Fluid Forms: Der User als Produktdesigner
Das Grazer Unternehmen Fluid Forms entwickelt Online-Design-Interfaces, mit deren Hilfe Kunden an der Gestaltung von Produkten mitwirken können. Im Angebot finden sich Lampen, Wanduhren, Tische und Schmuck, die mit digitalen Fertigungsmethoden wie 3-D-Druck und Laser-Cutting hergestellt werden.
Obstschalen mit der Oberflächenstruktur von Landschaften, Wanduhren, die mit 3-D-Druckern auf Basis von Straßenkarten hergestellt werden und Ringe, deren Form von generativen Algorithmen auf der Grundlage genetischer Codes entsteht. Das Grazer Unternehmen Fluid Forms wartet mit ungewöhnlichen Produkten auf, die alle eines gemeinsam haben: Die Nutzer wirken an der Gestaltung der Objekte mit.
Die Werkzeuge dazu stellt Fluid Forms auf seiner Website bereit. Über Online-Design-Interfaces können Kunden in die Gestaltung der Produkte eingreifen und etwa auch Lampen in Form ihrer Lieblingsorte formen und in QR-Codes verschlüsselte Botschaften auf Gürtelschnallen applizieren. Die digitalen Designvorlagen werden dann von externen Herstellern mit 3-D-Druckern, computergesteuerten Fräsmaschinen und Laser-Cuttern in Produkte transformiert.
Arbeiten an "der Schnittstelle von Produktdesign, Prosumerism und digitalen Fertigungsmethoden": Andreas Jaritz, Hannes Walter, Stephen Williams, Max Schelling (v. l. n. r.) vom Grazer Unternehmen Fluid Forms.
"Weg vom fixen Design"
"Unser Grundsatz ist: weg vom fixen Design", sagt Hannes Walter, der das in Graz ansässige Unternehmen 2004 gemeinsam mit dem Designer Stephen Williams gründete. "Mithilfe digitaler Produktionsmethoden kann jeder genau das bekommen, was er haben möchte."
Die Idee zu Fluid Forms kam Walter während seines Mediendesignstudiums in Vorarlberg. Damals begann er sich für 3-D-Drucker, die dreidimensionale Gegenstände aus digitalen Daten produzieren, und die damit verbundenen Möglichkeiten zu interessieren. "Was in einen Drucker reingeht, ist immer digital", sagt Walter. Für 3-D-Drucker habe es lediglich an Manipulationssoftware gefehlt, die es auch Laien ermögliche, die Datenvorlagen zu erstellen.
Spielraum unterschiedlich
Solche Designtools bietet Fluid Forms seit 2005 über seine Online-Plattform an. Der Gestaltungsspielraum, der den Kunden eingeräumt wird, ist je nach Produkt unterschiedlich. Über Online-Werkzeuge lassen sich etwa Kartenausschnitte festlegen, nach denen Obstschalen oder Wanduhren geformt werden, oder mit der Computermaus Lampenschirme modellieren. "Für uns ist es wichtig, dass der Kunde nichts falsch machen und in kurzer Zeit individuelle Produkte erstellen kann", erläutert Walter: "Wenn wir ein Design-Interface konzipieren, ist es immer ein Spiel. Lassen wir das noch zu? Oder gehen wir auf die sichere Seite?"
Streets Clock von Fluid Forms: Kunden wählen über ein Web-Interface einen Stadtplanausschnitt aus, der dann mittels Laser-Cutting zu einer Wanduhr aus Acryl verarbeitet wird.
Mit der Technologie ließe sich sicherlich viel mehr machen, so der Fluid-Forms-Geschäftsführer. "Es ist aber auch wichtig, dass die Produkte innerhalb eines bestimmten Preisrahmens herstellbar sind."
Die Preise für die Produkte bewegen sich zwischen 90 Euro für eine QR-Code-Gürtelschnalle und 2.200 Euro für einen kompletten Couchtisch mit 3-D-Landkartenrelief. Individuell gestaltete Wanduhren aus Acryl gibt es ab 120 Euro, Obstschalen mit 3-D-Relief aus Holz kosten 230 Euro.
Fertigung ausgelagert
Die Fertigung der Produkte lagerte das Unternehmen aus. "Wir konzentrieren uns auf die Produktentwicklung, die Gestaltung und die Vermarktung", so Walter. Hersteller für die Idee zu begeistern, sei am Anfang nicht leicht gewesen. "Wir wussten ja nicht, wie viele Produkte wir verkaufen."
Es habe viel Überzeugungsarbeit gebraucht, um Produzenten dazu zu bringen, gemeinsam mit dem Unternehmen auf Basis der gelieferten Daten Produktionsprozesse zu entwickeln. Daraus hätten sich aber letztlich sehr enge Partnerschaften entwickelt, aus denen beide Seiten "extrem viel lernen", wie Walter meint: "Mittlerweile sehen die Hersteller, dass es funktioniert."
Vom Entwurf durch den Kunden über das Web-Interface bis zur Auslieferung der fertigen Produkte dauere es "maximal zwei Wochen", rechnet Walter vor. Produziert werde einmal pro Woche: "Dann wird sofort verschickt."
Großteil der Kunden kommt aus den USA
Der Großteil der Fluid-Forms-Kunden kommt aus den USA. Im vergangenen Jahr waren es laut Walter 65 Prozent. Heuer werde es ähnlich sein. Die Produkte des Unternehmens sind auch in Österreich und Deutschland gut nachgefragt. Geschäftszahlen will Walter keine nennen: "Wir operieren aber im schwarzen Bereich."
Für Investoren offen
Finanziert wurde das Unternehmen aus Fördergeldern und Eigenmitteln. Bevor sich Fluid Forms in der Nähe des Grazer Lendplatzes niederließ, war es zwei Jahre lang im Gründerzentrum Science Park Graz angesiedelt. Für Investoren ist das junge Unternehmen offen. Gespräche gebe es laufend, so Walter: "Da muss aber das Gesamtkonzept für beide Seiten stimmen."
Neues Vertriebssystem
Förderungen gibt es auch für ein neues Vertriebssystem, das derzeit getestet wird und im kommenden Jahr weitflächig ausgerollt werden soll. Dabei kann das gesamte Design-Interface des Unternehmens in Websites oder Blogs implementiert werden.
"Wenn etwa eine Stadt ihre Straßenkarten als Wanduhr verkaufen möchte, können die Käufer die Kartenausschnitte auf der Website der Stadt auswählen und das Produkt gestalten", beschreibt Walter eine Nutzungsmöglichkeit. "Die Stadt verdient natürlich mit."
Serie
Im Rahmen der Serie "Start-up-Geschichten" berichtet futurezone.ORF.at in loser Folge über innovative Web- und IT-Unternehmen mit Österreich-Bezug.
"Viel über Empfehlungen"
In Social-Media-Anwendungen wie Facebook, Twitter und Blogs ist Fluid Forms schon heute gut vertreten. "Bei uns läuft viel über Empfehlungen", sagt Walter. Die Kunden würden ihre Erfahrungen weitererzählen: "Über Facebook & Co. lassen sich unsere Produktideen sehr gut vermitteln."
(futurezone/Patrick Dax)