GPS-basiertes Netzwerken mit Gaming-Faktor
Mit Gowalla und Foursquare erreichen zwei auf Geodaten basierende Soziale Netzwerke aus den USA Europa, die Facebook und Twitter auf mobilen Geräten ergänzen könnten. Beide Services verbinden den Spieltrieb der Menschheit mit mobilem Netzwerken via Smartphone. ORF.at hat mit den Entwicklern der neuen Dienste über die Zukunft der Location-Based Networks gesprochen.
Das Soziale Netzwerk Facebook und auch der Microblogging-Dienst Twitter sind in der österreichischen Bevölkerung mittlerweile bekannt. Vor allem Ersteres wird jüngsten Umfragen zufolge auch häufig von österreichischen Internet-Nutzern verwendet.
Diese Dienste machen sich auch die auf Geodaten basierenden Netzwerke Gowalla und Foursquare aus den USA zunutze. Nutzer können sich direkt via "Facebook Connect" einloggen. Danach werden die bestehenden Kontakte - also Freunde, die den Dienst bereits nutzen - angezeigt, und man kann diese auch im neuen Netzwerk hinzufügen.
Belohnungen fördern Spieltrieb
Beide Netzwerke unterscheiden sich von mobilen Empfehlungsplattformen wie Qype, Yelp und Tupalo, die ebenfalls Informationen passend zum Aufenthaltsort des Nutzers liefern, durch zwei Faktoren: Einerseits ist man auf Gowalla und Foursquare mit seinen Freunden vernetzt, andererseits hat man die Möglichkeit, sich mit diesen spielerisch zu messen.
Beide Anwendungen belohnen ihre Nutzer, wenn sie an Orten "einchecken" (so die Bezeichnung innerhalb der Anwendungen). Zudem können Nutzer spezielle Kennzeichen erwerben, wenn sie selbst neue Orte anlegen. Bei Gowalla bekommen die Nutzer bei jedem "Check-in" virtuelle Güter. An jedem Ort gibt es dabei die Möglichkeit, neue Güter zu sammeln und diese mit anderen zu tauschen. Foursquare hingegen setzt auf das Konzept des Bürgermeisters: Die Person, die an einem Ort am häufigsten eincheckt, wird als dessen Bürgermeister ausgewiesen.
Kein automatisches GPS-Tracking
Dabei müssen die Nutzer die Anwendung auf dem Smartphone aufrufen und beim Betreten eines bestimmten Ortes - sei es ein Cafe, Restaurant, Bahnhof, Museum, Schloss oder Bus - anklicken, dass sie sich an eben diesem Ort befinden. Das geschieht bei beiden Anbietern nicht automatisch, sondern die Nutzer müssen selbst bestimmen, ob sie sich an diesem Ort anmelden wollen und können zusätzlich entscheiden, ob sie diese Information mit ihren Freunden teilen. "Wir tracken den Aufenthaltsort unserer Nutzer definitiv nicht im Hintergrund", bestätigen Josh Williams, CEO und Mitbegründer von Gowalla, und Dennis Crowley, Mitbegründer von Foursquare, gegenüber ORF.at.
Auf die Frage, ob Nutzer bewusst genug entscheiden, mit wem sie ihren Aufenthaltsort teilen, meinte Williams: "Die derzeitige Benutzergruppe der 'Early Adopters' ist sich der Folgen bewusst, die das haben kann." Die Gefahr, dass man von unerwarteten Personen an bestimmten Orten unangenehm überrascht werden könnte, sei unvermeidlich, erklärte Scott Raymond, CTO und Mitbegründer von Gowalla. "Bisher haben wir aber von keinem einzigen Fall gehört", so Raymond.
Europa und die USA im Vergleich
Während das Alarmofire-Entwicklerteam aus Austin in Texas die mobile Anwendung Gowalla von Anfang an in Europa verfügbar gemacht hat, gaben die in New York beheimateten Entwickler von Foursquare ihre Anwendung erst Mitte November in dreizehn europäischen Städten - darunter neben Berlin und Zürich auch Wien - frei. "Diese Städte wurden von den Nutzern häufig nachgefragt, daher sind sie als Erstes an die Reihe gekommen. Wir haben uns für das 'Eine Stadt nach der anderen'-Modell entschieden, weil wir auf diesem Weg einen besseren Überblick über die technische und nutzerbasierte Größenordnung bewahren können", so Crowley.
Beide Anbieter sehen zwischen den USA und Europa keinen großen Unterschied im Nutzungsverhalten. Der Dienst werde sowohl in den USA als auch in Europa dazu genutzt, seine Lieblingsorte mit seinen Freunden zu teilen, neue Orte zu entdecken und die virtuellen Briefmarken aufzusammeln. Gowallas CTO Raymond verwies jedoch auf zusätzliche Kategorisierungen von Orten, die erst durch die Zunahme von europäischen Nutzern entstanden seien. "Unsere europäischen Nutzer wollten Schlösser und Burgen als eigene Kategorie", so Raymond. "Das ist einer der kleinen Unterschiede zu den USA."
