© APA/Ed Oudenaarden, Display eines Nacktscanners

D: Nacktscanner erneut in Diskussion

BODYSCAN
29.12.2009

In Deutschland ist die Diskussion über die Einführung von Ganzkörperscannern neu aufgeflammt. Umstritten ist nach wie vor, wie die Persönlichkeitsrechte gewahrt werden können. Nach Aussagen der Sprecherin des deutschen Bundesinnenministeriums sind bisher verfügbare Geräte noch nicht einsatzbereit, Testeinsätze soll es aber ab 2010 geben.

Nach dem gescheiterten Flugzeugattentat von Detroit rückt auch in Deutschland die Einführung von Körperscannern näher. Nach Informationen der "Rheinischen Post" (Dienstag-Ausgabe) sind Union und FDP bereit, ihren Widerstand gegen die Geräte aufzugeben, sobald die Persönlichkeitsrechte von Flugpassagieren bei der Durchleuchtung gewahrt bleiben. Entsprechende Probeläufe unternimmt die Bundespolizei bereits seit einem Jahr.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Günter Krings, sagte der Zeitung, er halte es für "durchaus möglich, die Vorkehrungen so zu treffen, dass die Intimsphäre gewahrt bleibt". Der Innenexperte warnte: "Es wäre fahrlässig, diese Technik zu tabuisieren." Auch die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, signalisierte Zustimmung: "Wenn die Würde des Menschen gewahrt wird, müssen wir zur Sicherheit der Passagiere auch in solche Systeme investieren", sagte Piltz. Die bisherige Ablehnung habe sich lediglich auf die erste "Generation" der Geräte bezogen. Diese waren als Nacktscanner bezeichnet worden, weil sie nicht nur versteckte Waffen und Sprengstoffe darstellten, sondern auch den unbekleideten Körper von Flugpassagieren.

Datenschützer üben Kritik

Ein flächendeckender Einsatz von Nacktscannern bei Kontrollen auf Flughäfen wäre nach Ansicht des Leiters des Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, unverhältnismäßig. Entsprechende Forderungen nach dem vereitelten Anschlagversuch gingen in die falsche Richtung. Der Sicherheitsgewinn sei minimal, kritisierte Weichert am Dienstag in Kiel, denn das sichere Erkennen von Sprengmitteln sei damit nicht möglich. Dafür werde aber massiv in das Persönlichkeitsrecht aller gescannten Flugpassagiere eingegriffen.

Die Kritik gelte auch für neue Geräte und Einsatzkonzepte, bei denen Bild und überprüfte Person nicht in Zusammenhang gebracht werden könnten, weil zum Beispiel der Kopf nicht zu sehen sei, betonte der Datenschützer. Das ändere nichts an seiner Bewertung. Der Scanner zeige nicht nur Waffen, sondern auch Genitalien, Implantate und Prothesen bis hin zu einem künstlichen Darmausgang. Betroffen seien religiöse Be- und Entkleidungsvorschriften, die verfassungsrechtlichen Schutz genießen. Das Bundesverfassungsgericht habe bei einer Entscheidung zur "Entkleidungsuntersuchung" im Strafvollzug hohe rechtliche Hürden bei derartigen Maßnahmen festgestellt.

Regierung testet seit einem Jahr

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Die deutsche Bundesregierung lässt seit einem Jahr die umstrittenen Nacktscanner prüfen. Bisher verfügbare Geräte sind nach Aussagen der Sprecherin des deutschen Bundesinnenministeriums am Dienstag in Berlin noch nicht einsatzbereit. Eine Voraussetzung sei, dass der Einsatz der Geräte die Persönlichkeitsrechte der kontrollierten Passagiere nicht verletzte, sagte sie.

Es gebe zwar inzwischen eine Software, die lediglich Oberflächenbilder der Fluggäste liefere. Die Aufnahmen seien so verpixelt, dass keine intimen Details sichtbar würden. Allerdings könnten diese Geräte Sprengstoff noch nicht ausreichend sicher erkennen. Auch die Geschwindigkeit der Kontrollen lasse noch zu wünschen übrig.

Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien, könne es Testeinsätze der Geräte geben, sagte die Sprecherin. Das Ministerium hoffe im Laufe des kommenden Jahres auf erste Ergebnisse. In Deutschland machten sich Unionspolitiker nach dem vereitelten Anschlag für die Einführung von Nacktscannern auf Flughäfen stark.

Niederländische Experten: Keine Garantie

Nach Ansicht niederländischer Experten hätte es eine große Chance gegeben, den Detroit-Attentäter mit einem Nacktscanner zu entdecken, erklärte der Betriebsdirektor des Amsterdamer Airports Schiphol, Ad Rutten, nach Angaben der Zeitung "De Volkskrant" vom Dienstag. Allerdings würden auch die neuartigen Ganzkörperscanner keine hundertprozentige Sicherheitsgarantie bieten.

Auf Schiphol werden seit mehreren Monaten 16 Nacktscanner zu Testzwecken eingesetzt. Der Flugzeugattentäter Umar Faruk Abdulmutallab, der am ersten Weihnachtstag von Amsterdam aus mit einem Airbus der US-Gesellschaft Delta/Northwest nach Detroit flog, wurde wie alle anderen Passagiere dieses Fluges mit einem herkömmlichen Metalldetektor kontrolliert.

Sicherheitschecks mit Ganzkörperscannern werden nur in einigen Teilen des Amsterdamer Airports unternommen und nur dann, wenn sich Passagiere freiwillig dazu bereiterklären. Insgesamt seien die Tests mit den neuen Scannern in Amsterdam erfolgreich, so dass Sicherheitsexperten sie gern standardmäßig für alle Passagiere einsetzen würden, erklärte der Betriebsdirektor.

EU-Parlamentarier skeptisch

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Dazu gibt es jedoch bisher keine Zustimmung der EU. Die Parlamentarier äußerten in der Vergangenheit Zweifel hinsichtlich der Rechtfertigung dieser Maßnahme sowie deren Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit. Datenschützer sehen in der elektronischen Entblößung auf Flughäfen einen Verstoß gegen die Menschenwürde und eine unzulässige Verletzung von Persönlichkeitsrechten, weil die Scanner den nackten Körper der kontrollierten Personen erkennen lassen.

Österreich: Einsatz kein Thema

In Österreich ist der Einsatz vorerst kein Thema. Die Tests in Amsterdam würden zwar beobachtet, an einen Einsatz von Nacktscannern auf heimischen Flughäfen sei aber vorerst nicht gedacht, so Rudolf Gollia, Sprecher des Innenministeriums, gegenüber ORF.at.

(dpa/Reuters/futurezone)