Das Blatt beruft sich auf ein vertrauliches Gutachten der vom Siemens-Aufsichtsrat mit der Klärung von Schadenersatzansprüchen beauftragten Düsseldorfer Anwaltskanzlei Hengeler Mueller.
In dem Dokument zur milliardenschweren Siemens-Korruptionsaffäre werde der alten Siemens-Führung unter anderem vorgeworfen, sie habe die "mangelnde Disziplinierung" von betroffenen Mitarbeitern "toleriert, in manchen Fällen (die Disziplinierung) sogar bewusst verhindert", so das Magazin.
"Offenkundige" Mängel
Spätestens im Lauf des Jahres 2004 seien die Mängel im Anti-Korruptionssystem "derart offenkundig" gewesen, "dass von einer Verletzung der Organisations- und Aufsichtspflicht" des damaligen Zentralvorstands auszugehen sei, heißt es in dem Bericht.
Wie der "Spiegel" weiter berichtete, rechnet Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme damit, dass ein Großteil der ehemaligen Vorstände, von denen Siemens Schadenersatzzahlungen von bis zu sechs Millionen Euro fordert, bis zur Aufsichtsratssitzung am 2. Dezember einem Vergleich zustimmt. Sollten drei der Manager, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt, bis dahin nicht zustimmen, solle zunächst der Ausgang der Strafverfahren abgewartet werden.
Von Pierer verweigert weiter Schadenersatzzahlung
Unterdessen bleibt von Pierer im Streit über die millionenschweren Schadenersatzzahlungen für die Schmiergeldaffäre hart. "Wir werden die geforderte Summe in Höhe von sechs Millionen Euro nicht zahlen", hatte sein Anwalt Sven Thomas noch am vergangenen Wochenende der "Bild am Sonntag" gesagt. Siemens hatte von Pierer eine Frist bis Mitte November eingeräumt, er hatte sich aber bis zuletzt gegen die Zahlung gewehrt und angekündigt, es im Zweifel auf einen Prozess ankommen zu lassen.
(dpa)