Derzeit werden beide Dienste in Österreich vor allem von der Social-Media-Community genutzt. Während bei Foursquare in Wien vor allem Lokale und Restaurants aufscheinen, sind es bei Gowalla auch Tankstellen und öffentliche Verkehrsmittel. Bei Gowalla seien derzeit Flughäfen und Bahnhöfe die am häufigsten besuchten Orte, am beliebtesten seien Restaurants und Bars. Neue Orte würden vor allem an Samstagen eingetragen, so Raymond.
Nutzergenerierte Inhalte als Datenbasis
Foursquare arbeitet beim Generieren von neuen Inhalten mit dem Anbieter WCities zusammen, die eine erste Datenbasis für die jeweiligen Städte bereitstellen. Diese wird dann von den Nutzern der mobilen Anwendung erweitert. Gowalla hingegen setzt ausschließlich auf nutzergenerierte Inhalte. "Wir sind stolz darauf, dass jeder einzelne Platz von unseren Nutzern eingetragen wurde. Man muss dazu exakt auf diesem Punkt stehen", erklärt Raymond. Das Team aus Texas, welches mit der Anwendung im März diesen Jahres startete, wollte weder Städte noch ländliche Gebiete ausschließen, daher hätte es einige Zeit gedauert, bis der Dienst gewachsen sei, so Raymond. "Jetzt wachsen wir dafür wirklich rasch."
Android oder iPhone derzeit Voraussetzung
Um die beiden Dienste nutzen zu können, benötigt man derzeit entweder ein iPhone oder ein Android-basiertes Smartphone. Die iPhone-Anwendung kann kostenlos aus dem App Store heruntergeladen werden, die Foursquare-Anwendung für Android-Smartphones, welche von der Open-Source-Community selbst entwickelt wurde, aus dem Android Marketplace.
Gowalla funktioniert auf Android-Smartphones derzeit nur über eine mobile Web-Version. Eine native Android-Anwendung sei aber in Arbeit, so Williams. Die mobile Web-Version von Gowalla soll zudem weiter ausgebaut werden und generell für Smartphones mit (A)GPS verfügbar gemacht werden. "Für verschiedene Plattformen zu entwickeln, ist eine große Herausforderung. Wir müssen mit verschiedenen Bildschirmgrößen zurechtkommen und haben dadurch weniger Kontrolle über Animationen", beschreibt der CTO von Gowalla die technischen Hürden.
US-Netzwerke und Datenschutz
Sowohl bei Gowalla als auch Foursquare sind die Datenschutzbestimmungen denen des ebenfalls aus den USA stammenden Sozialen Netzwerks Facebook ähnlich. Gowalla etwa behält sich das Recht vor, die anonymisierten Daten an Drittanbieter weiterzugeben. Foursquare etwa speichert die Daten der Nutzer auch nach Löschung des Profils für eine unbestimmte Zeit.
Bei Erstellung eines eigenen Nutzerprofils wird daher dringend empfohlen, sich die Bestimmungen genau durchzulesen.
Werbung und virtuelle Güter als Geschäftsmodell
Beide Anbieter möchten ihre Anwendungen auch in Zukunft kostenlos zur Verfügung stellen. Verdienen wollen sie auf einem anderen Weg. Während das Gowalla-Team künftig auf den Verkauf von virtuellen Gütern setzen will (Nutzer sind das bereits von Social Games auf Facebook gewohnt), möchte Foursquare Partnerschaften mit Unternehmen, Medien und Lokalbesitzern eingehen, um auf Geodaten basierte Werbung zu ermöglichen. Unternehmen könnten "Bürgermeistern" etwa spezielle Angebote unterbreiten, wenn diese in der Nähe seien. "Wir denken, dass das ein sehr guter Weg für lokalen Unternehmen ist, mit ihren Kunden zu interagieren", so Crowley.
Crowley ist der Meinung, dass die Entwicklung von Diensten, die auf Geodaten basieren, noch in den Kinderschuhen steckt. "In der Vergangenheit hat sich alles um Punkte gedreht, die auf einer Karte eingezeichnet waren. Jetzt sehe ich einen große Veränderung in Richtung Kontext", so Crowley. Auch der CTO von Gowalla ist überzeugt, dass dieser Bereich vor einer großen Innovationswelle stehe. "Ich hoffe, dass die Entwickler bald auch über den Bildschirm hinaus denken. Aber so weit ist die Technologie noch nicht."
(futurezone/Barbara Wimmer)