ÖH-Wahl an Uni Wien ungültig
Die Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) an der Universität Wien muss wegen fehlerhafter elektronischer Stimmzettel voraussichtlich wiederholt werden. Auch der Urnengang an der Universität Salzburg könnte aufgehoben werden.
Die Bundeswahlkommission hat die Wahl aufgehoben, wie der APA aus zuverlässiger Quelle bestätigt wurde. Grund für die Wahlaufhebung soll indirekt das bei der ÖH-Wahl 2009 erstmals mögliche E-Voting sein.
Auf dem elektronischen Stimmzettel war der Listenname der Jungen Europäischen Studenteninitiative (JES) fehlerhaft, der Liste fehlte das Wort "Europäische". Zudem fehlten auf dem Internet-Stimmzettel bei allen Fraktionen die Kurzbezeichnungen. Kurios dabei ist, dass die JES selbst auf einen Einspruch gegen die Wahl verzichtet hatte.Von der Aufhebung der ÖH-Wahl wäre die Universitätsvertretung der Universität Wien, nicht jedoch die Studienvertretungen betroffen.
Eine für Freitagnachmittag angesetzte Sitzung der Wahlbehörde, bei der weitere der ingesamt 33 Einsprüche gegen die ÖH-Wahl behandelt werden sollten, wurde kurzfristig auf kommenden Dienstag vertagt. Zuvor hieß es, dass zwar noch die Chance besteht, dass von diesem Beschluss wieder abgegangen wird, es wird aber nicht damit gerechnet. Dagegen seien die Chancen hoch, dass auch der Urnengang an der Universität Salzburg aufgehoben wird.
Keine offizielle Bestätigung
Eine offizielle Bestätigung der Bundeswahlbehörde zur Aufhebung der ÖH-Wahl an der Universität Wien gebe es noch nicht, sagte deren Leiter Bernhard Varga Freitagvormittag zu ORF.at. Offizielle Bescheide zu sämtlichen Wahlanfechtungen sollen in den kommenden ein bis zwei Wochen versandt werden, so Varga. Die Aufhebung der ÖH-Wahl ist erst mit der Ausstellung eines entsprechenden Bescheids fix.
Bei der ÖH-Wahl an der Uni Wien wurden die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) die stimmenstärkste Fraktion (32,7 Prozent) vor der AktionsGemeinschaft (26,7 Prozent) und dem Verband Sozialistischer StudentInnen Österreichs (VSStÖ) mit 21 Prozent. Von den insgesamt 70.200 Wahlberechtigten gaben 21,5 Prozent ihre Stimme ab. Die Universität Wien entsendet die meisten Mandatare (15) aller Unis in die ÖH-Bundesvertretung.
Sobald dieser allen wahlwerbenden Gruppen der betreffenden Uni zugestellt ist, haben diese zwei Wochen Zeit für eine Berufung an die nächsthöhere Instanz, den Wissenschaftsminister. Sobald die Aufhebung rechtskräftig ist, muss die Wahl innerhalb von 60 Tagen wiederholt werden.
Bisher wurden ÖH-Wahlen zwar bereits aufgehoben. Eine Wiederholung des Urnengangs fand aber noch nicht statt, da aufgrund des Fristenlaufs immer die nächste reguläre Wahl "dazwischenkam". Sollte gegen die Aufhebung der ÖH-Wahl an der Uni Wien berufen werden, sei das auch in diesem Fall sehr wahrscheinlich, meinte ein Beobachter zu ORF.at.
Umstrittenes E-Voting
Die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) und der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) fühlen sich durch die Aufhebung der Hochschülerschaftswahl an der Uni Wien in ihrer Kritik am E-Voting bestätigt. Beide Fraktionen hatten das Ergebnis angefochten. Die Bundes-ÖH zeigte sich dagegen zurückhaltend: Man habe offiziell noch keine Infos, so der stellvertretende ÖH-Vorsitzende Thomas Wallerberger (Fraktion engagierter Studierender, FEST). Die ÖH werde wie bisher weiterarbeiten und zunächst den entsprechenden Bescheid abwarten.
GRAS-Vertreterin Flora Eder sagte, dass es "nur eine Frage der Zeit gewesen ist, bis sich da was tut". Dabei gehe es der GRAS weniger darum, die Wahl tatsächlich neu durchzuführen, sondern um eine Verhinderung des E-Votings für künftige Urnengänge.
GRAS-Sprecherin Eva Pentz sagte am Freitag auf Anfrage von ORF.at, dass ihre Organisation beabsichtige, den Kampf gegen E-Voting weiter durch die Instanzen vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu bringen.
"Wir sind an 13 Universitäten angetreten und haben an jeder dieser Hochschulen Beschwerden eingelegt, und zwar gegen die administrativen Pannen im Zusammenhang mit der Einführung von E-Voting - außerdem haben wir grundrechtliche Bedenken geltend gemacht", so Pentz.
Auch an den elf Universitäten, an denen die Bundeswahlkommission die Wahl offenbar anerkannt hat, werde man die Beschwerden weiter vor das Ministerium ziehen. Das Ministerium hat dann wieder sechs Monate Zeit, um auf die Beschwerden zu reagieren. Weist es diese zurück, können die GRAS vor den VfGH ziehen. Daniela Musiol, Verfassungssprecherin der Grünen im Nationalrat, wertete am Freitag gegenüber ORF.at die jüngste Entwicklung als "Teilerfolg". Die Bundeswahlkommission habe einige der Argumente gegen das E-Voting-Prozedere anerkannt, die in den Debatten im Nationalrat von der Regierung noch "vom Tisch gewischt" worden seien.
"Husch-Pfusch-Aktion"
Für den VSStÖ war das "E-Voting System eine Husch-Pfusch-Aktion des Ministeriums", so VSStÖ-Vorsitzende Sophie Wollner in einer Aussendung. Man habe nicht nur die technischen Probleme des E-Voting Systems angefochten, "sondern die Verfassungswidrigkeit dieses Wahlsystems". Daher müsse die gesamte ÖH-Wahl ohne E-Voting wiederholt werden.
Auch der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) ging juristisch gegen das E-Voting vor. Der VfGH hatte im August allerdings zwei Beschwerden aus dem Umfeld des RFS gegen das E-Voting wegen formaler Mängel zurückgewiesen.
(futurezone/APA)