Apples Angriff auf den Handymarkt

10.01.2007

Die Präsentation des iPod-Handys iPhone hat am Dienstag die Aktienkurse aller namhaften Handyproduzenten sinken lassen. Die Branche ist nun neugierig, ob Apple mit dem Telefon an den Erfolg des iPod anknüpfen kann. Auch heimische Mobilfunker wollen das Gerät in ihr Angebot aufnehmen.

"IPhone ist ein wegweisendes und magisches Produkt, das jedem anderen Mobiltelefon um buchstäblich fünf Jahre voraus ist", sagte Apple-Chef Steve Jobs bei der Präsentation des iPod-Handys am Dienstag.

Das Handy mit berührungsempfindlichem Wide Screen stellt laut Analysten vor allem für Hersteller von High-End-Handys eine Bedrohung dar.

Viel Technik und über 200 Patente

Nicht allein die Kombination aus Mobiltelefon mit großem Display, Multimedia-Player und Internet-Zugang in einem ultraflachen Design überzeugte die Beobachter, sondern eine ganze Reihe technischer Innovationen.

So besitzt das iPhone nur eine Taste und wird sonst durch Fingerbewegungen auf dem Display bedient. Ein Sensor erkennt, ob das Gerät zum Telefonieren ans Ohr gehalten wird, um dann zum Stromsparen den Bildschirm auszuschalten.

Das iPhone erkennt auch, ob es von seinem Besitzer gerade hochkant oder quer gehalten wird, um dann automatisch das Bild auf dem Display auszurichten. Über 200 Patente wurden rund um das iPhone angemeldet.

Das schlicht designte Mobiltelefon ist nur 11,6 Millimeter dünn, hat eine Bildschirmdiagonale von 3,5 Zoll und eine Zwei-Megapixel-Kamera eingebaut.

Apple will zehn Mio. Stück verkaufen

Zehn Millionen Geräte will Apple laut Jobs 2008 verkaufen, das wäre rund ein Prozent des Handymarkts, den Apple für sich beanspruchen will. Eine Gefahr stelle das Telefon vor allem für die Hersteller Samsung, LG und Motorola, aber auch den BlackBerry-Erzeuger Research in Motion [RIM] dar.

Das iPhone könnte Apple zudem dabei helfen, seine dominante Stellung auf dem Markt für tragbare digitale Geräte auszubauen. Hier hält der Konzern in den USA mit seinem iPod mehr als 70 Prozent Marktanteil. Die Investoren sind überzeugt, dass Apple den iPod-Triumph mit dem neuen iPhone wiederholen kann.

Oberes Preissegment

Analysten erklärten dazu, der Preis werde zunächst eine Verbreitung des Gerätes im mittleren Marktsegment verhindern. Jedoch gebe es trotzdem für Apple mit dem iPhone große Wachstumschancen.

"Es ist eindeutig für die Kunden im oberen Marktsegment gedacht, und diese sind die Kunden, bei denen der meiste Gewinn gemacht werden kann", so die meinung der Stanford Group.

Die Marke "iPhone"

Apple ist nicht die erste Firma, die die Marke "iPhone" verwendet: Cisco Systems führt mehrere Geräte mit diesem Namen. Laut einer Cisco-Stellungnahme gehe das Unternehmen davon aus, dass Apple mit seiner iPhone-Ankündigung auf die bereits im Vorfeld übermittelten Bedingungen von Cisco zur Nutzung eingehe. Die beiden Firmen führten bereits Diskussionen über den Markennamen.

An der Börse verloren RIM-Aktien nach der Apple-Ankündigung mehr als sieben Prozent, die von Palm mehr als fünf Prozent. Auch die Papiere von Motorola und Nokia gaben nach - einzig Apple profitierte mit einem Plus von acht Prozent und notierte zuletzt bei 92,57 Dollar.

Vorerst kein UMTS

Das Internet-Kommunikationsgerät mit E-Mail, Webbrowser und Suche ist zwar mit WLAN ausgerüstet, verzichtet aber auf die Unterstützung von UMTS.

Ein Punkt, der nicht weiter verwundert, wenn man bedenkt, dass Apple seine Kunden wohl lieber über WLAN im iTunes Music Store einkaufen sieht, als mit UMTS-Downloads die Umsätze der Mobilfunkbetreiber anzukurbeln. 3G sei aber für zukünftige Produkten geplant, sagte Jobs.

In den USA ist Cingular Wireless der exklusive Vertriebspartner für das iPhone.

IPhone auch in Österreich?

Mit 499 Dollar für das 4-GB-Modell und 599 Dollar für das 8-GB-Modell liegt das Gerät preislich unter den Erwartungen. Und wenn das Handy im vierten Quartal auch in Europa erhältlich sein wird, wollen auch heimische Mobilfunker daran mitverdienen.

"Wir werden schauen, dass wir es in unser Portfolio aufnehmen", heißt es beim Marktführer mobilkom austria auf Anfrage von ORF.at. Man führe bereits intensive Gespräche mit Apple. Dass dem Unternehmen durch die fehlende UMTS-Unterstützung wichtige Datenumsätze entgingen, werde nicht befürchtet. Über die Preisgestaltung könnten derzeit noch keine Angaben gemacht werden.

One wartet ab

Bei One gibt man sich abwartender: "Das ist ein interessantes Produkt, das wir uns sichher genauer anschauen werden", so One-Sprecherin Petra Jakob. Im Moment wirke das iPhone ihrer Meinung nach sehr angepasst an die amerikanischen Verhältnisse, man werde überprüfen, "ob es unseren Anforderungen entspricht".

Es werde sich zeigen, ob es für Europa überhaupt geeignet ist und wie Apple mit den Mobilfunkern umgehe.

T-Mobile ist interessiert

Bei T-Mobile/tele.ring zeigt man sich offen: "Wir sind an neuen Geräten immer interessiert, vor allem von Apple", so ein Sprecher. Generell sei es noch zu früh, es werde aber auf jeden Fall Gespräche geben. Auch T-Mobile sieht eine UMTS-Unterstützung für europäische Geräte durchaus überlegenswert.

Der deutsche Handyzulieferer Balda wird für Apple die Touch-Screens fürs iPhone liefern. Balda war im vergangenen Jahr in die Sparte eingestiegen und hatte für den Bereich Erlöse von 300 bis 350 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Die im Nebenwerteindex SDAX geführte Balda-Aktie legte am Vormittag knapp zehn Prozent zu.

Apple ohne Computer

Dass Apple immer mehr zum Unterhaltungskonzern wird, drückt sich künftig auch in einer am Dienstag angekündigten Namensänderung aus: Apple Computer wird zu Apple Inc. Was dieser Schritt und der neue Fokus auf Unterhaltungselektronik für die Weiterentwicklung der Mac-Rechner bedeutet, ist unklar.

(futurezone | dpa | Reuters | Nayla Haddad)