Wikileaks veröffentlicht Toll-Collect-Dokumente
Die Website Wikileaks, die auf die anonyme Publikation geheimer Dokumente durch Insider spezialisiert ist, hat rund 10.000 Seiten aus dem bisher streng unter Verschluss gehaltenen Vertragswerk zwischen dem deutschen Lkw-Mautkonsortium Toll Collect und der deutschen Bundesregierung veröffentlicht.
Wikileaks hatte die Verträge bereits im Vorfeld den deutschen Medien Heise Online und "stern" übermittelt.
Streng geheime Verträge
Laut Heise.de hat Wikileaks bisher nicht den vollständigen Vertrag publiziert. Der Heise-Autor Detlef Borchers, der das Thema Toll Collect seit mehreren Jahren kritisch begleitet, hat in einem Hintergrundartikel beschrieben, wie die Verträge sogar vor dem Bundestag unter Verschluss gehalten wurden: "Die gesamten Unterlagen waren so geheim, dass nicht einmal die Abgeordneten des Bundestages Einsicht in das angestaute Konvolut von etwa 17.000 Seiten bekamen", schreibt Borchers. Die Veröffentlichung der Dokumente durch Wikileaks sei "eine verdienstvolle Sache".
Piratenpartei-Mitglied Jörg Tauss, seinerzeit Bundestagsabgeordneter der regierenden SPD, hatte 2007 auf Einsicht in die Verträge vor dem Berliner Verwaltungsgericht geklagt, aber den Prozess verloren. Tauss schreibt in seinem Weblog: "Begründet wurde dies mit dem Inhalt der sagenumwitterten Akte und dem Schutz der Geschäftsgeheimnisse, die man wie ausgeführt nun einmal nicht schwärzen könne." Tauss erwartet nun einen Gebührenbescheid über die Kosten des Verfahrens. Auch Abgeordnete der Grünen scheiterten mit ihrer Klage auf Offenlegung der Verträge.
Kollaborative Analyse
Beim Durchforsten der Dokumente setzt die deutsche Bürgerrechtsplattform Netzpolitik.org auf die kollektive Expertise der Internet-Gemeinde: "Die Veröffentlichung der über 10.000 Seiten Vertragstext ist auch ein großes kollaboratives Experiment. Das Ziel ist, die 10.000 Seiten möglichst ausführlich von zahlreichen Augen durchsuchen zu lassen. Mit sowas gab es bisher in Deutschland zumindest kaum Erfahrungen."
Das Konsortium Toll Collect wird von der Deutschen Telekom und Daimler geleitet. Die Toll Collect GmbH wollte auf Anfrage von ORF.at nicht zu der Publikation der Dokumente durch Wikileaks Stellung nehmen und verwies auf die Deutsche Telekom, Daimler und das deutsche Bundesverkehrsministerium. Ein Sprecher von Daimler Financial Services sagte am Donnerstag auf Anfrage von ORF.at, dass das Unternehmen zur Veröffentlichung der Dokumente keine Stellungnahme abgeben wolle. Auch ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums sagte am Donnerstag auf Anfrage von ORF.at, dass sein Haus keine Stellungnahme zu dem Thema abgeben wolle.